Straßenbau in China: Familie widersetzt sich!

In China fackelt man nicht lange, wenn neue Straßen gebaut werden sollen. Siedlungen werden einfach abgerissen. So auch in der Provinz Zhejiang – doch Entenfarmer Luo Baogen und seine Frau lassen sich nicht vertreiben.

Mitten auf der breiten Straße, eingekreist von frischem schwarzem Asphalt, steht ein vierstöckiges Haus – es ist das Haus von Luo Baogen und seiner Frau. Es sieht sehr mitgenommen aus. Eigentlich war es ein Reihenhaus, doch Nachbarn gibt es hier keine mehr. Sie sind verschwunden – platt gemacht für die nagelneue Ausfallstraße zum neuen Bahnhof am Stadtrand von Wengling in der chinesischen Provinz Zhejiang. Alle sind gewichen, nur Herr Luo nicht.

Luos Haus ist das neue Symbol des Widerstands von Hausbesitzern gegen kommunale Behörden, die ganze Viertel zugunsten von Entwicklungsprojekten dem Erdboden gleich machen und den Eigentümern nach deren Ansicht viel zu wenig Entschädigung anbieten.

Die Gebäude werden „Nagelhäuser“ genannt, weil sich ihre Besitzer nicht einfach „umnieten“ lassen. Bevor manche ihre Häuser verlassen, greifen sie eher zu drastischen Maßnahmen, zünden sich beispielsweise aus Protest an. Andere halten rund um die Uhr Wache, weil die Baufirmen nicht davor zurückschrecken, mit dem Hausabriss zu beginnen, wenn noch Menschen im Gebäude sind.

Entschädigung weit unter Baukosten

Im Fall Luo musste ein 1.600 Einwohner zählendes Dorf einfach weichen, weil das Gwerbegebiet eine Anbindung an den Bahnhof benötigte. 2007 wurden dafür Entschädigungen angeboten, die die meisten Familien annahmen – doch die Luos und ein paar andere wollen mehr. „Wir möchten ein neues Haus auf einem Doppelhausgrundstück mit einfacher Innenausstattung“, so der 67-Jährige.

Luo hatte sein Haus für rund 600.000 Yuan (75.000 Euro) gerade erst fertiggestellt, als die Behörden ihm für den Auszug die übliche Summe von 220.000 Yuan (27.000 Euro) boten. Er lehnte ab. Inzwischen ist die Offerte auf 260.000 Yuan (32.000 Euro) gestiegen. „Die Luos sind keine reichen Leute“, sagt Ortsvorsteher Chen und räumt ein, dass sie sich schlecht leisten können, mit ihrem Haus einen so hohen Verlust zu machen. „Aber Vorschrift ist Vorschrift.“

Die Straße zum Bahnhof ist jetzt fertig, doch nach wie vor steht das Haus der Luos wie eine Verkehrsinsel darauf – somit konnte sie für den Verkehr noch nicht freigegeben werden. Verwunderlich ist, dass das Haus der Familie immer noch steht, und eine Wasser- und Stromversorgung hat. Normal reagiert die Behörde nicht zimperlich, kappt die Versorgungsleitungen und reißt die Häuser samt Bewohner ab, wenn es sein muss.

Hoffnung auf Einigung

Der stellvertretende Ortsvorsteher Luo Xuehua, ein Vetter des Entenfarmers, hofft, dass sich Luo Baogen bald mit den Behörden einig wird. Seine Forderungen hält er aber für unrealistisch. „Wir können ihm einfach nicht geben, was er verlangt. Das ist unmöglich.“

Quelle: T-Online

Bild:
(c) Thomas Siepmann / Pixelio.de

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