Review: Resident Evil: Operation Raccoon City (PS3)

Schlimmer als jede Zombie-Apokalypse

Es ist kein Geheimnis: Seit sich „Resident Evil“ das Wort „ÄKTSCHN“ dick auf die Fahnen geschrieben hat, befindet die Serie aus meiner Sicht in einem konstanten Sinkflug. Ob der neue Team-Shooter aus dem Hause Slant Six Games die Ausnahme von der Regel darstellt, verraten euch die folgenden Zeilen.

In „Resident Evil: Operation Raccoon City“ geht die kommerzielle Ausschlachtung des beliebten Raccoon City-Szenarios weiter: Parallel zu den Ereignissen des zweiten und dritten Serien-Teils kämpft ihr als Mitglied von Wolfpack, einer paramilitärischen Spezialeinheit der diabolischen Umbrella Corporation, ums nackte Überleben. Ihr besucht bekannte Schauplätze, zankt euch mit bekannten Monstern und trachtet bekannten Charakteren aus der klassischen Trilogie nach dem Leben. Und das kooperativ.

Bevor es losgeht, müsst ihr euch für einen Umbrella-Söldner entscheiden. Jeder der farblosen Charaktere repräsentiert eine von sechs Klassen, die sich hinsichtlich Spezialfähigkeiten unterscheiden, ansonsten aber völlig gleich spielen. In einem Viererteam müsst ihr euren Kameraden den Rücken freihalten, um den Horror von Raccon City gemeinsam zu überleben. In jeder Mission erhaltet ihr zudem Erfahrungspunkte, mit denen ihr bessere Waffen erwerben und die Talente eurer Klasse erweitern oder verbessern könnt. Klingt auf dem Papier doch super, oder?

Konzept contra Realität

Leider wird das vielversprechende Grundkonzept in der Praxis von seiner schlichtweg unterirdischen Umsetzung eingeholt.

Vier Spieler kämpfen mit Teamwork gegen Horden von Zombies – kommt das irgendwem bekannt vor? Obwohl „Operation Raccoon City“ ein Third-Person-Shooter ist, kann es sich den Vergleich mit „Left 4 Dead“ nicht ersparen, dessen hoher Standard aber nicht annähernd erreicht wird. Dies liegt vor allem am völligen Fehlen des geliebt-gehassten AI Directors, der in Valves genialer Shooter-Franchise die Untoten meist genau dann auf euch losließ, wenn ihr sie am wenigsten brauchen konntet. Eine tolle Technologie, die dafür sorgte, dass keine Partie der anderen glich und die Spannung konstant hoch blieb. Solche Augenblicke sucht man in „Operation Raccoon City“ vergebens.

Resident Evil: Operation Raccoon City
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Die meisten „epischen“ Action-Szenen der monotonen und dadurch teilweise sehr zähen Missionen sind gescriptet, die Geschehnisse laufen somit stets nach Schema F ab. Halb so wild – ist man mit schweren Maschinengewehren oder Sprengstoff bewaffnet, wirken Zombies ohnehin gleich viel weniger bedrohlich. Dies scheint auch Slant Six Games klar gewesen zu sein, weshalb sie zwei äußerst fragwürdige Design-Entscheidungen getroffen haben.

Fission Mailed?

Zum einen gibt es bei Gegnern so gut wie kein Treffer-Feedback. Heranstürmende Monster werden durch Beschuss weder verlangsamt, noch zurückgeworfen oder gar gestoppt. Zugegeben, auch in „Left 4 Dead“ zeigten sich eure monströsen Feinde vom eingehenden Kugelhagel weitgehend unbeeindruckt, allerdings hielten dort normale Zombies auch merklich weniger aus. Die Kreaturen in Raccoon City sind aber nicht nur tough, sondern auch zahlreich. Wenn euch zum wiederholten Male dutzende Licker einkreisen, werdet auch ihr schnell die Lust an der aktuellen Mission verlieren.

Resident Evil: Operation Raccoon City
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Zum anderen könnt ihr, wie in „Resident Evil: Outbreak“ (dem ersten kooperativen Gehversuch der Franchise), diesmal auch selbst mit dem T-Virus infiziert werden, was in einer Stadt voll untoter Monster nicht besonders schwer ist. Steckt ihr euch an, erhält euer Bildschirm einen bläulichen Schleier, ihr könnt nicht mehr laufen und verliert zunehmend Lebensenergie, bis ihr sterbt, zu einem Crimson Head (einer stärkeren Variante des normalen Zombie) mutiert und eure ehemaligen Kollegen attackiert. Eine interessante Idee, wäre sie nicht völlig ohne Konsequenzen: Ist eines eurer Team-Mitglieder infiziert, schießt ihr es einfach über den Haufen, ehe es sich verwandelt. Euer Freund wird dadurch nicht getötet, sondern geht bloß zu Boden – helft ihm auf und er erhält nicht nur die Hälfte seiner Lebenskraft zurück, sondern ist die lästige Infektion obendrein los. Alles easy. Alles, außer das eigentliche Spiel.

Der Schwierigkeitsgrad von „Operation Raccoon City“ ist unausgeglichen und die Missionen sind stellenweise äußerst unfair. Vor allem im Singleplayer fällt auf, dass die meisten Gegner primär euch angreifen und den Rest eures Teams einfach ignorieren. Verständlich, schließlich ist der menschliche Spieler faktisch die einzige echte Gefahr für sie.

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Der „optionale“ Coop-Zwang

Findet ihr keinen tauglichen Coop-Partner, braucht ihr „Operation Raccoon City“ gar nicht erst anzufangen. In seiner jetzigen Form – ich übe mich an der Stelle als Optimist und prognostiziere mehrere Patches – ist „Resident Evil: Operation Raccoon City“ alleine nämlich beinahe unspielbar.

Dies liegt primär an einer KI, die den Namen nicht verdient und so grottig ist, wie ich es seit vielen Jahren nicht erlebt habe. Abgesehen davon, dass eure drei KI-Partner absolut nichts treffen und bereitwillig Gemeinheiten wie Sprengfallen auf den Leim gehen, werdet ihr von ihnen fast nie geheilt – nicht, weil sie euch nicht helfen wollen, sondern, weil sie ihr First-Aid-Spray schon bei der kleinsten Verletzung zücken und später, wenn es richtig haarig wird, keines haben. Da die KI zudem eine äußerst morbide Ader hat – heißt, mit Leidenschaft in ihr Verderben stürmt – fühlt sich „Resident Evil: Operation Raccoon City“ im Singleplayer tatsächlich so an, als würdet ihr alleine spielen, da euer Team mehr Zeit mit Sterben als mit Kämpfen zubringt.

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All das ist schade, denn viele Ideen von „Operation Raccoon City“ hätten wirklich Spaß machen können, wäre das umliegende Spiel ordentlich konzipiert und umgesetzt worden.

Auch technisch ist „Operation Raccoon City“ dürftig. Statt Capcoms potenten Grafikmotor MT Framework zu nutzen, entschieden sich die Entwickler für ihre eigene Hexagon-Engine, die aber nicht annähernd vergleichbare Ergebnisse produziert. Trotz der veralteten Grafik leidet die vorliegende PS3-Version stellenweise unter deutlichem Tearing, auch regelmäßige Ruckler stellen sich im Laufe des Spiels ein. Die Match-Making-Funktion des Spiels braucht ewig und ist, vom Komfort her, ein schlechter Witz. Auf der PS3 könnt ihr „Operation Raccoon City“ ohnehin vergessen, wenn ihr nicht mit Freunden oder Bekannten eine Session vereinbart, denn auch sechs Jahre nach Release der Konsole verfügen immer noch gefühlt maximal ein Prozent ihrer Besitzer über ein Headset, was bei teambasierten Spielen wie diesem ein Todesurteil ist, ehe ihr Raccoon City überhaupt betreten habt.

Fazit, Sebastian Meinke

Die Bezeichnung „Müll“ wäre für „Resident Evil: Operation Raccoon City“ noch ein Kompliment. Ob Technik, Atmosphäre oder Spielspaß – bei diesem Machwerk stimmt absolut nichts. Wie Capcom zulassen konnte, dass ein externer Entwickler mit einem großen Namen wie „Resident Evil“ solches Schindluder treibt, ist mir ein Rätsel. Wie bei infektiösen Zombies gilt auch bei diesem Spiel: Unbedingt Abstand halten!

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