Bei Disney brennt der Computer. Eigentlich sollten begeisterte Fans in „Disney Universe“ ihre liebsten Rollen persönlich erleben können, aber ein bösartiger Virus hat die Kontrolle über diese digitale Welt erlangt. Nun liegt es an euch, in die Haut eurer Helden zu schlüpfen und das Universum zu retten. Schade nur, dass viele Klassiker dabei unter den Tisch fallen.
Disney macht kein Geheimnis daraus, woher die Inspiration für „Disney Universe“ gekommen ist. Denn der parodierende Stil, die auf emotionsgeladene Laute reduzierte Sprache der meisten Charaktere, der kindliche Humor der kurzen Zwischensequenzen, all das könnte genau so aus einem der zahlreichen LEGO-Spiele stammen. Das ist natürlich nicht schlimm, denn Gutes darf gerne adaptiert und ausgebaut werden, nimmt dem Spiel aber natürlich auch ein Alleinstellungsmerkmal – mal ganz davon abgesehen, dass Disneys „Fluch der Karibik“ ja sogar schon in digitalem LEGO verewigt wurde.
Unterschiede sind aber natürlich einige da. Allem voran ist da die Vielseitigkeit. Anders als bei LEGO haltet ihr euch in „Disney Universe“ nicht immer nur in einem geschlossenen Spieluniversum aus, sondern besucht verschiedene Welten ausgewählter Disney-Szenarien – darunter Realfilme wie „Alice im Wunderland“ und „Der Fluch der Karibik“, moderne Animationsfilme wie „Wall-E“ und zeitlose Klassiker wie „Aladin“ und „Der König der Löwen“. Hier schlüpft ihr in eins von über 40 Kostümen bekannter Charaktere. Die Geschichte des Spiels ist aufgrund dieser Wahlmöglichkeiten aber kaum detailreicher als bereits beschrieben, schließlich stehen nicht die Charaktere – oder eher ihre Klamotten – im Vordergrund, sondern eure Reise durch die Welten. Anders als bei den LEGO-Spielen seht ihr entsprechend nie eure Helden, sondern wie einige der bösen Bots in den Zwischensequenzen ihre Späße treiben.
Zusammen gegeneinander
Wer sich allein durch die Welten kämpft, wird sich sicher über die auf die Storys zugeschnittenen Details – von bestimmten Songs über Orte bis hin zu berühmten Szenen – und speziellen Spielelemente wie die magische Lampen in Aladins Höhle der Wunder freuen, aber erst der Mehrspielermodus treibt das Spiel auf Hochtouren. Wirklich genießen kann man das kindliche Chaos eben nur, wenn vier Spieler gemeinsam Unruhe stiften und gleichzeitig auch noch um die höchste Punktzahl kämpfen. Vor allem ist Teamwork eine effiziente Option, denn auch wenn ihr jede Aufgabe auch alleine lösen könntet, geht es natürlich sehr viel besser, wenn vier Spieler Hand in Hand arbeiten. Das fällt besonders auf, wenn es drei unterschiedliche Wege gibt, die jeder Schalter oder Schätze beinhalten, und jeder Spieler einen anderen nimmt. Und witzig-chaotisch ist es natürlich auch, wenn sich der Kampf um die Bestenliste nicht nur auf Minispiele und das allgemeine Ranking beschränkt, sondern Fäuste schon mal absichtlich ins falsche Gesicht fliegen oder man den Mitspieler als Wurfgeschoss einsetzt. Problematisch ist dann natürlich, dass mancher kein Gefühl dafür hat, wann er seinen Mitspielern nur noch auf den Zeiger geht, aber das sollte man eher seinen Mitmenschen vorwerfen als dem Spiel.
Sammeln ohne Sinn
Schade ist bei all dem Sammelwahn – Kostüme müssen erst durch Beenden einzelner Abschnitte freigeschaltet und danach noch mit Spielmünzen gekauft werden -, dass sich Simba von Mickey Maus genauso wenig unterscheiden wie von Wall-E oder Jack Sparrow. Jedes Kostüm verleiht eurem Bot individuellen Look und stattet ihn mit einer Schlagwaffe aus. Diese sieht immer anders aus, funktioniert aber stets gleich. Mit Sternen, die ihr in den Leveln findet, könnt ihr zwar jedes Kostüm bis zu drei Stufen aufwerten, aber auch die neuen Angriffseffekte sind immer dieselben.
Gerade wenn man es schafft, ein Kostümset – also beispielsweise alle fünf Charaktere aus „Der Fluch der Karibik“ – zu finden und auf Maximalstufe zu bringen, sollte doch mehr drin sein als ein einmaliges Achievement. Eine besondere Spezialfähigkeit oder ähnliche Späße wären in diesem oder ähnlichen Fällen sicher angebracht gewesen. Der Mehrwert für den normalen Spieler bleibt so leider aus und jedes Kostüm nur ein neuer Anstrich für gleichbleibenden Inhalt. Wenn das so gewollt ist, hätte es wenigstens aus jedem Film etwas geben dürfen. So ist es für die ältere Generation ein derber Verlust, dass nur die größten Klassiker eingebaut wurden – und davon nicht mal alle. „Mulan“ sucht man hier genauso vergebens wie „Ein Königreich für ein Lama“. Aber gut, der durchschnittliche 25-Jährige ist wahrscheinlich nicht die Zielgruppe, von daher deckt „Disney Universe“ schon alles ab, womit die nächste Generation aufgewachsen ist.
Genau wie die Helden unterscheiden sich auch die Gegner von Szenario zu Szenario nur im Aussehen, unterschiedliche Fähigkeiten kommen kaum dazu. Denen vergibt man das aber, weil man in den Wellenangriffen sowieso keine Zeit hat, sich auf ihr Aussehen zu konzentrieren – viel halten die kleinen Helden nämlich nicht aus. Zwar werdet ihr bei einem K.O. recht fix an Ort und Stelle wiederbelebt, aber wer ein ordentliches Ranking will, darf hier nicht schludern. Und bekanntlich ist nichts schöner, als ein kleiner Freudentanz am Ende einer Runde, mit dem man den eigenen Freunden überheblich unter die Nase reibt, wer der Beste auf dem Sofa ist.
Fazit:
„Disney Universe“ ist ein Partyspiel für vier junggebliebene Disney-Fans. Der Anspruch ist nicht wirklich hoch, da die Aufgaben nicht allzu knackig sind, die Kostümwahl keine Strategie verlangt und das Kampfsystem schnell erlernt ist, dadurch läuft das Spiel allerdings auch recht fix sauber von der Hand. Langzeitmotivation ist vor allem für Sammler und Perfektionisten da, die jedes Kostüm auf höchstem Level haben wollen und natürlich auch alle Sammelitems finden müssen; ein Spiel, für das man sich alleine vor die Konsole setzt, weil man es jetzt unbedingt durchspielen will, ist es damit aber für die wenigsten. Und die netten Zwischensequenzen begeistern wohl auch niemanden mehr als die junge Generation. Dass diese merklich die Zielgrupe ist, ist auch die einzige akzeptable Entschuldigung dafür, dass „Ein Königreich für ein Lama“ hier nicht aufgenommen wurde.
Bilder:
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