Verglasung von 60 000 Litern flüssiger Atomabfälle beginnt

Karlsruhe/Stuttgart (ddp-bwb). Nach wochenlangenVerzögerungen kann die Verglasung von rund 60 000 Litern hoch radioaktiven Flüssigabfalls aus der stillgelegten Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe (WAK) jetzt beginnen. Dasbaden-württembergische Umweltministerium gab am Mittwoch grünes Licht zur Verarbeitung der «Atomsuppe». Man habe «dem nuklearen Betrieb der VerglasungseinrichtungKarlsruhe (VEK)» zugestimmt, teilte das Ministerium als Atomaufsichtsbehörde in Stuttgart mit.

Die Zustimmung sollte ursprünglich bereits im Juli erfolgen. Sie hatte sich jedoch wegen Sicherheitsfragen verzögert. Ein letzter Nachweis habe noch nicht vollständig vorgelegen, derbestätigen sollte, dass alle Verankerungen im Bauwerk auch im Falle eines Flugzeugabsturzes halten, betonte das Ministerium. Die nun von TÜV-Sachverständigen vorgelegtenPrüfergebnisse hätten bestätigt, dass die baulichen Vorkehrungen die Anforderungen erfüllen. «Es steht nichts mehr im Wege, den Beginn der Verglasung einzuleiten»,sagte ein Ministeriumssprecher.

Ein Sprecher der WAK GmbH betonte, das Unternehmen habe die geforderten Nachweise vorgelegt und «gezeigt, dass auch für das Restrisiko eines Flugzeugabsturzes ausreichenderisikominimierende Maßnahmen umgesetzt wurden».

Der flüssige Atommüll war angefallen, als von 1971 bis Ende 1990 in der WAK rund 200 Tonnen Kernbrennstoffe aufgearbeitet wurden. Die strahlenden Flüssigkeiten lagerten bislang in zweiEdelstahltanks in einem Gebäude der 1991 stillgelegten WAK in Eggenstein-Leopoldshafen nahe Karlsruhe. Der atomare Flüssigabfall wird nun in der neben dem Lagergebäude errichteten VEKbei 1200 Grad Celsius in Glas eingeschmolzen, um ihn endlagerfähig zu machen. Zum ersten Mal könne nun schon in den kommenden Tagen radioaktive Flüssigkeit überVerbindungsleitungen in die VEK transportiert werden, betonte das Ministerium.

Der gesamte Verglasungsprozess soll «bei reibungslosem Verlauf» etwa eineinhalb Jahren dauern. «Wie schon bei den Vorarbeiten gilt allerdings auch beim Betrieb der Grundsatz:Sicherheit vor Schnelligkeit», betonte der Ministeriumssprecher.

Insgesamt sollen 130 endlagerfähige Glasblöcke in Edelstahlbehältern produziert werden. Diese Glaskokillen sollen dann in Castor-Behältern in das atomare Zwischenlager derEnergiewerke Nord (EWN) bei Greifswald transportiert werden. Die Kosten für die Errichtung der Verglasungsanlage einschließlich Inbetriebsetzung und späterer Zwischenlagerung derproduzierten Glaskokillen belaufen sich laut Ministerium auf rund 350 Millionen Euro.

Der «heiße», also nukleare Betrieb der VEK erfolge in mehreren Stufen. In einem ersten Schritt werde schwach radioaktive Flüssigkeit eingeleitet, um die Funktionssicherheit derTransferleitungen abschließend zu bestätigen. Danach könne erstmals eine zunächst geringe Menge der hoch radioaktiven Abfalllösung, die im Fachjargon HAWC («HighActive Waste Concentrate») heißt, in die VEK geleitet werden. Die daraus entstehende Mischung werde als erstes verglast, wobei diese ersten Glaskokillen schwächer radioaktiv seienals beim späteren Betrieb der Anlage. Der «routinemäßige heiße Betrieb mit der Produktion hoch radioaktiver Kokillen» wird laut WAK GmbH voraussichtlich gegen EndeSeptember erfolgen.

(ddp)

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