Schon in der Vergangenheit gab es immer wieder internationale Streitigkeiten in Hinblick auf das Atomprogramm des Iran. Nun hat die EU Schritte gegen den Iran und dessen Wirtschaft vereinbart, welche ihn zurück an den Verhandlungstisch bringen sollen.
Schwächung der iranischen Wirtschaft
Die Europäische Union hat sich am 23. Januar zu Sanktionen gegen den Iran durchgerungen, welche den Öl-Handel zwischen diesem und den EU-Mitgliedsstaaten zum 1. Juni 2012 beenden sollen. Damit würde dem Iran eine erhebliche Schwächung der Wirtschaft bevorstehen, denn 20 Prozent des Öl-Exports, sprich 450.000 Barrel Öl, fließen in die EU – und das täglich. Experten befürchten nun jedoch Sanktionen gegen das Volk, anstatt gegen die Regierung. Denn mit der Schwächung dieses wichtigen Sektors, steigt nicht nur die Arbeitslosenquote und die Inflationsrate, sondern auch Korruption und Schmuggel. „Je mehr Druck die USA und die Europäer auf Iran machen, desto größer wird die Geschlossenheit im iranischen Volk“, so Albert Stahel von der Universität Zürich.
Aber auch Finanzinstitute geraten in das Visier der Sanktionen. Die Blockade der iranischen Zentralbank CBI und das Einfrieren ihres Vermögens werden von Notenbankchef Mahmoud Bahmani als „regelrechter Krieg“ aufgefasst.
Die Frage ist, ob sich Präsident Mahmud Ahmadinedschad davon beeindrucken lassen wird, denn seine Einstellung war in der Vergangenheit alles, nur nicht kooperativ. Von dem Atomprogramm will die Regierung nicht ablassen, sie sieht es sogar als ihr Recht an, Atomwaffen zu besitzen. Anstatt von Verhandlungen zu sprechen, droht Teheran mit der Sperrung der Straße von Hormus, eine der wichtigsten Meerengen, über die täglich 17 Millionen Barrel Öl, 20 Prozent des Weltangebotes, transportiert werden.
Die Straße von Hormus
Welche Folgen hat das Embargo für den Westen?
Die Ölpreise blieben nach der Entscheidung für das Ölembargo relativ stabil. Von einer unbedingten Erhöhung des Ölpreises sei nicht auszugehen, so Rohstoff-Experte Carsten Fritsch, da Libyen als Öllieferant von weitaus größerer Bedeutung ist. Hinzu kommt dass die Einfuhren von iranischem Öl in die Europäische Union nur 4,4 Prozent betrugen.
Der am meisten betroffene Mitgliedstaat ist neben Spanien und Italien vor allem Griechenland, der 34,2 Prozent seines Öls aus dem Iran importierte, was unter anderem damit zusammenhängt, dass der Iran Griechenland „großzügige Zahlungsziele“ gewährt.
Übergreifen auf die USA
Das Thema „Iran“ ist in den Vereinigten Staaten zu einem regelrechten Wahlkampfthema geworden. Vor allem das Lager der Republikaner wettert gegen den Iran, wie beispielsweise Mitt Romney: „Wenn ihr mich zum Präsidenten wählt, wird Iran keine Atomwaffen haben“. Sein Konkurrent Newt Gingrich sprach sogar von militärischen Mitteln gegen den Iran, in Form von Bombardierung iranischer Nuklearanlagen. Rick Santorum, der dritte im Bunde, setzt dem Ganzen die Krone auf, denn er will jeden für Teheran nützlichen Atomwissenschaftler, „wie ein Mitglied der Al-Qaida“ behandeln.
Neben dem Kampf um die Präsidentschaftskandidatur, bezog Außenminister Leon Panetta Stellung: Falls der Iran Schifffahrtswege blockieren sollte, oder Nuklearwaffen entwickelt, so seien „rote Linien“ überschritten, was eine Reaktion der USA zu Folge hätte.
Schon jetzt setzen die Vereinigten Staaten ein Zeichen, indem sie zwei Flugzeugträger mit insgesamt 180 Flugzeugen im Persischen Golf stationierten. Aber auch Frankreich und Großbritannien zeigen in der Straße von Hormus Präsenz.
Gefahr eines militärischen Konfliktes
Auf die Frage, ob ein Krieg wahrscheinlicher geworden ist, spalten sich die Meinungen der Experten. Albert Stahel beurteilt die Situation als ein „Hineinschlittern in eine kriegerische Phase“, eine militärische Auseinandersetzung sei jedoch „nicht zwangsläufig“. Aus dem US-Außenministerium kommen jedoch auch Hoffnungen auf eine diplomatische Einigung mittels „kreativer Lösungen„, wie einer „regionalen Nuklearbrennstoffbank“. Das Problem besteht nämlich darin, dass man in Teheran davon ausgeht, dass die USA einen Regimewechsel anstrebe, und die iranischen Worte „eher als Abschreckungsversuche denn als Provokationen“ aufzufassen sind, so Anne-Marie Slaughter aus dem US-Außenministerium. Matthew Kroenig, ein Nuklearexperte aus den USA, sieht das wiederum anders: Ein behutsam ausgeführte Militärschlag erspare der „Region und der Welt eine sehr reale Bedrohung“.
Ein Ausblick
Zum ersten Mal packen die westlichen Mächte den Iran an seiner Schwachstelle – an der Ölindustrie. Das Verhalten des Iran ist schon seit langem nicht mehr für die EU und die USA tolerierbar. Ahmadinedschad, der sich selbst als Opfer einer westlichen Verschwörung tituliert, stellt sich engstirnig gegen jede Forderung der Länder dieser Welt, droht und versucht, als Hardliner zu wirken. Das Öl-Embargo hat jedoch auch seine Nachteile: Gerade das westliche Feindbild könnte durch die Schwächung der Wirtschaft verstärkt werden, was wiederum dem iranischen Volk zur Last fallen würde. Aber auch der militärische Konflikt steht nicht außer Frage, für den Fall, dass der Iran seine Drohung in die Tat umsetzt, und die Straße von Hormus schlicht und einfach vermint. Die Zeichen deuten eher auf Eskalation als Deeskalation. Und nun muss sich auch Ahmadinedschad entscheiden, ob er als Fanatiker einen Konflikt provoziert, oder ob er zur Rationalität zurückkehrt und sich zumindest wieder an den Verhandlungstisch setzt. Momentan kann man nur abwarten, denn die nächsten Tage, Wochen und Monate entscheiden über Vernunft und Unvernunft, wie auch über Frieden und Krieg im Nahen Osten.
Quellen: Süddeutsche Zeitung Online | n-tv
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Schlagworte: Eu, Europa, Europäische Union, Iran, Öl-Embargo, Straße von Hormus