Review: Assassin’s Creed Revelations (PC)

Neues Jahr, neues „Assassin’s Creed“. Mit Revelations kam im Dezember der bereits vierte Teil der Serie für PC und Konsolen in den Handel. Gleichzeitig soll in Revelations auch das Kapital um Enzio Auditore abgeschlossen werden. Doch schaffte es Ubisoft ein stimmiges Ende zu zaubern und auch sonst dem Spiel noch einmal neue Facetten und Innovationen zu geben?

Viel hat sich verändert. Nicht einmal so sehr vom Spielprinzip an sich, sondern eher von den Charakteren. Immerhin sind seit dem letzten Abenteuer von Enzio auch fast zehn Jahre vergangen. Zehn Jahre, die man dem Protagonisten auch deutlich ansieht. Unser florentinischer Assassinenführer ist älter geworden. Älter und auch bedachter habe ich den Eindruck. Je länger man nun schon die „Assassin’s Creed“-Reihe spielt und je tiefer man selber in die Welt aus Animus, Assassinen und Templern, die verschiedenen Protagonisten und Zeiten (Desmond Miles in der Gegenwart/Zukunft, Altair im zwölften Jahrhundert und Enzio Auditore im 15./16. Jahrhundert) eintaucht, desto mehr Kleinigkeiten werden einem auffallen. Kleinigkeiten, die wohl beabsichtigt sein müssen und viele Fragen und Mutmaßungen zulassen. Wären sie nicht beabsichtigt, so müsste man den Entwicklern wohl definitiv Schlamperei vorwerfen und das würde nun gar nicht zu der ansonsten erstklassig und aufwändig recherchierten Reihe passen.

Die Geschichte

Durch einen Defekt des Animus sitzt Desmond in dessen Innerem sprichwörtlich fest und landet auf einer Art digitalen Insel, wo er wiederum Zutritt zu seinen besonderen Erinnerungen erhält und auch erstmalig das – überwiegend alten Spielern bekannte – „Subjekt 16“ trifft. Doch nicht nur diese Gespräche mit Subjekt 16 fügen sich harmonisch sehr gut in die Geschichte, in der wir Enzio Auditore auf der Suche nach Altairs Bibliothek begleiten, ein. Dieses Mal spielt die Hauptgeschichte im Konstantinopel des 16. Jahrhunderts, wo wir uns auf die Suche nach den Schlüsseln besagter Bibliothek machen. Wie immer treffen wir dabei auf Verbündete, die uns bei dieser Aufgabe unterstützen und für die wir im Gegenzug wiederum Aufträge, meistens in Nebenmissionen, erledigen.

Während wir dem Hauptstrang der Erzählung folgen, werden neben den Animus Szenen auch immer wieder geschichtliche Sequenzen aus Altairs‘ Zeit mit aufgenommen. So hangeln wir uns stellenweise in dessen Gestalt und in seiner Zeit durch die Gegend und erfahren dabei sehr viel über den ebenfalls gealterten Altair, der zunehmend sehr viele Ähnlichkeiten mit Enzio aufweist. Nicht so sehr vom Aussehen, sondern eher vom Inneren. Seinen Werten, Hoffnungen und dem inneren Kampf, sein Schicksal zu hinterfragen. Diese Vielschichtigkeit, alle drei bisherigen Hauptprotagonisten zu verbinden und daraus auch noch eine stimmige Geschichte zu stricken, hat Ubisoft bravurös gemeistert und die Saga um Enzio Auditore nach 16 bis 20 Stunden Spielzeit zu einem fulminanten Finale gebracht.

Neues und Altes

Viel Bekanntes wurde aus Rom übernommen und nach Konstantinopel überführt. So haben wir auch hier die Möglichkeit Läden und Denkmäler zu kaufen und damit den Einfluss der Assassinen zu erhöhen und den der Templer zu schmälern. Auch treffen wir wieder auf zahlreiche Verbündete in Form von Söldnern, Dieben und Romani, die die aus dem vorigen Teil bekannten Kurtisanen ersetzen. Diese können wir wieder durch den Kauf von Gebäuden unterstützen und erlangen durch das Erfüllen von Fraktionsmissionen bestimmte Vorteile. Auch die aus den Vorgängern bekannten Sekundärziele bei den Missionen, wie „Nicht entdeckt werden“, oder „Töte dein Opfer auf diese und jene Weise“, sind nicht neu, erfüllen aber ihre Rolle genauso gut wie in den Vorgängern und wecken im Spieler einen gewissen Anreiz, die Missionen mit einhundertprozentiger Synchronität zu beenden.

Enzio auf dem Weg zur alten Assassinen Feste Masyafs

Es mag jetzt zwar so klingen, als ob dem Spiel die wirkliche Innovation fehlt, aber dem ist nicht so. Es gibt keine großen Veränderungen, aber an vielen Stellen wurden kleine, aber feine Details hinzugefügt und diese geben dem Spiel dennoch eine gehörige Portion Innovation und machen es insgesamt deutlich runder.

So hat unter anderem das Erobern von neuen Stadtvierteln einen netten neuen Ansatz bekommen. Wurde in Rom noch der jeweilige Anführer von vornherein als solcher markiert, muss man ihn in Konstantinopel erst mit Hilfe des Adlerblickes ausfindig machen. Dabei kann man aber nie sicher sein, ob einen die Wachen nicht schon entdeckt haben, beziehungsweise wie weit ihr Verdacht bereits fortgeschritten ist. Allein diese Kleinigkeit sorgt für zusätzliche Spannung und verlangt ganz neue Taktiken.

Neue Waffen, neue Möglichkeiten

Bei den Waffen gibt es insgesamt zwei Neuerungen. So wurde zum einen die fast schon übermächtige Doppelklinge gestrichen und durch eine sogenannte Hakenklinge ersetzt, mit der Enzio nicht nur höhere Kletterhilfen erreichen und weiter springen, sondern auch noch an zwischen Dächern gespannten Seilen entlang rutschen kann. Diese Fortbewegungsmöglichkeit ist nicht nur viel schneller, sondern sie eröffnet gleichzeitig auch noch neue Meuchelmord-Möglichkeiten für ahnungslose Dachwachen, die dummerweise gerade unter einem solchen Seil patrouillieren.

Kommt ein Assassine am Seil gerutscht, ist es bald aus mit der Wache

Neben der Hakenklinge gibt es nun auch erstmals die Möglichkeit, selber verschiedene Bomben zu bauen, die einem ganz andere und zusätzliche taktische Variationen eröffnen. So lassen sich zum Beispiel Katzengold-Bomben bauen, die dafür sorgen, dass sich die Zivilbevölkerung gierig auf den vermeintlichen Reichtum stürzt und damit etwaige Verfolger behindert. Es gibt aber auch Bomben, die man mit Lammblut füllen kann und die bei einem Gegner den Eindruck erwecken, dass er schwer verletzt ist, was zu Desorientierung und Unaufmerksamkeit führt. Aber auch Bomben, die nur knallen und damit sämtliche Wachen in Reichweite anlocken, gehören zum Repertoire. Zwar eröffnen einem diese Bomben ganz neue taktische Möglichkeiten, doch muss man auch festhalten, dass man wohl das ganze Spiel auch – von der Bomben-Einführungsmission einmal abgesehen – gänzlich ohne den Einsatz von Bomben bestreiten kann. Das ist zwar auf der einen Seite schade, lässt dem Spieler aber andererseits gleichzeitig mehr Freiheiten das Spiel so zu spielen, wie er es gerne möchte.

Spiele im Spiel

Die größte Veränderung im Spiel ist die Aufmerksamkeit durch die Templer. Hier haben die Entwickler versucht komplett neue Wege zu gehen und ein „globales Aufmerksamkeitssystem“ eingeführt. Neu ist hierbei, dass wirklich jede auffällige Aktion, die man durchführt – wozu auch der Erwerb von Geschäften und Gebäuden zählt -, den Aufmerksamkeitslevel erhöht. Zwar kann man diesen durch die Bestechung von Herolden und das Ausschalten von Augenzeugen wieder minimieren, doch ist erst mal der Maximallevel erreicht, so ist höchste Vorsicht geboten. Wird man in diesem Zustand von den Wachen entdeckt oder sogar in einen Kampf verwickelt, fackeln diese nicht lange und greifen einen der Assassinen Stützpunkte an, wodurch ein neues „Spiel im Spiel“ zum Tragen kommt. Um dieses zu aktivieren und den Stützpunkt zurück zu erobern, muss man sich zunächst einmal zum Eingang des entsprechenden Stützpunktes vorkämpfen und diesen betreten.

Das Folgende erinnert ein wenig an „Tower Defence“. Man sitzt als Anführer auf dem Dach einer schmalen Gasse, die zum Assassinen-Stützpunkt führt und muss nun seine verschiedenen Kämpfer so positionieren, dass sie die anstürmenden Templertruppen aufhalten. Für jeden Abschuss bekommt man Punkte, für die man wiederum neue Assassinen positionieren kann. Hat man die Templer erfolgreich aufgehalten, ist der Stützpunkt gerettet. Hat man versagt, fällt der Stützpunkt in die Hand des Gegners und man kann ihn nach einer Weile wieder durch die Eliminierung des entsprechenden Anführers zurückerobern.

Auch bei der Ausbildung neuer Assassinen hat Ubisoft den entsprechenden Modus erweitert und stimmig ergänzt. So schickt man, wie aus Rom bereits bekannt, auch von Konstantinopel aus seine Meuchelmörder in die verschiedensten Städte, um bestimmte Aufträge zu erfüllen. Neu dabei ist, dass jeder erfolgreiche Auftrag nicht nur Geld und Gegenstände bringt, sondern auch gleichzeitig den Einfluss der Templer in der entsprechenden Stadt reduziert. Hat man erst mal den Einfluss weit genug gesenkt, so kann man versuchen die Stadt komplett von seinen Kriegern erobern zu lassen. Ist dies erfolgreich, bekommt man in regelmäßigen Abständen Geld und auch Bombenbauteile aus der eroberten Ansiedlung.

Desmond Miles

Wie bereits am Anfang erwähnt, haben die Entwickler bei Revelations bewusst versucht die Geschichtsstränge der Hauptprotagonisten zu verbinden und zu einem stimmigen Ende zu führen. Auch erfährt der Spieler in diesem Teil endlich mehr über Desmond Miles, womit die „Assassin’s Creed“-Reihe eine gewisse Tiefenschärfe bekommt. Nachdem Desmond durch einen Defekt im Animus festsitzt, muss er versuchen aus den dortigen Wirren wieder nach draußen zu finden. Dieser Hintergrund wird gekonnt dazu benutzt ihn als Verbindungsfigur zwischen Enzio und Altair weiter zu definieren und dem Spieler als eigener Charakter näher zu bringen.

So erfährt man – während man verschiedene Umgebungsrätsel in Form von Datenströmen löst – Schlüsselerlebnisse aus Desomnds Vergangenheit, die dieser dem Spieler erzählt. Häufig werden diese zusätzlich in Form von Videosequenzen ergänzt. Insgesamt unterbrechen diese Erzählungen die bekannte Spielmotorik angenehm und liefern dem Spieler gleichzeitig interessante Informationen zur Schlüsselfigur der Spielreihe. Auch daran merkt man, dass sich die Entwickler bei der Realisation des Spieles viele Gedanken gemacht haben.

Grafik und Technik

Nicht ganz so viele Gedanken mussten sich die Entwickler beim Thema Technik und Grafik machen. Warum auch. Schließlich wurden beide bereits beim Vorgänger praktisch schon bis an die Grenzen ausgereizt. Trotzdem habe ich das Gefühl gehabt, dass man an einigen Stellen, insbesondere bei den Gesichtern der Hauptfiguren, doch noch einmal ein bisschen gefeilt hat. Diese wirken im Vergleich zu den alten Spielen inzwischen richtig gut, wenn auch noch nicht perfekt.

Konstantinopel in seiner ganzen Pracht

Wie auch schon bei den anderen Titeln der Reihe, stellt die Stadt den eigentlichen stillen Höhepunkt des ganzen Spiels dar, denn diese ist wieder einmal eine Klasse für sich. In Sachen detailgetreuer und historisch realistischer Architektur, kann man vor dem „Assassin’s Creed“-Team nur voller Hochachtung seinen Hut ziehen. In Verbindung mit der absolut gelungenen, musikalischen Untermalung, ist auch Revelations wieder eine wahre Wucht. Das ist zwar nichts Neues, aber dennoch schön zu sehen, dass dieses Niveau konstant gehalten und stetig weiter verfeinert wurde.

Bei der von vielen Spielern bisher immer bemängelten KI hat man ebenfalls weiter gearbeitet. Zwar hat man es auch dieses Mal nicht geschafft alle Fehler und Unstimmigkeiten zu beseitigen, aber es ist ein deutlicher Fortschritt spürbar. Patrouillenwege wurden besser aufeinander abgestimmt und auch die Intelligenz der Wachen ist besser geworden. Diese stellen zwar im Kampf meistens immer noch nicht die Herausforderung dar, die sich viele wohl gewünscht haben, aber sie machen deutlich weniger Fehler, aus denen man dann Profit schlagen kann. Zudem hatte ich den Eindruck, als ob sie auch insgesamt stärker geworden wären. Insgesamt sind die Anpassungen ein guter Schritt nach vorne, aber noch immer nicht ganz perfekt.

Multi-Meuchelmörder

Auch beim Multiplayer-Modus hat man es dabei belassen das bisherige Konzept weiter zu verfeinern. So schlüpft man auch hier wieder in die Rolle eines Assassinen, der die Aufgabe hat, eine bestimme Figur zu eliminieren, die man nicht kennt und erst suchen muss. Dieses Mal geht es aber nicht mehr darum der schnellste zu sein, weil jetzt jeder Spieler ein anderes Ziel hat, und dieses Ziel ist nun auch immer menschlich. Doch damit nicht genug. Während man nun auf der Suche nach seinem Opfer ist, steht man gleichzeitig selber auf der Abschussliste eines anderen Assassinen. So bekommt das „Katz und Maus“-Spiel eine ganz neue Dimension und ist so zusätzlich noch einmal deutlich spannender geworden.

Ergänzt wird dieser Hauptmodus noch durch neun weitere Spielmodi, worunter sich auch Klassiker wie Deathmatch oder eine Variante von Capture-The-Flag befinden. Gespielt werden können diese verschiedenen Modi auf insgesamt neun ansprechenden Karten, womit auch endlich ein ansehnlicher Umfang des Multiplayer gewährleistet wird. Ergänzt wird das Ganze dann noch durch umfangreiche Statistiken, Rangsysteme und Trainingsmöglichkeiten. Leider fällt der Umfang mit maximal acht Spielern fast schon zu klein aus, stellt aber trotzdem eine interessante Alternative zu bekannten Multiplayer-Shootern wie „Battlefield“ oder „Modern Warfare 3“ dar.

Fazit

„Assassin’s Creed Revelations“ besticht geradezu durch den Mangel an überragenden Innovationen. Trotzdem weiß das Spiel den Spieler sofort in seinen Bann zu ziehen. Es sind gerade die kleinen Veränderungen der Entwickler, die mich an dem Spiel begeistert haben. Revelations ist im Vergleich zu den Vorgängern in sich unglaublich stimmig und bringt die Geschichten von Altair und Enzio zu einem sehr gelungenen Ende und einem würdigen Abschluss.

Gleichzeitig beantworten die Entwickler endlich viele Fragen rund um Desmond Miles, werfen aber gleichzeitig auch wieder neue auf, die bereits jetzt auf eine weitere Fortsetzung hoffen lassen, auch wenn die Messlatte inzwischen unglaublich hoch hängt. Revelations ist definitiv das bisher stärkste „Assassin‘s Creed“ – und das nicht nur aufgrund der absolut gut erzählten Geschichte. Mit über 16 Stunden Spielspaß und einem gewissen Suchtpotential nicht nur für Fans der Serie ein absolutes Muss.

Bilder:
(c) Ubisoft

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