Bundeskanzler Gerhard Schröder hat heute im Bundestag die Vertrauensfragegestellt und er hat sie, wie gewollt, verloren. Jetzt liegt es am BundespräsidentÃ’Â Horst Köhler in den kommenden 21 Tagen zu entscheiden, ob er den Bundestag auflöstund somit den Weg für Neuwahlen freimacht.
Das Ergebnis war eindeutig. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse verkündete, dass von insgesamt 595 abgegebenen Stimmen nur 151 mit „Ja“ (ich vertraue dem Kanzler) stimmten, 296 sprachen dem Kanzler das Misstrauen aus und der Rest von 148 Stimmen enthielt sich.
Großes Rätselraten gab es bislang um die Frage, wie der Bundeskanzler die Vertrauensfrage begründen wolle. Heute morgen lüftete Schröder das Geheimnis und gab an, dass er keine Legitimation mehr für seine Arbeit sehe. Er sprach davon, dass die Reformen, insbesondere die Agenda 2010, nicht beim Volk ankommen würden und dies zu empfindlichen Wahlniederlagen seiner Partei in den einzelnen Bundesländern geführt habe. Auch habe es seit der Vorstellung der Agenda 2010 immer wieder Streit unter den Parteien, und auch innerhalb der eigenen Koalition gegeben. Er selbst würde nach wie vor zu dieser notwendigen Reform stehen. Außerdem gab er an, dass der Bundesrat, der von der Union dominiert sei, zu einer „machtversessener Parteipolitik“ geworden sein. Er warf der Union vor, dass sie viele Reformen und Gesetzesbeschlüsse im Bundesrat aus parteitaktischen Gründen blockiere. Dies mache ein Regieren praktisch unmöglich. Weiterhin machte er darauf aufmerksam, dass die Rot-Grüne Koalition Reformen und Gesetze verabschiedet habe, an welche sich die CDU in den 90er Jahren nicht herangewagt hätten.
Angela Merkel (CDU), welche direkt nach Schröder sprach, zeigte Respekt vor Schröder und seiner Entscheidung Neuwahlen anzustreben. Zwar würden Teile seiner Reformen in die richtige Richtung gehe, aber wenn die Regierung einen „Zick-Zack-Kursâ⒬ fahre, würde das die Leute verunsichern und dem Land nicht gut tun. Sie zeige sich zuversichtlich, dass die Union die Neuwahlen gewinnen würde.
Auch SPD-Fraktionschef Franz Müntefering sprach einige Worte und machte deutlich was er von einer Unionsregierung hält. Wörtlich sagte er: „Mit Ihnen, Frau Merkel, wird es kalt in Deutschland„. Weiterhin sagte er, dass der Kanzler das Vertrauen der SPD-Fraktion habe und sie ihn weiterhin als Bundeskanzler wollten. Mit diesen Worten macht es der SPD-Chef dem Bundespräsident, der über die Auflösung des Bundestags entscheiden muss, nicht einfacher. Denn er machte deutlich, dass die Vertrauensfrage bewusst und gewollt negativ verlaufen war. Daher sehen Verfassungsrechtler die Chancen zu Neuwahlen zweigeteilt. Wahrscheinlich ist eine Klärung vor dem Bundesverfassungsgericht, denn der Abgeordnete Werner Schulz (Grüne) hatte wenige Minuten vor der Abstimmung nochmal sein Vorhaben bekräftigt vor das Bundesverfassungsfericht zu ziehen, falls Köhler den Bundestag auflösen sollte.
Quelle: N-TV Online