Das Urteil des Münchner Landgerichts gegen die beiden U-Bahn-Gewalttäter Enver und Rexhep K. fällt mehr als 13 Jahre nach ihrer Tat: Die beiden Cousins aus dem Kosovo müssen für sieben beziehungsweisefünf Jahre in Haft.
Die Vorsitzende Richterin Monika Köhler befindet die beiden großen Männer, die im Gerichtssaal selbstbewusst in die Fotokameras blicken, am Dienstag des gemeinschaftlichen versuchten Mordes an dem Schreiner Steffen K. für schuldig.
Als die beiden Männer im Sommer 1996 ihr damals 23-jähriges Opfer in einem Münchner U-Bahnhof fast tot prügelten, waren sie erst 18 Jahre alt – eine Tatsache, die nun zu den verhältnismäßig niedrigen Haftstrafen beiträgt, denn die heute 31 und 32 Jahre alten Männer werden nach dem Jugendstrafrecht verurteilt. Laut Köhler ist die „relativ glimpfliche Strafe auch dem Umstand zu verdanken, dass ein weiterer Mittäter zeitnah zur Tat nur zu drei Jahren Haft verurteilt wurde„. Driton I. war bereits im September1997 verurteilt worden, nachdem er sich selbst der Justiz gestellt hatte. Jedoch „ist die Kammer fest davon überzeugt, dass zumindest der Angeklagte Enver K. den Tod des Opfers wollte„, erläutert Köhler ihr Urteil.
Gemeinsam mit Driton I. hielten sich Enver und Rexhep K. damals im Münchner U-Bahnhof Heimeranplatz auf, I. rauchte. Als Steffen K. auf das Rauchverbot hinwies, holte I. zum Schlag aus, den K. zunächst noch abwehren konnte. Die beiden Cousins mischten sich daraufhin ein und prügelten K. „mit äußerster Brutalität“ nieder, wie die Richterin betont. Enver K. zog unvermittelt ein Messer und begann, auf den am Boden liegenden Steffen K. einzustechen: Insgesamt neun Mal traf K. sein Opfer – unter anderem in die Leber und in die Lunge. Ein tödlicher Stich ins Herz wurde nur durch eine Geldbörse in der Brusttasche des Opfers abgefangen. Schließlich stürzte Steffen K. ins Gleisbett – die drei Täter „flohen vom Tatort ohne sich weiter um das Opfer zu kümmern und in dem Bewusstsein, dass die Verletzungen tödlich sein konnten„, sagt Köhler.
Die Richterin schaut den beiden Angeklagten fest in die Augen, als sie erklärt, Steffen K. habe bis heute schwer unter den Folgen des Übergriffs zu leiden: „Nur durchmehrere Notoperationen konnte sein Leben gerettet werden. Sprechen, Gehen und Essen musste er wie ein Kleinkind neu erlernen.“ Seinen Schreinerberuf kann K. bis heute nicht wieder in Vollzeitausüben. Rexhep und Enver K. beharrten dennoch bis zum Ende der Verhandlung darauf, sie hätten sich lediglich gegen einen Angriff von Steffen K. gewehrt. Allerdings räumte Enver K. ein, er habe ein Messer geführt. Beide Täter entschuldigten sich ferner bei ihrem Opfer.
Dies und der Umstand, dass beide weder vor noch nach der Tat straffällig wurden, wertete die Richterin zugunsten der Angeklagten. Der Urteilsverkündung folgen die beiden Männer völlig regungslos und mit vor dem Bauch gefalteten Händen. Die Anwälte der Angeklagten wollten die Möglichkeit, in Revision zu gehen, am Dienstag noch nicht ausschließen. „Ob wir wirklich einen versuchten Mord vorliegen haben, müssen wir prüfen„, sagt Rechtsanwalt Richard Beyer im Anschluss an die Verhandlung.
Die bayerische Justizministerin Beate Merk (CSU) sieht in dem Urteil „ein wichtiges Signal der Jugendgerichtsbarkeit„. Sie lässt nach der Urteilsverkündung mitteilen, gewaltbereiten jungen Menschen müsse deutlich vor Augen geführt werden, „dass Staat und Gesellschaft rigoros auf derart massive Grenzüberschreitungen reagieren„. Erst im Juli 2008 waren vor der Jugendkammer des Münchner Landgerichts zwei junge Männer zu zwölf und achteinhalb Jahren Haft verurteilt worden, weil sie ebenfalls in einem U-Bahnhof einen pensionierten Lehrer brutal zusammengeschlagen hatten. Der Rentner hatte sie lediglich gebeten, das Rauchen in der U-Bahn zu unterlassen. (ddp/RauteMusik)
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