Kritik von Polizisten an Gewalt-Studie

Berlin/Hannover (ddp-nrd). Nach Medienberichtenüber Kritik von Polizeibeamten an der geplanten bundesweiten Studie «Gewalt gegen die Polizei» wollen Fachleute den Fragebogen der Studie verändern. Der Direktor desKriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN), Christian Pfeiffer, sagte am Freitag in Hannover auf ddp-Anfrage, die beteiligten Fachleute würden zusammen mit Vertretern der Polizeinach einem Kompromiss suchen, der es «allen Bundesländern mit Bauchgrimmen ermöglicht, diese Forschung mitzumachen.» Die Teilnehmer der Innenministerkonferenz, die vom 2. bis 4.Dezember in Bremen tagen, sollen die Änderungen beschließen.

Das KFN ist mit der Durchführung der Studie beauftragt. Untersucht werden soll die Gewalt gegen Polizisten. Zeitungen in Niedersachsen hatten am Donnerstag und Freitag von Empörung undKritik betroffener Polizisten an der Studie berichtet. So würden in einem Fragebogen beispielsweise Auskünfte über Kindheitserlebnisse der Beamten verlangt.

Die «Neue Osnabrücker Zeitung» schrieb, in der Untersuchung werde unter anderem gefragt, ob die Polizisten als Kinder mit Vater und Mutter geschmust haben, von den Eltern gelobt undgetröstet oder aber mit einem Gegenstand geschlagen worden seien. Diese Fragen seien wichtig, weil es eine «hohe Bedeutung des elterlichen Erziehungsverhaltens für das spätereRisiko gebe, Opfer von Gewalt zu werden», zitierte das Blatt interne Unterlagen.

Polizisten kritisierten dem Bericht zufolge, damit werde der Forschungsauftrag auf den Kopf gestellt. Aus ihrer Sicht werde letztlich die Frage aufgeworfen, ob Polizisten nicht selbst schuld daranseien, wenn sie angegriffen werden.

Angesichts dieser Kritik dringt die Gewerkschaft der Polizei (GdP) auf einen Verzicht der umstrittenen Fragen. Es müsse möglich sein, auf diejenigen Fragenkomplexe zu verzichten, dieVerunsicherung ausgelöst hätten, sagte GdP-Chef Konrad Freiberg am Freitag in Berlin. Er forderte die Innenminister der Länder auf, alle Zweifel an der geplanten Studie zubeseitigen.

Freiberg betonte zugleich, die Studie sei wichtig für jeden Polizeibeamten. Es müsse endlich «das gesamte Ausmaß der wachsenden Gewalt und der Übergriffe» aufPolizisten eingeschätzt werden können. Die Erkenntnisse aus der Studie lieferten eine wichtige Grundlage für Maßnahmen, um die Kollegen künftig besser zu schützen. NachAngaben der GdP ist der Widerstand gegen die Staatsgewalt innerhalb von zehn Jahren um mehr als 30 Prozent gestiegen.

KFN-Direktor Pfeiffer kündigte an, der Fragebogen werde an den Stellen überprüft, «wo die Länder überzeugt werden können, dass das doch hilfreich ist, nicht nurobjektive Faktenfragen zu stellen, sondern auch Fragen zu persönlichen Einstellungen und Erfahrungen der Beamten.» Er erklärte, man suche «nach Lösungen, nach Kompromissen,die nach wie vor gute Forschungsergebnisse ermöglichen.» Pfeiffer sagte: «Ich freue mich darüber, dass wir von der öffentlichen Debatte in den Zeitungen wegkommen hin zueinem sachlichen Gespräch.»

Das KFN ist ein unabhängiges, interdisziplinär arbeitendes Forschungsinstitut in Trägerschaft eines gemeinnützigen Vereins und betreibt nach eigenen Angaben praxisorientiertekriminologische Forschung.

(ddp)

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