Berlin/Potsdam. Der Übertritt von rund 70 Berliner Anhängern des Rockerclubs „Bandidos MC“ zu den verfeindeten „Hells Angels“ ist am Mittwochabend in Potsdam besiegelt worden.
Der Präsident der „HellsAngels“ Deutschland, Frank H., sei dazu eigens in die brandenburgische Landeshauptstadt gekommen, erfuhr die Nachrichtenagentur ddp am Donnerstag aus Polizeikreisen. Beamte kontrollierten am Abend rund 70 Personen vor dem Klubhaus der Potsdamer „Hells Angels“ in der Innenstadt. Dabei wurden unter anderem Baseballschläger und Messer beschlagnahmt. Nach Angaben eines Berliner Polizeisprechers montierten die übergelaufenen Rocker am Donnerstag bereits neue Schilder an ihrem Klubheim in der Residenzstraße in Reinickendorf.
Das Überlaufen einer so großen Gruppe von Rockern zu einem konkurrierenden Club ist in der Szene sehr ungewöhnlich. „Das hat uns überrascht„, sagte ein Brandenburger Ermittler zu ddp. Die Hintergründe seien noch unklar. Es sei ungewöhnlich, dass sich Leute verbündeten, die sich bislang noch massiv bekämpft hätten. Der Spezialist erinnerte dabei an eine gewalttätige Auseinandersetzung zwischen „Bandidos“ und „Hells Angels“ im vergangenen Jahr in Finowfurt. Bei einem Rocker stecktehinterher eine Axt im Bein, ein anderer hatte ein Messer im Rücken.
Auch der Berliner Polizeisprecher sagte, der Übertritt eines ganzen Chapters zu einem bislang verfeindeten Club sei ungewöhnlich. Das habe es in Deutschland noch nie gegeben. Die Kräfteverhältnisse zwischen den Motorradgangs in der Hauptstadt würden sich damit verschieben. Zwar blieben die“Bandidos“ weiterhin die größere Gruppe, doch die „Hells Angels“ seien deutlich gestärkt. Ende 2008 zählten nach Polizeiangaben rund 240 Leute zu den Berliner „Bandidos„, während die „Hells Angels“ nur auf 70 Anhänger kamen. In der Vergangenheit war es in Berlin und Brandenburg wiederholt zu brutalen Auseinandersetzungen zwischen Mitgliedern verfeindeter Rockerclubs gekommen.
Bei den Konflikten geht es vor allem um die Vorherrschaft beim illegalen Handel mit Drogen und Waffen sowie um Prostitution. Folge des Übertritts eines ganzen Chapters könnten brutale Racheakte sein, wie die Polizeisprecher betonten. Es sei nicht ausgeschlossen, dass „Bandidos“ ihre ehemaligen Mitglieder angreifen. Die Polizei habe die Szene jedoch schon seit 2009 verstärkt unter Beobachtung, sagten die Ermittler beider Länder. Der Großteil der Rocker sei denBeamten bekannt.
Nach Informationen der Nachrichtenagentur ddp könnte der Übertritt eines ganzen Chapters mit dem Migrationshintergrund seiner Mitglieder zusammenhängen.“Bandidos“ hätten offenbar ein Problem mit Mitgliedern ausländischer Herkunft, hieß es in Ermittlerkreisen. In der Regel seien die Rocker national eingestellt und fühlten sich als „echte deutsche Männer„. Mitglieder beispielsweise mit türkischen Wurzeln würden daher bei vielen nicht gern gesehen. Ein führender „HellsAngel“ bestätigte dem „Tagesspiegel“ (Freitagausgabe) den Übertritt des Chapters und fügte hinzu: „Die Neuen werden aber Teil der Hells Angels Türkei sein.“
Die Brandenburger CDU forderte angesichts der zunehmenden Rivalitäten und kriminellen Aktivitäten ein Verbot der Rockerbanden. Der rechtspolitische Sprecher derLandtagsfraktion, Danny Eichelbaum, sagte: „Die Rockerkriminalität ist in weiten Teilen Brandenburgs ein grundsätzliches Problem und stellt eine Gefahr für die öffentlicheSicherheit und Ordnung dar.“ Rockerbanden gingen mit höchster Gewaltbereitschaft vor. Die Kommunen seien damit völlig überfordert. (ddp)
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