SPD gegen reflexartige Killerspielverbote

Die Diskussionen rund um die gewaltverherrlichenden Computerspiele sind aus derÖffentlichkeit kaum noch wegzudenken. An der Killerspieldebatte im Deutschen Bundestag am 26. April 2007 möchte sich nun auch die SPD-Bundestagsfranktion beteiligen. Sie wollen gewaltfreieSpiele in Zukunft mit einem Preis küren und warnen vor Panikmache.

Man wolle außerdem keine reflexartigen Verbote von Computer- und Videospielen fordern, so die Bundestagsfraktion der SPD. Eine Verschärfung des bereits sehr umfangreichenJugendschutzgesetzes halten die Sozialdemokraten allem Anschein nach auch nicht für notwendig. In einem Pressegespräch wurde die Arbeit der USK von den Bundestagsabgeordneten Fritz RudolfKörper (SPD) und Monika Griefahn (SPD) sogar gelobt. Doch auch dort wo es Gut ist, könnte man noch besser werden, erklärten die beiden SPD-Politiker.

In Richtung CDU/CSU hat sich die SPD auch schon geäußert. Wie es in einem Positionspapier der SPD-Bundestagsfraktion an den Koalitionspartner heißt, gäbe es zur Zeit keinen Anlassdazu, den in Arbeit befindlichen Evaluationsbericht mit gesetzlichen Änderungen vorzugreifen. Aus diesem Grund rät die SPD, „wie im Koalitionsvertrag vereinbart,vorzugehen, und erst auf hinreichender rechtstaatsächlicher Grundlage politische Schlussfolgerungen zu ziehen.“

Es soll laut SPD auch erst dann Änderungen am Jugendschutzgesetz geben, wenn so genannte Normdefizite auftreten, also wenn sich herausstellen sollte, dass bestimmte Regelungen einenwirkungsvollen Jugendmedienschutz verhindern würden. Bis jetzt soll es aber in den Augen der SPD nur an der Umsetzung (= Vollzugsdefizit) der bereits bestehenden Gesetze noch Handlungsbedarfgeben.

Viele Politiker hatten in der Vergangenheit unter anderem gefordert, dieProduktion und den Verkauf von gewaltverherrlichenden Computer- und Videospielen in Deutschland ganz zu verbieten. Aus diesem Grund wurde das Hans-Bredow-Institut für Medienforschung beauftragt,den Evaluationsbericht bereits im Juni dieses Jahres anstatt am Ende des Jahres mit Ergebnissen vorzulegen. Auch die SPD ist nicht untätig geblieben. Derzeit überprüft die SPD zweiMaßnahmen:

Zum einen den umstrittenen Paragraphen 131 des Strafgesetzbuches, der unter anderem die Darstellung von Gewaltszenen unter Strafe stelle und zum anderen wolle man künftig den Handel stärkerprüfen. Beim Paragraphen 131 denkt man darüber nach, die Staatsanwaltschaften zu kräftigen und handlungsfähiger zu machen.

Laut SPD sollen ungefähr 80 Prozent aller Videospielkäufe über die großen Elektrofachmärkte erfolgen. Nur die wenigsten Käufe werden über kleine Einzelhändlerabgewickelt. Um den Jugendmedienschutz auch in der Öffentlichkeit bemerkbar zu machen, könne man Testkäufer in die jeweiligen Märkte schicken, Altersfreigaben besser kennzeichnen,eine räumliche Trennung zwischen den freigegebenen und alterbeschränkten Spielen schaffen und vieles mehr. Auch die Idee des akustischen Warnsignals an der Kasse wurde noch malaufgegriffen, was in den vergangenen Wochen und Monaten schon mal diskutiert wurde.

Auch im Bereich der Aufklärung könne noch viel gemacht werden. Durch Kampagnen könnte man beispielsweise die Gesellschaft darauf aufmerksam machen, die Alterskennzeichen ernst zunehmen.

Im Gespräch mit der USK wiesen Fritz Rudolf Körper und MonikaRiefahn die Beteiligten auch darauf hin, dass es Titel gibt, die eindeutig in das Schema der Gewaltspiele reinpassen würden und das gerade diese Titel von Jugendlichen besonders hoch konsumiertwerden. Auch die Möglichkeit für Minderjährigen seien zur Zeit viel zu einfach, um an solche Spiele heranzukommen.

Die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) kam in der Vergangenheit immer wieder zwischen die Fronten. Mancher Politiker wollte die USK sogar schon voreilig abschaffen. DieSPD-Bundestagsfraktion stärkte den Prüfern in dem Pressegespräch den Rücken und warnte gleichzeitig vor voreiligen Schlüssen. Eine Abschaffung der USK hält Körpernicht für sonderlich sinnvoll, denn das Prinzip sei ein Gutes und man solle das Instrument nicht zu leichtfertig aufs Spiel setzen. Die USK wurde in der Vergangenheit auch von europäischenKollegen immer wieder für die geleistete Arbeit gelobt.

Monika Griefahn outete sich persönlich als Fan der USK. Ihrer Meinung nach könne man überprüfen, was man an der Arbeit der USK für die Zukunft noch verbessern könnte.Das bezieht auch das Indizierungsverfahren bei einer Verweigerung seitens der USK für eine Einstufung eines „zu derben Spiels“ ein. Auch personell könnte man einiges verbessern, sokönnte auch darüber nachgedacht werden, den Personenkreis der Prüfer beispielsweise durch Kriminologen zu erweitern.

Damit scheint sie allerdings nicht die umstrittenen Kriminologen ChristianPfeiffer (Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen e. V.) und Manfred Spitzer (Leiter der psychiatrischen Uni-Klinik Ulm) zu meinen. Diese fielen in der Vergangenheit nachAmokläufen immer wieder in der Medienlandschaft durch voreilige Warnungen vor Killerspielen auf. Einigen Spielern stoßen die Kommentare beider Akademiker immer noch bitter auf, wenn manbedenkt, dass sie Gewaltspiele als eine allgemeine Gefahr für unsere Gesellschaft ansehen.

Dass hinter den Amokläufern aber nicht nur die Inhalte der Spiele stecken, hat auch Monika Griefahn verstanden. Es sei auch sehr offensichtlich, so die SPD-Politikerin. In den meistenFällen war schon von Vornherein klar gewesen, dass es sich um Jugendliche mit sozialen Problemen gehandelt habe. Einzig eine Reaktion der Gesellschaft und der Menschen aus der direkten Umgebunghaben gefehlt, denn Ansprechpartner für solche Kinder und Jugendliche gab es kaum. Auch die Politik scheint dort eine Mitschuld zu tragen, wenn man sich mal ansieht, wie in den letztenJahrzehnten die Gelder für Jugend- und Sozialarbeit zusammengestrichen wurden.

Geschütze baute auch der Parteifreund Fritz Rudolf Körperauf. Als ein Journalist bei der Pressekonferenz anmerkte, dass nur die Länder ein solches Verbot fordern würden, die ihre Unterstützung für Kinder und Jugendliche starkzurückgeschraubt hätten, sagte Körper, dass die Forderungen nach einem derartigen Verbot nur den Anschein in der Öffentlichkeit wecken soll, dass etwas getan wird. WeitereSeitenhiebe gegen den Koalitionspartner verteilte Körper allerdings nicht, denn man müsse alle Beteiligten an einen Tisch kriegen, um über diese Thematik zu debattieren und daswürde ohnehin nicht so einfach werden, so Körper.

Innerhalb der SPD denkt man im Übrigen auch darüber nach, Spiele mit einem Geldpreis auszuzeichnen, die keine Gewaltszenen beinhalten. Dies könnte sich künftig dann zu einemInstrument „zur Förderung von positiven Spielen“ entwickeln. Außerdem sprach die SPD auch ein Lob in Richtung deutscher Spielehersteller aus, die in derVergangenheit durch qualitativ bessere Spiele als aus dem Ausland aufgefallen sind. In Deutschland selbst würden auch viel weniger Spiele entwickelt werden, die mit Gewalt direkt in Verbindungkommen.

Allerdings hat die SPD dabei vergessen zu erwähnen, dass deutsche Spiele imAusland nur eine eher untergeordnete Rolle einnehmen, was auch die Spielehersteller selbst auf der Konferenz „Quo Vadis 2007“ am vergangenen Freitag bekanntgaben. Der einzigerichtige Erfolg, der aus Deutschland stammt, ist Far Cry, ein Egoshooter der von Crytek entwickelt wurde. Mit Crysis (ebenfalls ein Shooter), befindet sich derzeit ein Titel in der Pipeline, derinternational ebenfalls als Hit gehandelt wird.

Am 26.04.2007 wird im Deutschen Bundestag ein Expertenausschuss mit der Thematik beschäftigt. Über die Ergebnisse hält euch die RauteMusik-Redaktion auf dem Laufenden!

Update geschrieben von Schwoab

Expertenausschuss berät über „Killerspiele“

Der Unterausschuss „Neue Medien“ des Bundestages wird sich am 26.April treffen um über so genannte „gewaltverherrlichende Computerspiele“ zu debattieren. Die Interessen der Publisher und Entwickler vertitt ein Mitarbeiter des Bundesverbands „InteraktiveUnterhaltungssoftware“.

Ansonsten reihen sich in die Liste der Experten vornehmlich Personen von verschieden Prüfstellen wie der USK oder der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien sowie einUniversitätsprofessor und ein Mitarbeiter des kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen. Sie diskutieren öffentlich über verschiedene Themen bezüglich Killerspiele, unteranderem wie sich ein Verbot in Deutschland wirtschaftlich auswirken würde.

Ebenfalls wollen sie erörtern, ob es international bessere Schutzsysteme vor den gewaltverherrlichenden Computerspielen gibt, allerdings wird nicht gesagt wer geschützt werden soll. Es sollauch herausgefunden werden, ob Gewalt in Computerspielen Jugendliche gewaltbereiter macht.

Quelle: Bundestag.de
Update-Quelle: Golem.de

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