Game0ver 02/2012: Der König ist tot, es lebe der König!

Game0ver
Diese Heroldsformel des alten Frankreichs hätte ich als Spieler von Mmorpgs nur zu gern ausrufen wollen, als ich zwischen den Feiertagen endlich „Star Wars: The Old Republik“ in den Händen hielt. Doch in der Kolumne für den Monat Februar möchte ich euch von meiner Ernüchterung erzählen. Nicht über das Spiel oder seiner Mitbewerber, sondern an dem großen Genre selbst.

Wie alles anfing
Und wie es immer üblich ist, leitet man Erzählungen mit „Es war einmal“ ein.
Es war einmal ein kleiner Zocker. Hinter einem Röhrenmonitor versteckte ich mich. Ab und zu lugte eine Hand hervor, um einen herzhaften Zug aus dem Aldi-Eistee zu ermöglichen. Damals war dieser Zeitvertreib noch ein belächeltes Hobby.
Im Jahre 2005 wurde ich dann von einem Freund auf den MMORPG-Titel “World of Warcraft“ aufmerksam gemacht. Ich war bis dato ein begeisteter, überschaubar fähiger und leidenschaftsloser “Counter-Strike“ Spieler. Mit Interessen in allen Genres. Aber auch das Feiern und “Saufen“ kam nie zu kurz. So würde ich mich als normaler Jugendlicher bezeichnen, der anstatt einen Ball durch die Gegend zu schubsen, lieber verpixelte Vehikel durch die Landschaft lenkte, bezeichnen.

Als kurze Unterbrechung möchte ich euch fix folgende Begriffe erklären.
„Counter-Strike“ (CS) ist ein sogenannter Ego-Shooter. Von den Medien als Killer-Spiel bezeichnet, nahm ich es immer nur als Herausforderung an Geschicklichkeit, Hand-Auge-Koordination und das blitzschnelle Treffen von Entscheidungen war.
„World of Warcraft“ (WoW) ist damals das erste große MMORPG gewesen. Es ist in einer Fantasiewelt angesiedelt, die klare Grenzen zwischen Böse und Gut, Menschen und Monstern hat. So wie in vielen Fantasie-Roman beschrieben. Das spezielle ist die Comic-artige Darstellung der Welt, die bis dato nie benutzt wurde.
Und was sind MMORPGs?
Massively Multiplayer Online Role-Playing Game
Das damals massentauglichere und schnellere Internet erlaubte die Umsetzung dieses Spielprinzips. Hierbei tummeln sich abertausende Menschen, wenn der Titel erfolgreich ist, auf einer Welt und können miteinander kommunizieren und interagieren. Meist beschränkt sich der Aufgabenbereich des Glücksritters auf das Erfüllen von Aufgaben und das Dezimieren von Monstermassen, alleine oder in Gruppen aus anderen Gleichgesinnten. Meist sind beide Facetten miteinander verknüpft. Und um eine Langzeitmotivation zu erzeugen werden erlernbare Berufe oder auch die Hatz nach den besten Gegenständen zum Ziel deklariert.

World of Warcraft

2005 Beginn und Verfall
Da war ich nun, gefangen in einem neuen Spielprinzip. Begeistert und neugierig. Und über die Jahre hinweg hat mich „WoW“ wirklich begeistern können. Mal mehr und mal weniger. Und durch Erweiterungen wurden immer mehr Inhalte hinzugefügt, damit man ja das Interesse nicht verliert. Zunehmend weniger enthusiastisch verbrachte ich meine Freizeit so. Doch mit der Zeit verliert alles seinen Reiz.

So trieb ich lange antriebslos durch dieses Spiel und es degenerierte zu einem bezahlten Chat Programm, in dem ich mich mit Menschen austauschte.

Warum ich in diesem erweiterten Chat verweilte?
Es gab keine wirkliche spielerische Alternative, die mich gefangen nehmen konnte und ein weiteres Abo kam für mich nicht in Frage.

Die aufkeimende Hoffnung
Doch da, ein Licht am Beschäftigungshorizont. „Star Wars: The Old Republik“ (SW:ToR), eine Beta-Einladung in meinem Email-Fach und eine Ankündigung das „Star Trek Online“ (STO) zu einem F2P-Titel umgewandelt wird. OK, zeitgleich war es nicht, aber rückblickend nehme ich es einfach halber so wahr.

Als zweiter und letzter Einschnitt. Beide genannten Titel sind prinzipiel identisch mit „WoW“, nur die fiktiven Universen sind den bekannteren zugehörigen Filmen nachempfunden.

Leider ließ es meine Zeit nicht zu, mehr als zwei Tage in der Beta von SW:ToR zu verbringen. Ich war begeistert. Die Nacht vom Freitag auf Sonntag verging wie im Fluge. Anfangs betrachtete ich es in jeder Hinsicht als WoW 2.0.
Und ich überraschte mich selber, wie sehr ich den 20. Dezember letzten Jahres herbei sehnte und meine fehlende Zeit verfluchte. Ich konnte zum Starttermin nicht dabei sein. Doch 8 Tage später war es soweit. Und ich konnte in die Welt eintauchen. Begeistert und entzückt brachte ich die ersten 15 Level Lichtschwert schwingend hinter mich, doch dann passierte es.
World of Warcraft
Anfang dieses Jahres machte ich die für mich erschreckenste Entdeckung.
Diese Art der Unterhaltung reizte mich nicht mehr.
Nichts.
Das Spiel ist der Wahnsinn, keine Frage. Nur nicht für mich.
Was war also geschehen? Was hatte sich geändert? Warum wirkt die Droge nicht, obwohl die Qualität immer weiter zunimmt?

Die Änderung
Ich bin nicht allein. Das ist mir klar. Im Laufe meiner Jahre sind immer wieder Mitspieler gegangen, die meine Erkenntnis schon vorher getroffen hat. Doch viele werden mein Entsetzen nicht verstehen können, das diese Art der Freizeit einfach seinen alles dominierenden Reiz verloren hat. Es war mir schon seit Jahren klar. Doch allein die Gewohnheit und die Kommunikation waren Argumente die noch ein wenig Gewicht besaßen. Und mich „WoW“ spielen ließen.
SW:ToR
Die Gewohnheit, die Welt komplett zu kennen und dennoch immer etwas neues zu erleben, war ein tolles Gefühl. Nun stellte mich „SW:ToR“ vor eine komplett neue Welt, die zudem noch wenig liebevoll und verspielt präsentiert wurde. Attribute, die ich haben wollte. Und vor allem teilen wollte.
Da tritt die Kommunikation in den Fokus. Nur wenig Bekannte aus „WoW“ zogen das Spiel in Betracht. Und die über jeden Zweifel erhabene Vollvertonung von „SW:ToR“ unterdrückte die Kommunikation über VoIP gänzlich. Somit wurde die Genre Bezeichnung MMORPG Hohn, da in meinen Augen die Kommunikation schlicht unterdrückt wurde. Und ich konnte diese offene Tür zu neuen Abenteuern ohne Reue schließen.

The Show must go on
Wie also geht es weiter?
Meine erste Antwort wäre: Wenn es meine Zeit erlaubt und ich sie erübrigen mag, wird weiter in „WoW“ herum gehüpft und die einfach unerreichte detailreiche, verliebte und humorvolle Welt genossen, bis ich diesem Hobby mit dem angekündigten Addon noch einmal eine letzte Chance gebe.
Allerdings ist das leichter gesagt als getan, da „Blizzard“ an einem neuen Rollenspiel arbeitet und diese Art der Unterhaltung riesige Gewinne für Unternehmen verspricht. Folglich werden noch viele Firmen auf diesen Zug aufspringen.
Somit wäre meine Antwort nun: Diese Art Unterhaltung muss sich gehörig ins Zeug legen und an anderen Spielanreizen arbeiten wie bisher, um mich für sich zu gewinnen. Ich werde wohl zur leichten Kost zurück kehren. Wie zum Beispiel „Just Cause 2“, das ich für 10 Euro auf einem Grabbeltisch gefunden habe. Starten, 20 Minuten lang etwas kaputtmachen und wieder beenden. Undenkbar in „WoW“ und Co, aber sehr unterhaltsam.

Die Sucht
Oft wird im Zusammenhang mit MMORPGs auch von Suchtgefährdung gesprochen. Das man diesen Spielen ungesund viel Zeit widmet.Einwegspritze
Die Probleme liegen darin, dass man aus den Augen verliert wie schnell die Zeit in diesen Spielen verrennt und das man an einem Prozess arbeitet, der nie abgeschlossen werden kann, doch aber mit nahen Zwischenerfolgen lockt. Das kann ich nur bestätigen. Es ist mehr als gefährlich, aber vielleicht habt ihr auch einfach einen stärkeren inneren Schweinehund. Als süchtig betrachtete ich mich nie, aber als dumm. Doch wie es der Lauf der Dinge ist, ich bin klüger geworden. Ein Bisschen. Und dieses System geht mir mittlerweile am Popo vorbei. Doch das war zu weilen ein unangenehmer Prozess.

Fazit
für die, die sich durch diesen Text gequält haben, möchte ich folgendes sagen.
Ich für meinen Teil bin mit dieser Unterhaltung aufgewachsen und nun herausgewachsen.
Spielt ihr aber mit dem Gedanken, euch mit von einem MMORPG unterhalten zu lassen, kann ich nur viel Spaß wünschen. In meinen Augen wird euch weder „WoW“ noch „SW:ToR“ enttäuschen. Und wen die 13 Euro an monatlichen Kosten abschrecken, dem sei gesagt, dass ein Kinobesuch genauso viel kosten kann. Und dann macht eine kleine Preis/Leistungs Rechnung. Kino 1h= 6,50 Euro. Abo 1h = <2 Cent. Außerdem gibt es sehr gute F2P Titel, wie „Herr der Ringe Online“, die euch nur eure Zeit stehlen und kein Geld.

Bilder:
World of Warcraft
Star Wars: The old Republik
(cc-by-sa) Kuebi = Armin Kübelbeck / Wikipedia.org

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