Anklage wegen Totschlags gegen Polizisten erhoben

Neuruppin (ddp-lbg). Über ein Jahr nach den tödlichenSchüssen eines Berliner Polizisten auf den mit Haftbefehl gesuchten Dennis J. im brandenburgischen Schönfließ hat die Staatsanwaltschaft Neuruppin Anklage erhoben. Dem Beamten wirdTotschlag zur Last gelegt, wie der Leitende Oberstaatsanwalt Gerd Schnittcher am Donnerstag mitteilte. Ihm wird vorgeworfen, J. bei einem Festnahmeversuch erschossen zu haben. Die beiden anderenbeteiligten Polizisten werden der versuchten Strafvereitelung im Amt beschuldigt. Sie sollen durch unwahre Angaben versucht haben, eine Bestrafung ihres Kollegen zu verhindern. Der Fall hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Der mehrfach vorbestrafte J. war am Abend des 31. Dezember 2008 in Schönfließ unweit der Berliner Stadtgrenze von drei BerlinerZivilbeamten wegen eines offenen Haftbefehls in seinem Fahrzeug gestellt worden. Als sich der 26-Jährige der Festnahme widersetzte, schoss einer der Polizisten durch die geschlosseneFensterscheibe des Wagens und traf den unbewaffneten Mann in die Brust. Die Ermittlungen hätten "einen Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund für das Töten" nichtergeben, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Es habe auch keine Notwehr vorgelegen. Vielmehr hätten die Ermittlungen den Verdacht "mit einer zur Anklageerhebung hinreichenden Sicherheiterhärtet", dass J. noch in der Parkbucht, bevor er losfahren wollte, in den Oberkörper geschossen worden sei. Für ein "privates Motiv" des Angeklagten hätten dieErmittlungen aber keine Anhaltspunkte ergeben. Die etwa 100-seitige Anklageschrift sollte am Donnerstag der Schwurgerichtskammer am Landgericht Neuruppin übergeben werden. Das Gericht muss dannentscheiden, ob es das Hauptverfahren eröffnet. Vorwürfe wegen der Ermittlungsdauer wies Schnittcher zurück. Die Ermittlungen seien "ganz erheblich dadurch erschwert"worden, dass die beiden Kollegen des Beamten, die nur wenige Meter entfernt standen, von den Schüssen nichts mitbekommen haben wollen oder Angaben machten, die dem Ablauf nicht entsprechenkönnen. Deshalb habe die Staatsanwaltschaft den Tatablauf durch Sachverständige nachstellen lassen. (ddp)

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