Streit um Auswirkungen der Klimapolitik

Berlin (ddp). Zwei Wochen vor Beginn desWeltklimagipfels in Kopenhagen streiten Politiker und Umweltexperten über die wirtschaftlichen Chancen und Risiken der Klimapolitik. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) warnteam Wochenende davor, die deutschen Unternehmen in der Wirtschaftskrise noch zusätzlich zu belasten. Klimaforscher und die Grünen warfen der Koalition ein gefährliches Zaudern vor undforderten einen Durchbruch in Kopenhagen.

Brüderle wandte sich gegen neue Klimaauflagen für Unternehmen und gab zu bedenken: «Deutschland ist wirtschaftlich noch nicht über den Berg.» Es sei daher«entscheidend, dass Klimaschutz keine unnötigen Belastungen für unsere Arbeitsplätze bewirkt». Der Gipfel in Kopenhagen werde «eine schwierige Veranstaltung».Klimaschutz sei eine große Wachstumschance, «wenn er richtig gemacht wird, das heißt, wenn er nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führt».

Der Zukunftsforscher Rolf Kreibich kritisierte, mit der Haltung, der Klimaschutz könne die Wirtschaft belasten, sei Brüderle «total hinterm Mond». Der Klimawandel sei einegroße Herausforderung. Die deutsche Wirtschaft sei nicht zukunftsfähig, wenn auf diesem Gebiet nicht alle Kräfte mobilisiert würden.

Der Klimaexperte Hermann Ott hielt der Europäischen Union (EU) sowie der alten und neuen Bundesregierung vor, den Klimaschutz halbherzig vorangetrieben zu haben. Die EU habe «alleGelegenheiten verstreichen lassen, sich als Motor des Klimaschutzes zu betätigen». Die Bundesregierung habe dafür gesorgt, dass die deutsche Industrie möglichst keine odergeringe Anstrengungen zum Klimaschutz erfüllen müsse. «Damit war der Ruf als Vorreiter des Klimaschutzes bereits verspielt», sagte der Grünen-Politiker.

Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth warnte vor einem Scheitern des Klimagipfels. Deutschland müsse in Europa «eine glaubwürdige Vorreiterrolle» übernehmen, fordertesie und warf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine «schöne Scheinpolitik» vor.

Merkel verwies hingegen auf Erfolge in der Klimapolitik. So habe sich die Bundesregierung 1997 in Kyoto dazu verpflichtet, die klimaschädlichen CO2- und Treibhausgasemissionen bis 2012 um 21Prozent zu reduzieren. Dieses Ziel sei schon übertroffen. «Jetzt haben wir uns vorgenommen, die CO2-Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren.» Damit sei Deutschland«Vorreiter in Europa, und die Europäische Union ist mit ihren Gesamtverpflichtungen Vorreiter in der Welt».

Der Umweltverband BUND forderte von den reichen Industriestaaten, in Vorleistung zu gehen und sich auf eine Minderung ihrer Klimagase um 45 Prozent bis 2020 festzulegen. Dies sei die letzte Chance,das drohende Scheitern des Gipfels noch zu verhindern, sagte BUND-Chef Hubert Weiger.

Unterdessen verweist das Umweltbundesamt (UBA) auf die aus der Landwirtschaft resultierenden Klimaschäden. UBA-Präsident Jochen Flasbarth sagte, die Behörde prüfe gerade,«ob und wie ein Handel mit Verschmutzungsrechten auch unter Landwirten möglich wäre». Laut Flasbarth werden in Deutschland 13 Prozent der Klimagase durch die Landwirtschaftverursacht. In der Tierhaltung seien die Methangasemissionen problematisch.

(ddp)

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