Review: Spirit Camera: Das verfluchte Tagebuch (3DS)

Einfach schockierend.

Nachdem „Spirit Camera“ bereits im Januar in Japan veröffentlicht wurde, dürfen nun auch europäische 3DS-Besitzer dem Rätsel des verfluchten Tagebuches auf den Grund gehen. Ob der Spuk-Simulator hält, was er verspricht, erfahrt ihr bei uns.

Obwohl zu keinem Zeitpunkt explizit darauf hingewiesen wird, ist „Spirit Camera“ ein Spin-off der Survival-Horror-Saga „Project Zero“. Wer allerdings ein klassisches Survival-Horror-Spiel erwartet, sollte sich auf einen Schock gefasst machen, der ausnahmsweise nicht durch heftigen Grusel verursacht wird. „Spirit Camera“ ist in erster Linie eine Demonstration der vielseitigen Features des Nintendo 3DS und legt als solche besonderen Fokus auf dessen Augmented Reality-Fähigkeiten.

Spirit Camera

Das Gameplay von „Spirit Camera“ dreht sich weniger ums Jagen von Geistern, als um eine Art interaktives Buch – im wahrsten Sinne des Wortes. Dem Spiel liegt nämlich das namensgebende verfluchte Tagebuch („Diary of Faces“) bei – ein dünnes Booklet, mit dem der 3DS via Augmented Reality-Feature interagiert. Der Nintendo-Handheld übernimmt dabei quasi die Rolle der aus „Project Zero“ bekannten „Camera Obscura“, mit der ihr Geister und unheimliche Erscheinungen wahrnehmen und exorzieren könnt, die dem bloßen Auge verborgen bleiben. Ihr müsst daher nicht nur gegen Geister kämpfen, die sich – zumindest virtuell – in eurer Umgebung breit machen, sondern auch kleine Puzzles lösen, um den Fluch des Tagebuchs zu brechen. Klingt interessant, nicht? Das dachte ich auch – bis ich schließlich zu spielen begann.

Ein Wort zur Güte: Am Hauptproblem von „Spirit Camera“ ist weniger das Spiel selbst schuld, sondern die Hardware. Die Kamera des 3DS ist nicht die beste, weshalb sie nur in einem stark ausgeleuchteten Raum gut funktioniert. Dies widerspricht jedoch dem Sinn der Sache – wie kann jemals irgendeine Art von Horror-Atmosphäre aufkommen, wenn man ausschließlich bei Tageslicht oder in der Nähe starker Lichtquellen zocken kann?

Spirit Camera

Mit dieser Erkenntnis im Hinterkopf finde ich es überraschend, dass „Spirit Camera“ auf dem 3DS überhaupt existiert. Horror-Games sollten möglichst in einem dunklen Raum mit Kopfhörern oder einem schönen Surround-System gezockt werden, was sie ohnehin nicht zum Primärobjekt der Begierde auf Handhelds macht, denn wer hat schon ideale Bedingungen für echten Grusel, während er oder sie unterwegs ist? Den Entwicklern von Tecmo schien das entweder nicht bewusst oder egal gewesen zu sein – in der Schule würde man sagen: Themenverfehlung.

Die grauenvolle Spielgrafik tut das ihre, um jedem noch so kläglichen Rest von Atmosphäre endgültig den Garaus zu machen. Abseits der hübschen Render-Sequenzen erwarten euch niedrig aufgelöste, detailarme Geister und einige optisch ähnlich unspektakuläre Grusel-Effekte. Die diesem Review beiliegenden Screenshots zeigen vermutlich bereits die schönsten Seiten des Spiels – mehr ist hier nicht drin. Zwar ist der 3DS kein Grafik-Gigant wie die PlayStation Vita, doch das kann in Anbetracht von Augenschmaus wie „Resident Evil: Revelations“ keine Entschuldigung für diesen Pixelbrei sein.

Spirit Camera

Doch selbst, wenn man bereit ist, über die technischen Differenzen von „Spirit Camera“ hinweg zu sehen, bietet das Spiel nichts, um einen bei der Stange zu halten. Da man sich nicht auf den Horror konzentrieren kann, wird schnell deutlich, wie dünn und verzichtbar die Handlung des Story-Modus ist. Dieser ist zudem irrsinnig kurz – nach etwa zwei Stunden ist der Spuk vorbei. Neben dem Story-Modus wartet „Spirit Camera“ noch mit einem Challenge- und einem Minispiele-Modus auf, deren Umfang aber ähnlich mager ist. Selbst 30 Euro als unverbindliche Preisempfehlung sind dafür noch gesalzen.

Fazit, Sebastian Meinke

Spirit Camera ist ein interessantes Experiment, das leider ziemlich schief gegangen ist. Da im 3DS nun einmal keine Top-of-the-Line-Hardware verbaut ist, sind die Spielereien mit der Augmented Reality alles andere als präzise und verlangen zudem einen sehr hohen Grad an Beleuchtung, was jedwede Grusel-Atmosphäre im Kern erstickt. Den Ansatz würde ich jedoch nicht als völligen Fehlschlag abtun – mit ein wenig technischer Evolution hat das Konzept der Verschmelzung von Realität und Virtualität durch Konzepte wie Augmented Reality zukünftig durchaus Potenzial. Im hier und jetzt kann ich zu „Spirit Camera“ jedoch nur eine Empfehlung abgeben: Finger weg!

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