Rechtsextreme NPD strebt Wiedereinzug in den sächsischen Landtag an

Dresden (ddp-lsc). Der sächsische Landtagswahlkampfwird zumindest optisch in Teilen des Freistaats nur von einer Partei bestimmt – der rechtsextremen NPD. Vorwiegend in ländlich geprägten Regionen dominieren die Plakate mit Slogans wie«Polen-Invasion stoppen», «Höchststrafe für Kinderschänder» oder «Kriminelle Ausländer raus» das Straßenbild. Der Dresdner PolitologeWerner Patzelt hat den anderen Parteien deshalb bereits eine «sträfliche Nachlässigkeit» im Straßenwahlkampf vorgeworfen. Ihre Versäumnisse können aus seinerSicht ernsthafte Folgen haben – und der NPD zum angestrebten Wiedereinzug in den Landtag verhelfen.

Patzelt zufolge orientiert sich ein Teil der Wähler daran, was die vermeintliche Mehrheit macht: Wenn etwa dem Missbrauch der Wende-Losung «Wir sind das Volk» durch die NPD von denübrigen Parteien nichts entgegengesetzt werde, sei nicht auszuschließen, dass dies auch geglaubt werde.

Für die Abstimmung am Sonntag in Sachsen hat NPD-Spitzenkandidat Holger Apfel als Ziel ausgegeben, das Ergebnis vor fünf Jahren von 9,2 Prozent noch einmal zu toppen – damals waren esgerade einmal 0,6 Prozentpunkte weniger als die SPD.

Ein zweistelliges Resultat hat die NPD auf Landesebene in ihrer Geschichte im Unterschied zu Republikanern und DVU bislang noch nie eingefahren. Die Demoskopen sahen die Partei zuletzt zwischen 4,5und 6 Prozent – das ist geringfügig weniger, als der NPD kurz vor der Abstimmung 2004 vorhergesagt worden war.

Mit ihrem damaligen Erfolg war der NPD nach 32 Jahren ohne Landtagspräsenz ein Comeback geglückt: Zuvor war ihr letztmals 1968 mit 9,8 Prozent der Sprung in den Baden-WürttembergerLandtag gelungen. Nach ihrer Gründung 1964 – unter anderem mit Vertretern der Deutschen Partei und der Deutschen Reichspartei – war sie zwischen 1966 und 1968 in sieben Länderparlamenteeingezogen. 1969 verfehlte sie mit 4,3 Prozent knapp den Einzug in den Bundestag. In den 1970er Jahren rutschte die NPD in die politische Bedeutungslosigkeit ab.

Mit der Wahl von Udo Voigt zum Bundesvorsitzenden 1996 wurde die Partei nach Einschätzung des Verfassungsschutzes zur politischen Heimat von Neonazis und Skinheads. Voigt hat sich bis heute ander Parteispitze gehalten, obwohl es zuletzt erhebliche innerparteiliche Widerstände um die Landtagsfraktionschefs Apfel und Udo Pastörs aus Mecklenburg-Vorpommern gab.

Als Bindeglied zwischen NPD, Neonazis und anderen rechtsextremistischen Organisationen gilt seit Jahren die Jugendorganisation »Junge Nationaldemokraten« (JN). Nach Erkenntnissen desLandesamts für Verfassungsschutz wird der organisatorische JN-Rahmen zunehmend von der rechtsextremistischen Skinhead- und Kameradschaftsszene im Freistaat genutzt.

Diese vormals parteiunabhängigen rechtsextremistischen Kräfte seien »nicht nur an entsprechenden Gründungsaktivitäten sächsischer JN-Stützpunkte beteiligt«,sondern prägten inzwischen auch »maßgeblich« deren Aktivitäten. Von manchen »Freien Kräften« im Freistaat werde die NPD unterstützt, andereverhielten sich der Partei gegenüber distanziert. Insgesamt gehen die Behörden von knapp 3000 Rechtsextremisten in Sachsen aus.

Schon im Frühjahr hatte Verfassungsschutzpräsident Reinhard Boos von einer Radikalisierung durch »Hitleristen« gesprochen – und vorhergesagt, dass die Finanznöte der NPDauf Bundesebene den anstehenden Landtagswahlkampf nicht in Gefahr brächten. Sachsens NPD gibt als Budgethöhe 250 000 Euro an, mit denen unter anderem knapp 90 000 Plakate finanziert wordenseien. Sie leistet sich neben Flugblättern und Wahlkampfzeitung auch ein Flugzeug, das nach Parteiangaben seit Dienstag täglich mit dem Banner »Wählt NPD« über Sachsenim Einsatz ist.

Politologe Patzelt nennt es derweil »Etikettenschwindel«, dass die NPD, die sich die Abwicklung des bundesdeutschen Systems auf die Fahnen schreibe, im Wahlkampf anstelle der ReichsfarbenSchwarz-Rot-Weiß auch Schwarz-Rot-Gold verwende – dies stehe für alles, wogegen sich die NPD wende. Die anderen Parteien verdächtigen die NPD überdies, mit rechtswidrigenMethoden Wahlkampf zu betreiben – was Apfel zurückweist. Die Grünen etwa vermissen ihre Plakate mit dem Slogan »Ruhig Brauner« – diese seien «in deutscherGründlichkeit» etwa aus dem Stadtbild von Riesa komplett verschwunden.

(ddp)

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