Kyrill und seine Folgen

Es war der schwerste Sturm seit Lothar (1999), der über Deutschlandhinweggefegt ist. Bundesweit richtete der Orkan Schäden in Millionenhöhe an und sorgte vielerorts für Chaos. Zum ersten Mal in ihrer Geschichte war die Deutsche Bahn gezwungen, ihrenZugverkehr deutschlandweit einzustellen.

Um 17:15 Uhr stoppe die Deutsche Bahn bundesweit den kompletten Zugverkehr, nachdem bereits um 16 Uhr der Zugverkehr in Nordrein-Westfallen eingestellt worden war. Alle Züge wurden in den nächsten geeigneten Bahnhof geleitet. Aus Rücksicht auf die Pendler wurde versucht, den Nahverkehr so lange wie möglich aufrecht zu erhalten. Doch auch hier war spätestens um 20 Uhr Schluss. Für viele Reisende hieß das, die Nacht auf dem Bahnhof oder in Notunterkünften zu verbringen, da die vorhandenen Hotels schnell ausgebucht waren.

Wieviele Reisende von dem eingestellten Zugverkehr betroffen waren, wird sich erst in einigen Tagen zeigen, wenn alle Bahnhöfe und Hotels ihre Zahlen gemeldet haben. Auf Schätzungen willsich die Bahn nicht einlassen. Bis wann der Zugverkehr wieder normal laufen wird, ist noch unklar. Die Bahn geht allerdings davon aus, dass es noch eine ganze Weile dauern wird, bis wieder alles ingeregelten Bahnen verläuft. Immerhin läuft der Regionalverkehr in den meisten Bundesländern wieder fast normal. Allerdings müssen sich die Reisenden hier auf Verspätungeneinstellen.

Auch auf den Flughäfen ging es bundesweit chaotisch zu. Reihenweise bliebenMaschinen am Boden. Heute Morgen läuft der Flugverkehr aber wieder normal. Vom Straßenverkehr kann dies noch nicht behauptet werden. Zur Stunde sind immer noch etliche Kreis undBundesstraßen wegen umgestürzter Bäume und Windbruchs gesperrt. In einigen Bundesländern fiel gestern für viele Schüler darüberhinaus die Schule aus.

Europaweit forderte der Sturm mindestens 29 Menschenleben. In Bayern wurde ein 18Monate altes Baby vor den Augen seiner Eltern von einer herumfliegenden Balkontüre erschlagen. Ein 73-Jähriger wurde von einem Scheunentor erdrückt. In Nordrein-Westfalen wurden vierMenschen von entwurzelten Bäumen erschlagen. Darunter waren auch zwei Feuerwehrleute im Einsatz. Mehrere zehntausende Haushalte waren mehrere Stunden lang ohne Strom. Ein ähnliches Bild botsich auch in anderen europäischen Ländern. Neben Deutschland war vor allem Großbritannien von dem Orkan betroffen. Hier starben mindestens zehn Menschen.

Experten bezeichneten die Abstimmung beim Katastrophenschutz als mangelhaft.„Es fehlt an bundesweit einheitlichen Regeln und an einem zentralen Überblick über Personal und Material“, sagte Willi Streitz, Mitarbeiter derKatastrophenforschungsstelle der Universität Kiel der „Berliner Zeitung“. Nach deutschem Recht fällt der Katastrophenschutz in die Zuständigkeit der einzelnenLänder. Weiten sich die Schäden jedoch über die Landesgrenzen hinweg aus, „wird das Problem der Koordinierung immer größer, weil niemand von seinenKompetenzen abrücken mag“, kritisierte Streitz. Er forderte bessere Regelungen um den Katastrophenschutz in Deutschland zentral zu koordinieren.

Quelle: Spiegel Online

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