Actionspiele statt Möhren

Dass Beta-Karotin als Vorstufe von Vitamin A und Inhaltsstoff der Karotte, der ihr ihregesunde Farbe verleiht, in Kombination mit einem Portiönchen Fett gut für die Augen ist, ist schon länger bekannt. Doch ganz frisch aus der Gemüsekiste kommt jetzt dieüberraschende Alternative: Actionspiele – aus echt biologischem Anbau.

Im Gegensatz zu entfernten Verwandten wie den Aufbaustrategie-, Wirtschaftssimulations- oder sonstigen Videospielen trainieren die auch aktuell wieder unkritisch als Aggressionsfördererbetitelten Ego-Shooter nämlich das Auge.

Daphne Bavelier und ihr Forscherteam der Universität Rochester aus dem US-Bundesstaat New York haben herausgefunden, dass Spieler dieses Genres mit Abstand besser im Differenzieren vonKontrasten sind. In einem Experiment wurden zwei Gruppen einander gegenübergestellt, von denen die eine über neun Wochen 50 Stunden lang den Shooter Call of Duty 2, die andere mit gleichemPensum die Simulation Sims 2 spielen sollten.

Schnelle Trainingseffekte, die lange anhalten

Allein in diesem kurzen Zeitraum verbesserte sich die Kontrastempfindlichkeit derAction-Spieler schon signifikant und anhaltend, wenn auch nicht sonderlich stark. Im Schnitt erreichten ihre Augen 150 Prozent der Ursprungsleistung, während die Sims-Spieler keinerlei Effekt zuverzeichnen hatten.

Beide Spiele sind sehr detail-, farb- und dementsprechend auch kontrastreich, doch wie für das Genre üblich, wird bei Call of Duty vom Spieler hohe Konzentration, schnelle Reaktion aufBewegung und natürlich Feinderkennung verlangt, um das eigene Überleben zu sichern. Das bringe das Gehirn beziehungsweise dessen visuelles System an seine Grenzen und löse dadurchTrainingseffekte aus, die noch Jahre später ersichtlich sind, erklärt Frau Bavelier.

Medizinische Methode der Zukunft?

Mancher Forscher sieht in Actionspielen bereits eine Behandlungsmöglichkeit für die besonders mit dem Alter zunehmend schwindende Kontrastempfindlichkeit. Bisher konnte dieser nur sehrineffizient durch Brillen, Kontaktlinsen oder Operationen entgegengewirkt werden.

Kontrastempfindlichkeit ist nicht nur sehr wichtig, um bei schlechtenSichtverhältnissen noch halbwegs klar sehen zu können und so beispielsweise während der Dämmerung und nachts sicher durch den Straßenverkehr zu kommen, sondern gehörtauch zu den Eigenschaften des Auges, die am frühesten zu leiden haben.

Kindern wird stetig eingetrichtert, Bildschirme seien schlecht für die Augen, doch nun wurde das Gegenteil offenbart. Es wird sich zeigen, ob nach der aktuellen Debatte um die „Killerspiele“,wie Shooter und Konsorten im reißerischen Nicht-Fachjargon stets genannt werden, diese in Zukunft vielleicht komplett aus den Kaufhäusern verschwinden müssen, jedoch auf Rezept in derApotheke um die Ecke erhältlich sein werden – in jeder Packung mit einer leckeren Möhre und der Extraportion Beta-Karotin.

Quellen: Nature Neuroscience.com, Spiegel.de

Bilder:
Wikipedia.org
Call of Duty.com
© Birgit Lang / pixelio

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