DIESE NEWS NICHT FREIGEBEN! NUR EIN SCHNITTSTELLENTEST!
Hofheim (ddp-hes). Um das Herz der Hofheimer Videoüberwachung vorzuführen, muss Axel Wilken mit seinem Besucher in den Keller steigen. In einem von Spinnweben freien, aber an eineRumpelkammer erinnernden Raum steht der Video-Server. Der Leiter des Sicherheits- und Ordnungsamts schaltet den Monitor an. «Zweimal die Woche checken wir das Gerät.» Per Zoom lassensich Taxinummern lesen und Gesichter gerichtsfest identifizieren. Die Kreisstadt des Main-Taunus-Kreises war 2000 Hessens Vorreiter und installierte Kameras, die unaufhörlich öffentlicheBrennpunkte im Auge behalten. Inzwischen sind viele Städte nachgezogen. Doch der Nutzen der Überwachung ist immer noch umstritten.
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Um den Hofheimer S- und Busbahnhof und auf einem Spazierweg am Bach ist in den vergangenen acht Jahren jede Bewegung der Passanten aufgezeichnet worden. Wilken, selbst Jurist, agiert gesetzestreu.Auf die Aufzeichnungen hätten nur eine Handvoll Leute Zugriff, und der Datenfluss sei verfolgbar. Ziel sei, das «Sicherheitsgefühl der Bürger» zu stärken undStraftaten einzudämmen. Zum Beispiel am von Kleindealern heimgesuchten Platz am Hofheimer Busbahnhof. Die wirklich harte Drogenszene, die sich nach erhöhtem Frankfurter Kontrolldruck vor 20Jahren dorthin verlagert hatte, war allerdings schon vor der Installation der Anlage verschwunden. Doch das «Sicherheitsgefühl der Bürger» kehrt so schnell nicht zurück.Videoüberwachung soll dabei helfen.
Nach Hofheim entschlossen sich in Hessen weitere Kommunen zur Kameramontage, darunter Frankfurt, Offenbach, Wiesbaden und Kassel. Bundesweit hatten Leipzig und Westerland auf Sylt 1997 den Anfanggemacht. Die Begründungen gleichen sich. Genannt werden stets Kriminalitätsprävention und der Wunsch der Bürger, sich angstfrei zu bewegen. Ebenso einstimmig berichten dieKommunen vom Erfolg ihrer Bemühungen. Genau den – oder dessen Verhältnismäßigkeit – zweifeln Datenschützer an. Es sei nicht belegbar, dass die Überwachung vonKriminalitätsschwerpunkten Straftaten nennenswert verhindert.
Nordrhein-Westfalens Datenschützerin Bettina Sokol bilanzierte erst am Mittwoch im Düsseldorfer Parlament, die «Beobachtung der Bürger ist nicht länger zurechtfertigen». Ihr hessischer Kollege Michael Ronellenfitsch bezeichnet Videoüberwachung als «en vogue», vermisst aber oft die Prüfung der Zulässigkeit. Seit Jahrenist ihm die Situation auf Frankfurts Konstablerwache ein Dorn im Auge. Die Kameras, kritisiert er, erfassten dort auch Fenster und Balkone, die Reichweite der Objektive gehe übers definierteZiel hinaus, und auch die Überwachung selbst sei nicht überall ausgewiesen.
Vergangenen Dezember stellte das Frankfurter Polizeipräsidium nun die Umsetzung datenschutzrechtlicher Anforderungen in Aussicht. Zahlen über Kriminalitätsentwicklung invideoüberwachten Bereichen bleiben auf Anfrage aber Mangelware, auch in hessischen Kommunen. 2005 räumten bei einer Tagung in Bremen selbst polizeiliche Kriminalforscher ein, über dieWirkung kameragestützter Observierung «nichts zu wissen». Es gebe Annahmen, aber zu wenige Zahlen. Dass Bürger sich durch Videoüberwachung sicherer fühlen, bleibe einenebulöse Vermutung.
Bei aller Kritik zeichnet die Praxis ein harmloses Bild. Nirgendwo sitzen Beamte vor einer Wand flackernder Bildschirme. Meist werden die Aufnahmen nicht einmal visualisiert, sondern nur digitalgespeichert und nach 72 Stunden gelöscht, ohne dass sie irgendjemand je gesehen hätte. So auch im Hofheim, wo der Monitor für die sechs Kameras im Keller meist ausgeschaltet bleibt.Bei Bedarf bekommt die Kripo die Bilddaten der angefragten Zeit per CD ausgehändigt. Diese kann sich zumindest über die Qualität der Bilder freuen. «Die Auflösung isterstklassig», sagt Hofheims Sicherheitschef Wilken.
(ddp)
Schlagworte: FEA, Kommunen, Sicherheit, Überwachung