Irak: Petraeus fordert teilweisen Truppenabzug

Der Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte im Irak, David Petraeus, hat amMontag seinen Bericht zur Zukunft der Truppen in dem Land vorgestellt. Das Ergebnis war überdies wenig überraschend, könnte die Demokraten im Kongress aber zum Umdenken bewegen.

Bei seiner Anhörung im US-Kongress bekräftigte der General erneut, dass ein Truppenrückzug aus dem Irak zum jetzigen Zeitpunkt keine gute Idee sei. Er stellte aber für den Sommer2008 in Aussicht, rund 30.000 der aktuell 168.000 Soldaten abziehen zu können. Die Truppenstärke wäre dann wieder auf dem Stand vom Anfang des Jahres als US-Präsident Bush eineAufstockung anordnete. „Die militärischen Ziele der Truppenaufstockung wurden im Großen und Ganzen erfüllt“, sagte Petraeus dazu. So sei der Rückzugmöglich, ohne die Sicherheitslage zu gefährden. Der von ihm verfasste Bericht sei überdies ohne Absprache mit dem Weißen Haus oder dem Pentagon entstanden, hieß es. Einengenauen Termin für den teilweisen Rückzug solle es aber erst in sechs Monaten geben.

Petraeus lobte die Fortschritte in der Befriedung des Landes. So sei die Gewalt in den letzten Monaten deutlich zurückgegangen, was vor allem an der zunehmenden Kooperation derStammesführer mit dem Militär läge, um gemeinsam gegen die Al Qaida vorgehen zu können. Trotzdem betonte ebenfalls das nach wie vor kritisch hohe Gewaltlevel, obwohl die Zahl derToten seit Dezember des letzten Jahres zurückging. Zugleich warnte er vor einem vollständigen Abzug der Soldaten, da dies „katastrophale“ Folgen haben könnte.Das Truppenengagement müsse demnach noch lange aufrecht erhalten werden und sei durchaus nicht ungefährlich.

Der US-Botschafter im Irak, Ryan Crocker, beschrieb die Lage im Irak ähnlich. „Das Ziel eines sicheren, stabilen und demokratischen Irak, der in Frieden mit seinen Nachbarnlebt, ist meiner Ansicht nach erreichbar“, sagte er dazu. Auch die Richtung der politischen, wirtschaftlichen sowie diplomatischen Entwicklung stimme und zeige nach oben, auch wenn„der Verlauf dieser Aufwärtskurve nicht besonders steil“ sei. Auf Grund dieser Analyse legte sich Crocker aber nicht fest und könne keinen Erfolg garantieren.

Die Anhörung von David Petraeus wurde bereits seit langem mit Spannung erwartet. Von ihr will George W. Bush den weiteren Verlauf der umstrittenen Mission abhängig machen, den er Ende derWoche in einer Fernsehansprache vorstellen will. Auch die Demokraten, die in den beiden Kammern des Kongresses die Mehrheit halten, wollen ihre Haltung anschließend nochmalsüberdenken.

Crocker und Petraeus hatten für den Beginn der Anhörung schwierige Voraussetzungen. Zwar werden die beiden von allen Politikern als „große Männer desamerikanischen Volkes“ bezeichnet und hätten große Leistungen erbracht, dennoch erwartete man wegen ihrer Nähe zum Weißen Haus aber eher einen „geschönten Bericht“ als knallharte Fakten.

An sich war es höchste Zeit, dass nun endlich ranghohe, direkt am Geschehen vor Ort beteiligte US-Funktionäre vor dem Kongress die Lage im Irak darlegten. Dies scheint dieses Mal sogar denDemokraten die Augen geöffnet zu haben und sie von ihrer sturen Forderung eines vollständigen Rückzuges abzubringen. In ihren Beratungen werden sie sich hoffentlich darauf einigen,dass die von Petraeus vorgeschlagene Handlungsweise wohl die vorerst beste ist.

Die schockierenden Nachrichten aus der Vergangenheit zeigen, dass sich die Lage im Irak noch lange nicht zu stabilisieren scheint. Noch immer hat die irakische Regierung die Lage nicht annäherndim Griff und wäre hoffnungslos überfordert, sollten die USA alle ihre Soldaten abziehen. Auf Grund des fehlenden staatlichen Gewaltmonopols würde ein großes Vakuum entstehen, dasumgehend von den noch immer rivalisierenden Stämmen gefüllt werden würde. Dass dabei kein friedlicher Vielvölkerstaat mit Menschen entsteht, die alle den Staat respektieren undachten, dürfte klar sein.

So ist es derzeit leider die einzige Möglichkeit, dass die USA weiter dort präsent bleiben. Die unbestreitbaren Gefährdungen für die Soldaten müssen dabei akzeptiert werden.Die Truppen müssen alles in ihrer Macht stehende tun, die Stabilität des Irak zu sichern und zu fördern. Ihre Zahl darf dabei nicht weiter erhöht werden, denn dies würde einfalsches Signal aussenden.

Eine starke Zusammenarbeit mit irakischen Sicherheitskräften und Militärs ist dabei unerlässlich. Zudem müssen auch die einzelnen Stammesführer gewonnen und in denStabilisierungsprozess einbezogen werden. Denn sie sind die eigentlichen Machthaber und ohne sie ist ein flächendeckender, friedensähnlicher Zustand nicht möglich. Der Weg dorthin istlang und mit vielen Hindernissen übersäht. Er ist aber, wie Petreaus und Crocks sagten, machbar.

Quellen: Spiegel online | Focus online | Zeit online | New York Times online

Download von Petraeus‘ Bericht (PDF)

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