Fukushima ist kein lokales Problem

Fukushima

Strahlung umkreist den Erdball

Berichte über Fukushima und das Leid, das die zivile Bevölkerung in Japan durchlebt, werden immer seltener. Geblieben sind zumeist nur die explosiven Bilder der Atomreaktoren, die im März dieses Jahres nach der große Tsunami-Welle um die Welt gingen. Sind wir uns aber über die Folgen im Klaren?

Diese Frage – und weitere mehr – stellte sich auch Liz Hayes, Reporterin des britischen Fernsehsender CBS. Sie bereiste Japan für ihre TV-Sendung „60 Minutes“ Monate nach der tragischen Katastrophe, die sich am 11. März 2011 nach dem schrecklichen Tsunami ereignete. Sie ließ es sich dabei auch nicht nehmen, sich den Zustand von Tschernobyl anzusehen – mehr als 20 Jahre nach der Katastrophe.

Die Menschen

Einige Bilder dieser Reportage, die ihr auch am Ende dieses Artikels in englischer Sprache selbst ansehen könnt, erinnern an das Schicksal der Zivilbevölkerung im japanischen Fukushima. Ihnen wurde nicht nur Haus und Hof durch die große Tsunami-Welle zerstört; durch die hochradioaktive Strahlung aus dem Atomkraftwerk Fukushima Daiichi wurden sie auch um ihre Lebensgrundlage gebracht und ihrer Heimat beraubt. 135.000 Menschen mussten – laut offiziellen Angaben – in Folge der schweren Nuklearkatastrophe zwangsevakuiert und vorübergehend in Notunterkünfte umgesiedelt werden, die meistens nur aus einem Pappkarton bestehen. Ihren Besitz – Erinnerungen an das Leben vor der Katastrophe – mussten sie in ihren Dörfern und Städten zurücklassen.

Noch schlimmer als die Lebensumstände an sich ist allerdings die Angst, die in der Bevölkerung umgeht. Niemand weiß so wirklich, welche Nahrungsmittel überhaupt noch genießbar sind. Jeder in den Notunterkünften befürchtet, dass alle Verpflegung, das Wasser und die Luft radioaktiv verseucht sind.

Die Wissenschaft

Der international anerkannte Physiker Michio Kaku, der auch aus einigen Doku-Reihen von National Geographic bekannt ist, erklärt bei diesen Bildern unterdessen unverblümt, dass es sich bei den Evakuierten um „Versuchskaninchen“ handle. Erst mit den Jahren werde sich zeigen, so Kaku, ob die Krebsraten unter ihnen wesentlich ansteigen wird.

Doch die Frage, die sich bis heute viele Menschen – nicht nur in Japan – stellen, ist doch eigentlich: Wie geht es mit dem Katastrophen-Reaktor weiter? Ist die Gefahr denn nun wirklich gebannt? Dazu Michio Kaku: „Es wird gesagt, dass der Reaktor stabilisiert ist. Ja, das stimmt. Stabilisiert in einer Art, als würden Sie am Rande eines Abgrunds hängen, sich mit Ihren Fingernägeln festhalten, und ein Fingernagel nach dem anderen beginnt zu brechen. Das ist mit Stabilität gemeint. In anderen Worten: Es ist ein Wettlauf mit der Zeit.“

Um nicht nur ein Bild von der aktuellen Katastrophe in Japan zu erhalten, sondern länger zurückliegende Ereignisse mitzubetrachten, bereiste Liz Hayes auch die Ukraine, um dort die Geisterstadt Prypjat zu besuchen. 53.000 Menschen lebten hier bis zur Katastrophe im Jahr 1986. Auch diese Menschen mussten – nach einigem Zögern der damaligen sowjetischen Regierung – zwangsevakuiert und in Notunterkünfte untergebracht werden. Hayes zeigt Bilder von Kindern, die lange nach der Unglück geboren wurden und inzwischen an verschiedenen Krebserkrankungen leiden. Der Sarkophag, unter dem der Katastrophenreaktor seit 25 Jahren eingeschlossen ist, bröckelt. Gebannt ist die Gefahr auch hier noch lange nicht, da die Brennstäbe unter dem schützenden Beton weiterhin strahlen. Zwar erwartet man keine größere Explosion mehr, aber durch einen Einsturz des Sarkophags könnten etliche Tonnen hochradioaktiven Materials – auch 25 Jahre nach der Katastrophe – in die Atmosphäre katapultiert werden. Die Folgen wären ähnlich dramatisch wie beim Reaktorunfall selbst – und Tschernobyl liegt nicht am anderen Ende der Welt wie Japan.

Fukushima und Tschernobyl: Überall!

Michio Taku erinnert währenddessen an Tschernobyl. „Jeder von uns trägt ein Stück Tschernobyl in seinem Körper. Für immer. Denn die nach dem Reaktorunfall freigesetzte Strahlung verbreitete sich im Laufe der Jahre rund um den Erdball“, so der Physiker. Genau das Gleiche passiert jetzt auch in Fukushima. Während wir, weil die Medien nicht mehr darüber berichten, denken, dass die Gefahr gebannt sei, strahlt der Reaktor weiter. Die Partikel, die weiterhin freigesetzt werden, umrunden den Erdball – denn Strahlung kennt keine Landesgrenzen. Daher kommen wir auch zum Titel dieses denkwürdigen Artikels: Fukushima ist kein lokales Problem, sondern betrifft uns alle. Zwar lange nicht in der Intensität, wie es in Japan der Fall ist – aber anders als bei einer Grippewelle kann man den „Feind“ nicht riechen, schmecken oder gar sehen.

Quelle: TheIntelligence

Bild:
Screenshot / YouTube

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