WikiLeaks enthüllt Persönlichkeitsprofile

Angela Merkel „risikounfreudig und selten kreativ“, Guido Westerwelle „aggressiv und mit wenig ausgereiften Gedanken“? So schätzen anscheinend die Geheimdienste der USA die einflussreichsten deutschen Politiker ein. Durch eine Datenpanne landeten unter anderen Dokumenten zahlreicher Persönlichkeitsanalysen bei der Enthüllungsplattform WikiLeaks.

Wenn man den Dossiers – immerhin mehr als 250.000 an der Zahl – Glauben schenkt, kommt die deutsche Führungsetage bei den US-Amerikanern alles andere als gut weg: Angela Merkel wird als „pragmatisch“ bezeichnet; ebenfalls wird aber von ihr berichtet, sie hätte die transatlantischen Beziehungen verbessern wollen. Der ehemalige US-Botschafter in Berlin, William Timken, attestiert ihr allerdings, dass sie „keine mutigen Schritte unternommen hätte, um den substantiellen Inhalt dieser Beziehung zu verbessern“.

Westerwelle in der Kritik

Aber vor allem Außenminister Guido Westerwelle bekommt von den Amerikanern ein denkbar schlechtes Zeugnis: Er sei „aggressiv“ und müsse seinen Job als internationaler Botschafter Deutschlands noch lernen – den er nach Meinung seines Kritikers nur deshalb bekommen habe, weil er mit der Position des Vizekanzlers einhergehe. Außerdem sei er mit den außen- und sicherheitspolitischen Themen noch viel zu wenig vertraut, was dazu führe, dass seinen Gedanken oft die nötige Substanz fehle.

Lob für zu Guttenberg

Gut weg kommt in den Dossiers allerdings Karl-Theodor zu Guttenberg, dem die US-Diplomaten ein enges Freundschaftsverhältnis zu den USA bescheinigen. Was allerdings vor allem hierzulande einigen Gesprächsstoff bieten dürfte, ist die Tatsache, dass der Verteidigungsminister offenbar Merkel und Westerwelle bei seinen amerikanischen Kollegen angeschwärzt haben soll. Das Urteil über zu Guttenbergs Parteikollegen bei der CSU, Horst Seehofer, fällt allerdings verheerend aus: Nach amerikanischen Einschätzungen sei der bayerische Ministerpräsident „unberechenbar“.

Julian Assange, Gründer von WikiLeaks

Aber auch Politiker anderer Nationen wurden innerhalb der geheimen Dokumente in ihrer Arbeit und Persönlichkeit bewertet: So sei der russische Ministerpräsident Putin ein „Alpha-Rüde“, der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy ein „Kaiser ohne Kleider“ und der lybische Revolutionsführer Muammar Al-Gaddafi reise praktisch nicht mehr ohne die Begleitung seiner vollbusigen, ukrainischen Krankenschwester.

Juristischer Druck auf WikiLeaks erhöht sich

Indessen ist die Regierung unter Barack Obama bemüht, Schadensbegrenzung zu betreiben. In nahezu allen Ländern, deren Politiker in den Geheimakten begutachtet wurden, gingen inzwischen offizielle Schreiben oder Telefonanrufe ein, in denen sich die USA offiziell für den entstandenen diplomatischen Schaden entschuldigen und weitere freundschaftliche Verhältnisse anbieten. Um aber zu verhindern, dass sich eine solche Panne wiederholt, haben die amerikanischen Staatsanwälte rechtliche Schritte gegen den WikiLeaks-Kopf Julian Assange angekündigt. In Australien, Assanges Heimatland, hat die Premierministerin Julia Gillard die Veröffentlichungen auf WikiLeaks schon als „rücksichtslos und möglicherweise schädlich für die nationalen Sicherheitsinteressen“ kritisiert; die dortigen Staatsanwälte wollen den Journalisten Assange wegen „einer ganzen Reihe strafrechtlicher Vergehen“ anklagen.

Diplomatische Auswirkungen nicht abzuschätzen

Während die deutsche Regierung betonte, die veröffentlichten Dokumente würden „in keinster Weise das gute Verhältnis Deutschlands zu den USA“ beeinträchtigen, bleibt abzuwarten, wie andere Länder auf die geheimen Dossiers reagieren werden. Italiens Präsident Silvio Berlusconi nahm seine Persönlichkeitsanalyse zum Anlass, endlich einmal wieder herzhaft zu lachen – dass es ihm andere Regierungschefs und Minister gleichtun werden, ist vermutlich die zur Zeit größte Hoffnung der amerikanischen Regierung.

Quellen: Spiegel.de | Welt.de [1] [2]

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