Nie wieder sollte eine deutsche Armee existieren. Nie wieder sollte eine deutsche Armee einen Angriff ausführen – so war sich jede Siegermacht einig, als nach sechsjährigem Weltenbrand am 7.-9. Mai 1945 die bedingungslose Kapitulation Nazi-Deutschlands unterzeichnet wurde. Heute, 67 Jahre später, stehen deutsche Bundeswehrsoldaten 5.000 Kilometer von der Heimat entfernt in Afghanistan, in einem schier endlosen und vielleicht auch sinnlosen Krieg.
Hölle Afghanistan
Eigensinnig und unvorhersehbar wie historische Entwicklungen sind, hätte niemand vor einem Jahrzehnt an einen Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan gedacht. Die Anschläge des 11. Septembers aber gaben der Geschichte neue Koordinaten und veränderten die weltpolitische Lage drastisch. Zwar führte die Intervention von Nato-Truppen – angeführt von den Amerikanern – zum Sturz der Talibanregierung, aber keinesfalls zu dauerhaftem Frieden.
Der offene Kampf mit einem Feind, den man sieht, scheint in Afghanistan so makaber es auch klingt, als Luxus. Denn seit der Intervention der Nato führen die Taliban und weitere radikal-islamistische Gruppierungen, wie die Al-Qaida, einen bis heute andauernden Guerillakrieg gegen die ausländischen Truppen. Afghanistan ist damit nicht nur für die Amerikaner physisch und psychisch ein zweites Vietnam geworden. Jeder Soldat ist jede Sekunde größtem seelischen Druck ausgeliefert. Dass selbst normale Familienmenschen irgendwann unter diesem Druck brechen, zeigt der blutige Amoklauf eines US-Soldaten im März dieses Jahres, dem 16 afghanische Zivilisten, darunter auch Frauen und Kinder, zum Opfer gefallen waren. Die Tatsache, dass die afghanische Zivilbevölkerung und die stationierten Truppen gleichermaßen in diesem Krieg, der vielmehr einem stetigen Abnutzungsprozess gleicht, stark in Mitleidenschaft gezogen werden, lässt die Frage aufkommen: Macht eine Fortführung des verlustreichen Kampfes überhaupt noch Sinn oder wirft er nur noch mehr Funken in das Pulverfass „Naher Osten“?
Noch nie hatte es eine Macht geschafft, Afghanistan vollständig zu besetzen. Nicht die Perser, nicht die Griechen, nicht das Britische Empire, nicht die Sowjets und auch nicht die Amerikaner. Die Vorstellung, dass eine kleine, kaum spezialisierte und als Inbegriff der Vernachlässigung geltende Institution der Bundeswehr an der derzeitigen Lage Afghanistan etwas ändern könne, scheint daher als politische und militärische Utopie.
Laut des Ex-Generalinspekteurs der deutschen Bundeswehr Harald Kujat sei der Einsatz der Bundeswehr im Krisenherd Afghanistan, gemessen an den westlichen Zielen, gescheitert. Den Kampf der deutschen Soldaten bezeichnet er als “ziemlich, tragische Geschichte“.
“Wir haben genug Opfer gebracht und genug geleistet. Und wenn man nicht willkommen ist, dann geht man irgendwann. Ich habe nichts gegen einen früheren Abzug“, so Kujat.
Die Regierung in Berlin hält weiterhin an dem strikten, mit der internationalen Staatengemeinschaft vereinbarten Termin 2014, fest. Bis heute sind während des gesamten Einsatzes der Bundeswehr in Afghanistan 53 deutsche Soldaten ums Leben gekommen und mit Sicherheit wird sich diese traurige Bilanz bis zum endgültigen Abzug noch nach oben korrigieren.
Für mich stellt sich die Frage: “Was haben deutsche Soldaten in einem, meiner Meinung nach amerikanischen Rachefeldzug gegen den Nahen Osten, verloren?“ Keine Frage, Deutschland hat eine historische Pflicht abzuleisten, aber meines Erachtens geschieht diese bereits in starker, wirtschaftlicher Stützung der EU, humanitären Hilfen sowie weiteren friedenserhaltenden Maßnahmen auf dem gesamten Erdball. Auch macht sich Deutschland durch seine Einmischung in den Nah-Ost-Konflikt zur Zielscheibe des internationalen Terrorismus, wie islamistische Drohungen und vereitelte Anschläge bereits gezeigt haben. Es erscheint mir daher schleierhaft, warum sich Deutschland als Stiefellecker der USA geben muss und dadurch seine ohnehin wenigen, jungen Menschen in einem Konflikt verheizt, mit dem es nichts zu tun hat. Das sture Festhalten am Abzugstermin 2014 der deutschen Regierung wirkt auf mich verantwortungslos gegenüber den deutschen Soldaten, denn vielleicht stehen diese bereits jetzt schon in Afghanistan auf verlorenem Posten.
Quellen: Spiegel Online | IRIB | Wikipedia [1] [2]
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