Review: Metal Gear Solid HD Collection (Vita)

Snake on the Go

Mit ein paar Monaten Verspätung gesellt sich die „Metal Gear Solid HD Collection“ nun auch zum Line-Up von Sonys bisher recht vernachlässigter Handheld-Hoffnung – zwar ohne „Peace Walker“, aber mit altbewährten Stärken und neuer Touchscreen-Steuerung. Zeit, eure Vita zu entstauben.

Ein Hinweis zu Beginn: Wer etwas über Story und Gameplay der in dieser Sammlung enthaltenen Spiele erfahren möchte, sollte mein PS3-Review der „Metal Gear Solid HD Collection“ lesen. Da es keinen Sinn hat, mich zu wiederholen, gehe ich in diesem Review nicht näher darauf ein.

Was ist drin?

In meinen Augen ist „Metal Gear Solid 3“ eines der besten Spiele der letzten Konsolen-Generation und der bislang innovativste Teil der Saga. Umso schmerzhafter war die Erkenntnis, dass die vergangenen März erschienene 3DS-Portierung hinsichtlich Gameplay weitgehend an „Metal Gear Solid: Peace Walker“ angepasst wurde – der für mich größten Enttäuschung des Jahres 2010. Das gleiche Interface, die selbe Über-die-Schulter-Zielmechanik – nichts davon hat das Spiel „ruiniert“, aber die Spielerfahrung war nicht mehr die selbe. Glücklicherweise wurde die Vita-Version von Metal Gear Solid 3 so belassen, wie das Spiel auf der PS2 ursprünglich war – ihr bekommt das unverfälsche Original. Wie auf den beiden HD-Konsolen liegen außerdem die Boni der erweiterten „Subsistance“-Fassung bei – „Metal Gear“ und „Metal Gear 2: Solid Snake“ inklusive.

Metal Gear Solid HD Collection (Vita)

Ebenfalls mit Boni ausgestattet wurde „Metal Gear Solid 2“, das mit über 300 VR-Missionen und den fünf Mini-Stories „Snake Tales“ aufwartet.

In der Einleitung machte ich bereits darauf aufmerksam, dass „Metal Gear Solid: Peace Walker“ in dieser Sammlung fehlt. Der wahrscheinlichste Grund dafür ist, dass „Peace Walker“ als PSP Classic im PlayStation Store zu haben ist – allerdings ohne optisches Makeover, ohne Trophies, sondern lediglich als emulierte PSP-Version. Konami hätte sich selbst ins Bein geschossen, wäre eine verbesserte Version von „Peace Walker“ auf die Vita gekommen, denn wer kauft schon ein hochgerechnetes PSP-Spiel für die Wucherpreise, die dafür verlangt werden, wenn er eine schillernde HD-Portierung haben kann? Also kein „Peace Walker“. Für mich kein Verlust, da ich es schon auf den Konsolen nicht gebraucht hätte. Dubios finde ich allerdings, dass die HD Collection auf der Vita zum gleichen Preis wie ihr Pendant für die aktuellen Konsolen in den Handel kommt, obwohl ein ganzes Spiel fehlt.

Metal Gear Solid HD Collection (Vita)

Was ist dran?

Leider ist die „Metal Gear Solid HD Collection“ auf der Vita aus technischer Sicht nicht annähernd so brillant, wie sie es auf PS3 und Xbox 360 war. Am Negativsten sind mir die Ladezeiten aufgefallen: Nach jeder Cutscene dürft ihr erst einmal zwei bis drei Sekunden einen schwarzen Bildschirm anstarren, ehe es weitergeht. Auch die Ladezeiten zwischen Levelabschnitten sind spürbar länger als auf den aktuellen Konsolen. Umso unverständlicher ist, dass die Qualität etlicher Texturen stark heruntergesampelt wurde. Wie Eurogamer feststellte, ist die „HD Collection“ in keinster Weise „High Definition“, da sich ihre native Auflösung sogar unter dem für Vita-Spiele üblichen Niveau von 960×544 bewegt. Was genau muss also so lange geladen werden? Durch das Hochrechnen der Auflösung liegt außerdem stets eine subtile Unschärfe über dem Bild, was besonders in den VR-Missionen von „Metal Gear Solid 2“ zum Ausdruck kommt. Zusätzlich zu einer schwächeren und im Vergleich zu den Konsolen-Fassungen generell kontrastärmeren Optik machen sich hin und wieder Grafik-Fehler wie flimmernde Texturen bemerkbar, die es nicht einmal in den PS2-Originalen gab.

Metal Gear Solid HD Collection (Vita)

Was mir außerdem auffiel: Die HD Collection scheint der Vita äußerst viel Performance abzuverlangen. Während ich zirka vier Stunden lang durchgehend „Uncharted: Golden Abyss“ spielen kann, ehe mein Akku leer ist – ein aktueller, nativ für die Vita entwickelter Titel, der grafisch alles in den Schatten stellt, was derzeit auf mobilen Plattformen zu haben ist – gibt die Batterie bei Konamis Schleich-Abenteuer schon nach ungefähr drei Stunden den Geist auf – ein weiteres Indiz für die Lieblosigkeit dieser Portierung.

Metal Gear Solid HD Collection (Vita)

Die teils fragwürdige Integration der Vita-eigenen Features unterstreicht diesen Eindruck zusätzlich. In Ermangelung von L2- und R2-Buttons verläuft die Item-Auswahl auf dem Handheld über den Touchscreen. Das funktioniert theoretisch gut, allerdings wurden die Icons in „Metal Gear Solid 3“ durch winzigen Text ersetzt, der in der Hitze des Gefechts einfach nicht zielsicher genug klickbar ist. Habt ihr beispielsweise große Hände, müsst ihr penibel darauf achten, das richtige Item auszuwählen und nicht etwa den Schirm einen Millimeter darüber anzutippen. In „Metal Gear Solid 2“ ist das Item-Menüs zwar auch textbasiert, allerdings wurden die Gegenstände dort in Kategorien sortiert (z.B. Pistolen, Rifles, Granaten, …), sodass man lediglich die Kategorie öffnen und anschließend das richtige Icon antippen muss, was merklich angenehmer von der Hand geht. Trotzdem kann der Touchscreen keine L2- und R2-Buttons ersetzen. Gerade während der VR-Missionen von Teil zwei, die nicht selten im Rahmen eines gnadenlosen Zeitlimits laufen, kostet euch der Itemwechsel über den Touchscreen oft wertvolle Sekunden, da ihr den Finger nicht zugleich am Schirm und auf dem Analogstick bzw. anderen Buttons haben könnt.

Metal Gear Solid HD Collection (Vita)

Mir ist darüber hinaus unverständlich, wie hakelig der Blick um Ecken gelöst wurde. Ihr seht automatisch um die Ecke, sobald ihr euch an eine Wand lehnt und den linken Stick in Richtung einer Ecke drückt. Schön und gut – würde euer Held auch wieder damit aufhören. Seid ihr einmal an einer Ecke, kann es durchaus passieren, dass ihr aus dem Prozess des um-die-Ecke-Schauens nicht mehr herauskommt und förmlich an Ecken „kleben“ bleibt. Die einzige Lösung ist in dem Moment das Loslassen des Sticks, um euch nicht länger an die Wand zu lehnen – was in kritischen Situationen wiederum zu einer Entdeckung durch den Feind führen kann.

Wieso wurde das Bewegen an einer Wand nicht wie das Klettern in „Uncharted: Golden Abyss“ realisiert? Mit dem Finger wischt ihr an der Wand entlang, euer Charakter folgt. Ganz einfach. Wurde aber leider nicht so umgesetzt. Stattdessen wurden etliche Aktionen durch Touchscreen und Touchpad unnötig verkompliziert. So braucht ihr in „Metal Gear Solid 2“ zwei Finger (z.B. die Zeigefinger beider Hände), um euch durch Wischen auf dem Touchpad aus dem Stand nach links oder rechts zu lehnen oder euch auf die Zehenspitzen zu stellen. In „Metal Gear Solid 3“ wird das Touchpad sogar dazu verwendet, Gegnern die Kehle durchzuschneiden, was vielleicht in einem von zehn Fällen funktioniert. Bequem geht anders.

Metal Gear Solid HD Collection (Vita)

Darüber hinaus gibt es wenig zu meckern. Besitzer der „Metal Gear Solid HD Collection“ für PS3 können sich über ein Transferring-Feature freuen, mit dem sie ihre Spielstände von der Heimkonsole auf die Vita übertragen und dort an der Stelle weiterspielen können, an der sie daheim aufgehört haben. Ein abschließender Hinweis für Trophäenjäger: Die „Metal Gear Solid HD Collection“ hat auf der Vita von der PS3-Version unabhängige Trophäen – ihr könnt somit sämtliche Trophäen erneut erspielen.

Fazit, Sebastian Meinke

Als das erste „Metal Gear Solid“ vor ein paar Jahren als Download für PS3 und PSP erschien, war ich trotz sontigem Spielemangel auf der PSP wunschlos glücklich. „Metal Gear Solid“ on the Go – ein richtiges „Metal Gear“-Abenteuer, keine halbgare Abspeise. Ich habe „Metal Gear Solid“ auf meiner PSP sicher mehr als zehnmal durchgespielt, während ich von „Portable Ops“ oder „Peace Walker“ schon nach dem ersten Durchgang genug hatte (von den „Acid“-Spin-offs will ich gar nicht reden). Die „Metal Gear“-Teile auf den Konsolen sind einfach nicht eine, sondern zwei Klassen besser als die auf Kurzweil ausgerichteten Handheld-Ableger.

Aus dem gleichen Grund liebe ich die „Metal Gear Solid HD Collection“ für unterwegs und bin bereit, ihre technischen Schwächen weitgehend zu verzeihen. Trotz aller Mängel bekommt man hier zwei grandiose Klassiker (vier, wenn man die beiden „Metal Gear“-Teile dazu zählt) geboten, deren Umfang für rund 50 Stunden puren Spielspaß sorgt. Gerade angesichts des derzeitigen Spiele-Katalogs der Vita ist die „Metal Gear Solid HD Collection“ die sprichwörtliche Oase in der Software-Wüste. Serien-Neulinge, die im Besitz einer der beiden HD-Konsolen sind, sollten die „Metal Gear“-Erfahrung lieber zuerst auf dem großen Schirm genießen; für Fans ist die HD Collection aber ein wahres Fest der Freude.

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