Nah und doch so fern – Der Konflikt im Nahen Osten

RauteMusik versucht mit seiner neuen Kolumne einen Blick auf dieSchattenseiten der Medienberichte zu werfen. Was ist los im Nahen Osten? Wer kämpft gegen wen? Und vor allem: Warum das alles? Unser Redakteur MajorG hat sich dem Konflikt zugewandt.

Am Mittwoch eskalierte erneut die seit langem angespannte Lage im Nahen Osten. Nach dem Beschuss von Grenzstellungen der israelischen Armee und der Entführung zweier israelischer Soldaten durchdie Hisbollah, rückte Israel mit Truppen in den Libanon ein: „Unsere Flugzeuge, unsere Panzer und unsere Artillerie operieren auf libanesischem Gebiet“. Israelkämpft demnach an zwei Fronten. Im Süden mit der großen Militäroffensive, im Gazastreifen zur Rettung eines Soldaten und im Norden, die völlige Isolation des Libanon, welcheebenfalls als Rettungsversuch zweier entführter Soldaten gerechtfertigt wird.

Die letzten wirklichen Ausschreitungen mit dem Libanon liegen mittlerweile sechs Jahre zurück. Damals waren die Leichen von entführten Soldaten im Zuge eines von Europa organisierten Gefangenen- austausches nach Israel zurück gebracht worden.

Die Vorgeschichte:

Der Konflikt im existiert schon seit Jahrhunderten. Genauer gesagt: seit etwa 1300-1500 vor Christus, als hebräische Stämme nach ihrer Vertreibung aus Ägypten das von Kanaanitern besiedelte „Gelobte Land“ Palästina eroberten. Das erste feste Königreich bildeten die Israeliten (Israel: „Volk Gottes“) unter Saul um 1020 v. Chr. In den folgenden Jahrhunderten gab es viele Streitereien und Kriege. Das Volk Israels hatte stets gegen seine Unterdrückung und seine Vernichtung zu kämpfen.

Nach den Eroberungen der Kreuzfahrer kamen die Mamelucken und danach das Osmanische Reich (bis 1918). Damit manifestierte sich auch der muslimische Glaube in der Region und die Juden waren sozusagen die „einsame Insel im Meer“. Ebenso wie die Juden hegten auch die Araber die Hoffnung auf ein wiederkehrendes Großreich. Durch das gegenseitige Nationalbewusstsein der anderen sehen sich beide bedroht – ein Grund für den späteren israelisch- arabischen Konflikt. Von 1931 -1936 kam es dann zu Aufständen von Palästinensern gegen die englische Besatzungsmacht, die seit 1918 das Gebiet beanspruchte. Die englische Armee schlugen die Erhebungen mit jüdischer Hilfe nieder. 1947 billigte die UN-Vollversammlung die Teilung in einen arabischen und einen jüdischen Staat bei gleichzeitiger wirtschaftlicher Einheit und neutraler Stellung Jerusalems.

In den darauf folgenden Jahren kam es zu insgesamt vier Kriegen zwischen dem Staat Israel und seinen arabischen Nachbar. Trotz heftigen und andauernden Streitigkeiten um die geografische Aufteilung des Landes in Relation zur Bevölkerungszahl, konnte eine Art provisorischer Frieden geschaffen werden. Nach der Ermordung Rabins im Jahre 1995 kam der Friedensprozess jedoch wieder ins Stocken.
Der Ort des Konflikts:

Das ganze spielt sich, wie der Name schon sagt, im Nahen Osten ab. Der Nahe Osten umfasst im geographischen Sinne die Länder der arabischen Halbinsel sowie weitere angrenzende Staaten. Dazu zählen unter anderem folgende Länder:

Ägypten (Asiatischer Teil)
Bahrain
Irak,
Iran (teilweise)
Israel
Libanon,
Palästinensische Autonomiegebiete
Saudi-Arabien
Türkei
Syrien
Vereinigte Arabische Emirate.

Die rot-markierten Länder spielen im derzeitigen Konflikt allesamt eine mehr oder weniger große Rolle, sie könnten aber auch in den nächsten Tagen und Wochen noch eine Rolle zugeteilt bekommen. Die Länder in Grün sind Erdöl exportierende Länder. Dazu zählen auch die rot-unterstrichenen.


Wer kämpft gegen wen?


Momentan kämpft Israel an zwei Kriegsschauplätzen: Den Palästinensergebieten im Süden und dem Libanon im Norden. Beteiligt sind die Hamas (ihr radikaler Ausleger), die Hisbollah (die im Libanon eine legale Partei ist) und der Staat Israel. Des Weiteren mischen sich bereits andere Staaten in den Konflikt ein. Russland und Frankreich verurteilten die Angriffe Israels, die USA betonten Israels Recht auf Selbstverteidigung. Derzeit beraten sich Angela Merkel und US-Präsident Bush um das weitere, möglicherweise gemeinsamme, Vorgehen in diesem Konflikt abzustimmen.

Radikale Palästinensergruppen, allen voran die Hamas, entführten einen israelischen Soldaten. Daraufhin rückten israelische Truppen mit einer Großoffensive in den Gazastreifen ein. Die Hisbollah entführte ebenfalls zwei israelische Soldaten und griff Grenzstellungen mit Granaten und Raketen an. Israel antwortete mit dem Einmarsch in den Libanon und der nun beschlossenen See-, Land- und Luftblockade. Zudem griffen sie den Flughafen in Beirut und wichtige Verkehrswege an. Die Hisbollah reagierte mit Angriffen auf israelische Stellungen. Indes griffen Kampfflugzeuge der Israelis das palästinensische Außenministerium an.

Was ist passiert?

Die Lage im Nahen Osten wird fortgehend immer trister. Verschiedene Religionen und Kulturen kämpfen um Vorrechte und Freiheiten. Eine Gewaltspirale, die wenn dann nur von Dritten durchbrochen werden kann. Nach momentanen Meldung steht fest,

– dass Israel mit äußerster Härte auf die Entführung von drei Soldaten reagiert hat.
-dass Israel wichtige Verkehrswege im Libanon und den Flughafen der Stadt Beirut angegriffen hat.
– dass die Hisbollah Stellungen in Israel angreift, die zum Teil 20km hinter der Grenze liegen
– dass militante Palästinensergruppen einen Israelischen Soldaten entführt haben.

Warum das alles? Ein Essay:

Darauf habe ich keine eindeutige, aber eine subjektive Antwort. Ich kann wie so viele andere auch nur vermuten:

Israel hat sich komplett aus dem Gazastreifen zurückgezogen. Die Hamas und die Fatah haben erst vor wenigen Tagen Israel faktisch als Staat anerkannt. Es schien so, als ob ein Ende des Nahostkonfliktes in Aussicht sei. Und nun das. Ich denke, es hat viel mit den radikalen Gruppen zu tun. Manche „impfen“ ihre Kinder schon im kleinsten Alter mit Kampfslogans und Parolen. Ich bezweifle, dass Personen, die auf diese Art und Weise aufwachsen, überhaupt verstehen, was sie sagen und tun. Es wird ihnen die Ideologie von klein auf eingeprägt. Das Märtyrertum, der Hass auf die westliche Welt und auf Israel. Bei Versammlungen, die eher an Demonstrationen erinnern, wird dies noch verstärkt. Mit Ritualen werden die Männer auf den Kampf eingeschworen, der Hass wird geschürt. Vielleicht fallen einigen Parallelen zur europäischen Geschichte auf.

Man darf aber nicht nur die eine Seite betrachten. Auch Israel trägt seine Schuld am ewig andauernden Konflikt. Der asiatische Staat hat die mit Abstand am besten ausgerüstete und modernste Armee im Nahen Osten. Flugzeuge und Waffen aus den USA und Europa, Atom-U-Boote aus den USA und Panzer mitentwickelt von den Vereinigten Staaten. Israel hat schon in der Vergangenheit seine Überlegenheit auf militärischem Gebiet radikal ausgenutzt. Es wird weiterhin vermutet, dass Israel seit den 1960er Jahren Atomwaffen besitzt. Mit seiner umstrittenen Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten ist Israel oft kritisiert worden. Einige Organisationen bezeichneten dieses Siedlungen auch als Völkerrechtswidrig. Freunde konnte Israel mit seiner Politik jedenfalls nur sehr wenige gewinnen.

Und nun?

Im Nahen Osten ist ein weiteres großes Öl-Fass ins Rollen gekommen und bewegt sich stetig auf den noch immer schwelenden Großbrand zu. Es ist meiner Meinung nach nur noch eine Frage der Zeit, bis man diesen Konflikt als weiteren Krieg im Nahen Osten bezeichnen wird. Der immer noch andauernde Atomstreit mit dem Iran wird nicht gerade zu einer Entspannung der Lage beitragen. Ebenso wenig die anderen Länder des Nahen Ostens, in denen die westliche Welt, insbesondere die USA, große Interessen vertritt. Hauptsächlich wegen des Erdöls. Die schiitische Hisbollah hat sich auf Seite der sunnitischen Hamas geschlagen, um gegen Israel zu kämpfen. Damit werden nicht nur der Libanon sondern auch Syrien und der Iran noch stärker in den Konflikt hineingezogen. Sowohl die Hisbollah als auch die Hamas unterhalten zum Teil auf sehr hohen Ebenen Kontakt mit Syrien und dem Iran. Israel hat seit Beginn der Unruhen begonnen, tausende Reservisten einzuberufen. Israel stellt sich also auf einen langen Krieg ein. Im Libanon sind bereits tausende Menschen auf der Flucht vor israelischen Angriffen. Es bleibt zu hoffen, dass zumindest die Nato einen liberalen Kurs einschlagen wird.

Fakt ist, das sich der Nahe Osten in eine tickende Bombe gegen den Weltfrieden entwickelt hat. Es reicht aus, wenn eine der beteiligten Parteien einen Fehler macht oder sich eine andere Nation einmischt, weil sie ihre eigenen Interessen gefährdet sieht, und schon kann es passieren, dass das ganze Pulverfass mit der Aufschrift „Naher Osten“ mit nicht absehbaren Auswirkungen in die Luft fliegt. Einige kleinere Auswirkung werden wir in den nächsten Tagen zu spüren bekommen. So ist zum Beispiel der Ölpreis erneut auf einen neuen Rekordstand geklettert – ein etwas kleineres Übel…

Kommentieren