Der EU-Finanzgipfel ist endgültig gescheitert

Brüssel – Trotz aller Appelle ist der EU-Finanzgipfelheute gescheitert. Die neuen Mitgliedstaaten hatten noch einmal versucht die Verhandlungen über die Finanzen fortzuführen, sie konnten das Scheitern jedoch nicht verhindern.

Nachdem bereits der EU-Ratifizierungsprozess auf Eis gelegt wurde, ist nun auch der Finanzgipfel gescheitert. Hauptverantwortlich wird Premierminister Tony Blair gemacht. Dieser habe einevollständige Reform der Finanzstrukturen gefordert und somit das Scheitern „gewollt“. EU-Ratspräsident Juncker sagte, er habe sich „geschämt„, als die neuenMitgliedsländer sogar Bereitschaft zeigten auf einen Teil ihrer EU-Finanzhilfen zu verzichten. Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder und Frankreichs Staatspräsident Jaques Chiracunterstützten Juncker in seinen Vorwürfen gegenüber Großbritanniens, auch Frankreich und Deutschland gaben hauptsächlich Großbritannien, aber auch den Niederlanden dieSchuld am Scheitern. Die „völlig uneinsichtige Haltung“ der beiden Regierungen habe einen Kompromiss verhindert und ein Ergebnis wäre „bei gutemWillen aller“ durchaus zu erzielen gewesen, so Schröder. Als Hoffnungsschimmer sah er jedoch den Einigungsversuch der zehn neuen Mitgliedsstaaten.

Bis zum Ende nach einer Rettung gesucht

Bevor es überhaupt zum endgültigen Aus für den Finanzgipfel kam, überschlugen sich die Ereignisse. Juncker erklärte in der Vollversammlung bereits das Scheitern der Verhandlungen, da starteten die neuen Mitgliedsstaaten einen Rettungsversuch. Sie seien bereit auf einen Teil ihrer finanziellen Unterstützung zu verzichten, um ein Scheitern zu verhindern. Dieses führte zwar zu einer kurzweiligen Fortsetzung der Verhandlungen, brachte letztendlich jedoch nichts.
Viele Stunden wurde intensiv verhandelt, bis es am Nachmittag zum spannendsten Teil des Gipfels kam. Juncker bat zum so genannten Beichtstuhlverfahren, bei dem Frankreichs, Großbritanniens und Niederlandens Kompromisslinien festgelegt wurden, am Ende jedoch ohne Einigung – die gegensätzlichen Positionen ließen keine Einigung zu.

Umgehende Ablehnung des Kompromissvorschlages

Junckers letzter Vorschlag am Abend stieß umgehend bei der britischen Delegation auf Ablehnung. Die Neuorientierung im EU-Haushalt sei „nicht akzeptabel“ und sei finanziell für London noch problematischer als die vorherigen Vorschläge. Unter der Vorraussetzung, dass eine Reform des Haushalts durchgeführt wird, sei die britische Regierung jedoch zu Verhandlungen über den Britenrabatt bereit. In dem letzten Vorschlag schloss er Änderungen bei der Agrarfinanzierung vor 2013 aus. Frankreich forderte eine jährliche Senkung der EU-Beitragsrabatte Großbritanniens von gegenwärtig 4,6 Milliarden Euro. Tony Blair verlangte im Gegenzug die Agrarsubventionen der EU, die gegenwärtig mehr als 40 Prozent des Etats ausmachen, auf den Prüfstand zu stellen, von denen Frankreich am meisten profitiert. Nach einer mehrstündigen Pause trafen die Staats- und Regierungschefs wieder zusammen, um die Präsentation der Ergebnisse Junckers veranschaulicht zu bekommen. Neben Großbritannien waren auch die Niederlande, Schweden, Spanien und Finnland gegen die Vorschläge der EU-Finanzen, eine Isolierung Londons hätte also zu keiner Einigung geführt. Die Niederlande waren mit dem festen Ziel in die Verhandlungen gegangen ihren EU-Beitrag zu senken. Daraufhin gab Juncker das Scheitern bekannt.

Empörung der neuen EU Mitglieder

Tschechiens Ministerpräsident Jiri Paroubek nahm im tschechischen Fernsehen Stellung zum Scheitern des Gipfels: „In manchen Bereichen bleiben 99 Prozent den einzelnen Staaten erhalten, und wir diskutieren hier über das letzte eine Prozent. Das ist lächerlich und enttäuschend und für uns neue EU-Mitglieder absolut unverständlich.“

Quelle: Spiegel Online

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