Karl-Theodor zu Guttenberg tritt zurück

Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ist am Dienstagmittag vom Amt des Verteidigungsministers zurückgetreten. Nach einer heftigen Debatte um seine fehlerhafte, fast komplett abgeschriebene Doktorarbeit sagte Guttenberg am Nachmittag, er habe die „Grenze seiner Kräfte erreicht“.

Er wurde nicht zum Selbstverteidigungsminister“ berufen, sondern zum Minister der Verteidigung“, so der emotional aufgewühlte Ex-Minister. Eine Rückkehr in die Politik schließt Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht aus.

Stolperstein Doktorarbeit

„Verfassung und Verfassungsvertrag“ lautet der Titel der 2007 verfassten Doktorarbeit. Und 2011 sorgt sie wohl für den entscheidenden Punkt im Abgang Guttenbergs. Angestoßen wurde die Debatte vom Bremer Juraprofessor Fischer-Lescano, der zwar eher links-sozial gerichtet ist; eine gezielte Kampagne kurz vor einer sehr wichtigen Landtagswahl in Baden-Württemberg kann man aber ausschließen. Schon die Rückendeckung aus der eigenen Partei fiel, nach Bekanntwerden der ersten dreist kopierten Stellen am 12. Februar 2011, eher schwerfällig aus. Merkel aber stand hinter ihm, meinte, er erfülle seine Aufgabe als Minister „hervorragend“ und sie habe Guttenberg schließlich als Minister bestellt „und nicht als wissenschaftlichen Assistenten“. Mit diesem Argument waren nicht nur große Teile der Opposition nicht zufrieden. Wer sonst, wenn nicht ein Staatsmann mit der gesamten deutschen Armee hinter sich, sollte glaubhaft sein? Und Wahrhaftigkeit zeigt sich doch schon im korrekten und ehrlichen Verfassen einer Dissertation, wie die Schrift zur Promotion, also dem Erlangen des „Doktoren-Titels“, offiziell heißt.

Projekt „Guttenplag Wiki“

Um den Anstoß Fischer-Lescanos näher zu verfolgen und die Aussage Guttenbergs, die Anfertigung der Doktorarbeit sei „meine eigene Leistung“ zu wiederlegen, startete das Projekt „Guttenplag Wiki“. Innerhalb kürzester Zeit meldeten mehrere hundert Freiwillige vor dem heimischen Rechner vermutlich plagiierte Seiten. Unter plagiierten Seiten versteht man Seiten, in denen Sätze oder ganze Passagen von einer Quelle in die Doktorarbeit (beinah) eins zu eins übernommen worden sind, ohne dies kenntlich beziehungsweise bewusst verschleiert kenntlich gemacht zu haben. Nach heutigem Stand sind so „891 Plagiatfragmente aus über 120 verschiedenen Quellen mit zusammen 8.061 von insgesamt 16.325 Zeilen der Arbeit dokumentiert.“ Diese unglaubliche Zahl entspricht 82,44 % der gesamten Dissertation. In dem am Dienstag veröffentlichten, zweiten Zwischenbericht besteht die, von einem anonymen Betreiber gehostete Seite, auf der Ansicht, „dass die Plagiate kein Versehen waren, sondern bewusst getätigt wurden.“ GuttenPlag kommt zu dieser Ansicht, weil zum Beispiel auf den Seiten 308-309 die „Initialien des Originalautors“ weggelassen worden seien. Statt „i. e. Art. 100a EGV, St. S.“ verwies Guttenberg in seiner Arbeit auf „i.e. Art. 100a EGV“, was auch nach Rp-online auf „Vorsatz hinweist“.

GuttenPlag – Auswertung 1.3. 11:30 Uhr: 76 %

Christiane Schulzki-Haddouti sagte am Dienstag der Deutschen Presse Agentur (dpa), dass Guttenberg „ohne dieses Wiki hätte nicht zurücktreten müssen.“ Schulzki-Haddouti ist Social-Media-Kennerin und betreibt den Blog „KoopTech“, dessen Motto „Spreading Inspiration For Change“ (etwa: Verbreiten von Inspiration für den Wandel) für einen seriösen Umgang in Sachen Wikileaks und Co. steht.

Während für Oppositionelle wie für die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Renate Künast, feststeht, dass der Rücktritt eine „Riesenblamage für die Kanzlerin“ sei, war Bundeskanzlerin Angela Merkel überzeugt, dass sie und Guttenberg „in welcher Form auch immer – in Zukunft Gelegenheit zur Zusammenarbeit haben werden.“

Das Teaser Bild zeigt einen Ausschnitt aus dem Cover seiner Dissertation, welche er im April 2006 zur Promotion einreichte. Guttenberg durfte ab dem 7. Mai 2007 den Grad des Doktors der Rechte führen. Die Uni Bayreuth gab am 23. Februar bekannt, dass Guttenberg der Doktorgrad aberkannt werde. Guttenberg wurde am 9. Februar 2009 zum Bundesminister für Wirtschaft ernannt und wechselte dann am 28. Oktober 2009 zum Amt des Bundesministers der Verteidigung, von welchem er am Dienstag, den 1 März 2011 zurücktrat.

Quellen: Spiegel.de [1] [2] | Faz.net [1] [2] | Sueddeutsche.de | Guttenplag.wikia.com | Rp-online.de | Kooptech.de | Wikipedia.de

Bilder:
Dissertation vorgelegt von K.-T. zu Guttenberg / Wikimedia.org

(c) GuttenPlag Wiki

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