Lange hat es gedauert, doch nun kommen auch Kinofans auf ihre Kosten.In Zusammenarbeit mit FilmSzene.de präsentiert Euch RauteMusik nun jeden Donnerstag brandneu das Film-Review der Woche. Ob Kassenschlageroder Totalausfall, hier erfahrt ihr es als Erstes.
Heute nehmen wir für euch Königreich der Himmel ins Visier, der als einer der Top-Filme 2005 gehandelt wird.
Es ist schon bemerkenswert, wasfür eine Karriere sich in kürzester Zeit auf der Darstellung einer niedlichen Nebenfigur in einem Fantasy-Epos aufbauen lässt. Nun gut, es handelte sich um die Mutter allerFantasy-Epen und Orlando Bloom verkörperte den edlen Legolas darin auch gleich dreimal hintereinander. Es war aber trotzdem nicht unbedingt abzusehen, dass man ihn danach praktisch jährlichin einer weiteren Großproduktion wieder treffen würde. Und nach seinen Auftritten im „Fluch der Karibik“ und „Troja“ darf Mr. Bloom jetzt sogar die allererste Geige spielen. Als RitterBalian von Ibelin führt er die Bewohner der Stadt Jerusalem Ende des 12 Jahrhunderts in eine gewaltige Verteidigungsschlacht gegen die anrückenden Horden des muslimischen KriegsherrnSaladin.
Keine einfache Situation also, und es ist Ridley Scott hoch anzurechnen, dass er in seinem neuen Historienfilm die Zusammenhänge nicht allzu grob und mundgerecht vereinfacht. Zwar gibt es mit Guy und seinem Helfer Reynald zwei klassische Bösewichte sowie auch einen Helden mit angehängter Liebesaffäre. Dennoch versucht Scott der verworrenen politischen Situation gerecht zu werden und zeigt die Anfänge eines Konfliktes, der über Jahrhunderte bis in unsere heutige Zeit fortbesteht und der einen an der geistigen Weiterentwicklung der Spezies Mensch durchaus zweifeln lässt.
Der von manchen Skeptikern pauschal schon einmal vorab geäußerte Verdacht, der Film würde im Sinne der derzeitigen US-Regierung eine Schwarzweißmalerei zugunsten der christlichen Weltsicht präsentieren, läuft dabei komplett ins Leere. Stehen die genannten Schurken doch auf Seiten eben dieser christlichen Kreuzritter und die kommen hier nun wahrlich nicht besonders gut weg. Geblendet von einem Gefühl der natürlichen Überlegenheit führen sie ihre Männer ins Verderben, denn jede Äußerung von Zweifel am Sieg der vom heiligen Vater in Rom Beauftragten ist selbstverständlich reine Blasphemie.
Die wenigen Stimmen der Vernunft haben letztendlich keine dauerhafte Chance gegen die religiösen Eiferer, hüben wie drüben. Diese deprimierende Botschaft kommt durchaus an in einem Film, der ansonsten natürlich alles bietet was man von einem großen Kostümschinken heute erwartet: Gewaltige und durch ihren Realismus beeindruckende Kulissen, die üblichen, mit moderner Tricktechnik erzeugten, riesigen Heere und selbstverständlich eine große Schlacht als finalen Höhepunkt. Diese erinnert dann in ihrem Aufbau und Verlauf übrigens auffällig an den Kampf um „Helms Klamm“ in „Der Herr der Ringe: Die zwei Türme“ – auch hier versucht Orlando Bloom verzweifelt die Burgmauern und besonders die eine zentrale Stelle im Wall wider alle Übermacht zu halten, und man sieht: Geschichte wiederholt sich doch, und sei es auch in gänzlich verschiedenen Welten.
Ansonsten hat das „Königreich der Himmel“ einen Look, der dem Stil von Scott bei seinem „Gladiator“ nicht unähnlich ist. Besonders gelungen ist ihm dabei der Kontrast zwischen dem düsteren und von ständigem Funkenniederschlag vernebelten alten Europa und dem im Glanz der Sonne strahlenden Jerusalem, das den Erzählungen der Ritter vom „gelobten Land“ tatsächlich nahe kommt.
Diese Figuren machen die – vor allem im Mittelteil – doch manchmal etwas zu zähflüssig erzählte Geschichte um einiges interessanter. Denn in Ridley Scotts Bemühen um Ernsthaftigkeit und Sachlichkeit bleibt die Unterhaltung ab und zu zwangsläufig ein wenig auf der Strecke. Durch den Verzicht auf allzu viel publikumswirksamen Schnickschnack (den nackten knackigen Hintern der Hauptfigur sucht man hier genauso vergebens wie eine abgedrehte Mutter mit Schlangen um den Hals) ist das „Königreich der Himmel“ aber seinen Genrekollegen vom letzten Jahr zumindest ein kleines Stück überlegen.