Schon seit langer Zeit suchen Wissenschaftler in den Tiefen des Universums nach Antimaterie. Mit Hilfe des Weltraumteleskops „Fermi“ haben sie nun eine erstaunliche Entdeckung gemacht: Über Gewitterwolken werden massenhaft Positronen ins All geschleudert.
Faszination Gewitter
Die Beobachtung von Gewittern war schon immer faszinierend. Klar war bisher, dass bei den gewaltigen Entladungen in die Atmosphäre Blitze und Donner entstehen, jetzt aber haben Wissenschaftler mit einem Weltraumteleskop erstmals nachgewiesen, dass das Spektakel am Himmel Antimaterie produziert. Antimaterie ist die Sammelbezeichnung von Antiteilchen, die die Form von Molekülen oder Atomen haben können; sie sind gebundene Systeme aus Positronen und Antiprotonen. Strahlen von positiv geladenen Positronen, den Gegenteilchen zu Elektronen, werden während des tobenden Gewitters hoch ins All geschleudert, so Forscher der NASA auf dem Treffen der American Astronomical Society in Seattle.
Positronen und Elektronen schießen ins All
Das Weltraumteleskop „Fermi“ – eigentlich ein Gammastrahlenteleskop, das seit 2008 in Betrieb ist – sollte eigentlich zur Suche nach der „mysteriösen Dunklen Materie“ des Universums und auch zur Fahndung nach Quellen hoch energetischer Gammastrahlen dienen. Daher ist es für die Forscher umso überraschender, dass sie damit Antimaterie über Gewitterwolken entdeckten. Michael Briggs von der University of Alabama in Huntsville erklärt: „Die Signale sind der erste direkte Beweis dafür, dass Gewitter Strahlen von Antimaterie erzeugen.“ Als Auslöser sehen die Forscher terrestrische Gammastrahlenblitze (TGF) – Blitze, deren Entstehung auf elektrische Felder über den Gewitterwolken zurückzuführen sind. Schätzungen zufolge treten täglich bis zu 500 solcher TGFs auf.
Künstliche Darstellung von Elektronen über den Wolken
Wenn im Universum Teilchen mit hoher Energie kollidieren, entsteht fast immer Antimaterie – das ist keine Besonderheit. Jedoch existiert sie nur für kurze Zeit, da sich Protonen und Elektronen gegenseitig auslöschen. Beim Antimaterieschauer über Gewitterwolken kann das jedoch nicht passieren, da beide zu schnell ins Universum geschleudert werden. So rasen die Positronen tausende Kilometer entlang der Magnetfeldlinien der Erde. Der Gamma-ray Burst Monitor (GBM) spielte eine entscheidende Rolle bei den neuesten Gewitter-Erforschungen. Dieses Gerät überwacht permanent den gesamten Sternenhimmel, aber auch die Erde. Er registriert Gammastrahlung, die energiereichste Form des Lichts – von 2008 bis 2010 zeichnete er etwa 130 TGFs auf.
Positronen rasen entlang der Magnetfeldlinien
Auffällig war in vier Fällen, dass die Gewitter sehr weit entfernt von „Fermi“ waren. Am 14. Dezember befand sich das Teleskop beispielsweise über Ägypten,während im 4.000 Kilometer südlicheren Sambia ein Gewitter tobte. Eigentlich hätte das Teleskop keine Gammastrahlung aufzeichnen dürfen, da die Gewitterfront quasi hinter dem Horizont lag, dennoch registrierte „Fermi“ Strahlung. Die Forscher glauben den Grund zu kennen: „Die Gammastrahlenblitze (TGF) in den Gewitterwolken produzieren sehr schnelle Positronen und Elektronen.“ Diese Partikel flogen dann entlang der Magnetlinie der Erde bis ins All, wo sich das Teleskop „Fermi“ befand, und daher konnte Gammastrahlung aufgezeichnet werden. „Dass wir messen können, dass Positronen tausende Kilometer weit fliegen, war eine große Überraschung. Es ist allerdings immer noch unklar, wie TGFs erzeugt werden und auch, wie klassische Gewitterblitze entstehen„, so Jochen Greiner vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik.
Quelle: Spiegel.de | Nasa.gov
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