Chemiebaukasten Supermarkt – Vogelgrippe

Ein weiterer Teil der Kolumnenserie auf RauteMusik nimmt Stellung zu dem derzeitbrisanten Thema der Vogelgrippe. Hysterie oder berechtigte Sorge? Doch über allem thront die Frage nach der Zukunft unserer Lebensmittel.

Per Luftpost schwappt Europa einer neuen Hysteriewelle entgegen. Die städtischen Tauben werden zu potenziellen Kampfbombern. Ihre Fracht? Ein kleines weißes Häufchen, welches miteinem leisen „Pschtk“ neben uns auf dem Boden einschlägt. Das Szenario flüchtender Passanten, die sich mit Atemmasken und Regenschirmen gegen die neuartige Biowaffe schützen, ist kaumauszumalen. Der Weckruf aus dem benachbarten Hühnerstall als Fliegeralarm oder gar die Weihnachtsgans als Handgranate?

Aber halt! – Wir haben doch die Wahl. Die riesigen Discounter in der nächsten Großstadt halten ein ganzes Arsenal für uns bereit. BSE-Pakete und Antibiotikaschnitzel gestapelt nebengenmanipuliertem Gemüse und etwas stark verklebten Ölfischen. Oder auch die pestiziditverseuchten Bananen, welche durch ihre grüne Farbe und vier Tage Lkw-Fahrt nun wahrlichüberzeugen können.

Die Panik der Bevölkerung kennt keine Grenzen mehr. Obwohl der derzeit kursierende Virus für den Menschen so gut wie nicht ansteckend ist, stürzen sich Alte wie Junge RichtungPraxisgebühr. Untersuchungen haben ergeben, dass beim Erhitzen von Vogelfleisch das Virus abgetötet wird. Nur durch direkten Kontakt mit Vogelkot oder Blut eines erkrankten Vogels kann derErreger übertragen werden. Na, wer hat das nicht täglich?

Also ist alles pure Hysterie mit falschen Konsequenzen? Naja, eine Spritze vom Herrn Doktor ist doch auch was Feines, doch sollten die Experten recht behalten, dann mutiert unser friedlicher Freund“Influenza A Subtyp H5N1″ zu einem weitaus gefährlicheren und gegen hiesige Grippemittel immunen Virus. Ein Impfstoff gegen diesen neuen Erreger wäre laut Experten erst gegen 2007erreichbar.

Manche Untersuchungen ergaben sogar Parallelen zur Spanischen Grippe, welche zwischen 1918 und 1920 weltweit bis zu 50 Millionen Tote forderte. Eine grausige Zahl und dennoch ist sie weit am Zielvorbei geschossen. Die damalige Bevölkerung war vom ersten Weltkrieg ausgezehrt worden. Der Virus griff praktisch nur Haut und Knochen an, kein guter Vergleich. Unsere von Chickenwings undHähnchendöner gut durchgefütterte Gesellschaft wird doch gewappnet sein?

Sollten wir unser ganzes Vertrauen in die Wirtschaft, sowie in die Nahrungsindustrie setzen, wenn doch riesige Lebensmittelkonzerne seit ihrer Entstehung das Ziel verfolgen, schneller, günstigerund effizienter zu produzieren? Sie spielen mit den Bausteinen der Natur. Eine Revolte gegen die DNA steht uns bevor, doch eins gerät dabei ganz in Vergessenheit: Unser blauer Planet vergisstnicht. Jeder Schlag gegen unseren Ursprung drückt uns wenige Jahre später wie eine Kanonenkugel auf die Brust. Schweine mit Medikamenten, im wahrsten Sinne des Wortes, aufzupumpen oderTomaten eine zweite Haut anzuzüchten ist wahrlich keine Heldentat. Mit jedem Eingriff in die Natur schaffen wir neue Gefahrenherde.

Sollte dem kein Ende gesetzt werden, wird der Mensch als unangefochtener Spitzenreiter der Nahrungskette in naher Zukunft von einem winzigem Organismus, der mit blossem Auge nicht einmal zu erkennenist, gnadenlos dahingerrafft. „Pschtk“!

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