Review: Might and Magic Heroes VI (PC)

Die „Heroes“-Reihe. Unendliche Weiten schön animierter Welten. Ein Großteil der Community ist sich sicher: „Might and Magic Heroes III“ war die Perfektion, alles was danach kam, nur billiger Abklatsch. Was euch in dem neuesten Teil erwartet und ob es einen Kauf lohnt, erfahrt ihr hier!

Old but Gold!

Am grundlegenden Prinzip der Reihe hat sich nichts geändert. Ihr manövriert euren Helden – natürlich mit eurer Armee im Schlepptau –  im Rundenmodus quer über die Karte, sammelt Ressourcen, erbeutet Gegenstände, nehmt Rohstoffbasen ein und kloppt euch mit unzähligen Monstern oder Helden. Gekämpft wird ebenfalls im Rundenmodus. Die Schlachten werden primär von eurer Armee geschlagen, da euer Held nur durch Zauber aktiv in das Kampfgeschehen eingreifen kann. Besiegen könnt ihr feindliche Helden also nur durch die Ausmerzung seiner Armee, gleiches gilt für euren Helden.
Natürlich kämpft ihr nicht nur gegen Gegner. In der Welt, vor allem vor kostbaren Ressourcen oder mächtigen Artefakten, stehen neutrale Armeen, die ihr in alter Manier kurz und klein schlagen müsst, um an erwähnte Gegenstände ran zu kommen. Für gewonnene Kämpfe erlangt euer Held unter anderem Erfahrungspunkte, welche zum Stufenaufstieg führen und neue Fähigkeiten versprechen.

Unendlich…!

Schier unendlich wirkt die Kampagne, die mit über 70 Stunden aufwartet, insofern ihr sie ganz spielt. Es gibt insgesamt fünf Kampagnen mit jeweils vier Missionen, einem Prolog und zwei Epilogen. Die gespielten Karten sind – mal von der allerersten abgesehen – gigantisch, sodass ihr gut und gerne eine bis hin zu drei Stunden pro Karte einplanen könnt – wenn ihr schnell spielt! Aber keine Panik: „Heroes VI“  bietet immer noch ein gemütliches Spielerlebnis – nun gut, zumindest vom Tempo her.
Ist die Prolog-Kampagne, welche mit einem erweiterten Tutorial vergleichbar ist, abgeschlossen, schalten sich automatisch die Sogenannten Feldzüge der fünf spielbaren Parteien frei. Diese sind „Zuflucht“,  „Necropolis“, „Inferno“, „Bastion“ sowie „Sanktuarium“. Die fünf genannten Feldzüge sind mit verschiedenen Story-Faktoren miteinander verbunden worden. Nur leider eher schlecht als recht. Viele Fragen bleiben offen, einige Zusammenhänge sind für den Spieler einfach nicht zu begreifen, beziehungsweise werden erst gar nicht erläutert. Erst gegen Ende der 70-stündigen Kampagne erschließen sich einige der Zusammenhänge bezüglich der perspektivisch unterschiedlichen Geschichte, welche sich im Groben mit Vertrauen, Betrug, Verrat, Macht, Engel, Dämonen, Gesichtslose und dem drohenden Weltuntergang befasst.

Die Story-Darstellung

Präsentiert wird die Geschichte durch seltene Render-Cutscenes, vielen Ingame-Zwschensequenzen und sehr vielen vorgelesenen Dialogen. Zusätzlich bekommt der Spieler noch – gefühlte – tausend Textfenster, die die Geschichte oder einzelne Handlungsstränge näher erläutern sollen. Wichtige Handlungselemente werden auch mitten in den Missionen mit Ingame-Zwischensequenzen illustriert, die jedoch häufig an die Grenzen der Grafik-Engine stoßen. So wirken die Gesichter der Helden detaillos und die Texturen flimmern auch mal gerne, wenn man näher heranzoomt.
Die Schwierigkeit während der Kampagnen ist meiner Meinung nach nicht wirklich konstant, beziehungsweise nicht konstant steigend. So ist eine Mission mal verdammt schwer zu knacken, die darauf folgenden zwei wirken wie ein Geschenk zu Weihnachten, das nur darauf wartet, geöffnet zu werden.
Zum Verlauf der Story lässt sich eigentlich nur sagen, dass ihr als Vertreter der Greifen-Dynastie spielt, und diese kreuz und quer durch die Weltgeschichte führen müsst. Ein Kämpfchen hier, ein Dialog da und dort noch das personifizierte Böse und ihr habt die komplette Story kurz und bündig zusammengefasst.

Vielschichtiges Heldensystem

Es folgt ein Punkt, den ich persönlich, als eine der wenigen guten – oder besser gesagt, in die richtige Richtung gehenden – Veränderungen aufführen würde:
Steigt euer Held einen Level auf, erhaltet ihr einen Fähigkeitenpunkt, den ihr in eine beliebige Fähigkeit in dem überdurchschnittlich großen Fähigkeitsbaum einlösen könnt. Dass wir nun die Fähigkeiten unseres Helden selbst bestimmen können ist ein Fortschritt, der größer kaum sein könnte. – Wären da nicht die dutzenden unnützen Fähigkeiten, die einem damit eben auch zur Auswahl stehen. Es erfordert viel Zeit und vor allem Geduld, sich durch all die Fähigkeitenbeschreibungen zu lesen und die Sinnlosen von den Nützlichen zu trennen. Ein Schritt in die richtige Richtung, aber dann leider über das Ziel hinausgeschossen!
Toll hingegen fand ich das Reputations-System. Hier entscheidet sich, ob ihr den Pfad des Blutes oder doch den der Tränen beschreiten wollt. Will ein Gegner beispielsweise vor euch fliehen und ihr lasst ihn entkommen, so bekommt ihr Tränen-Punkte, durch die ihr, sobald ihr genügend davon gesammelt habt, einen Rang innerhalb der Reputation aufsteigt und dadurch neue Zauber freigeschalten werden. Verfolgt ihr jedoch den oben erwähnten Gegner, so erhaltet ihr Blut-Punkte. Das Prinzip ist hier das Gleiche.

Die Reichsverwaltung!

Einen Schritt zurück haben die Entwickler bei der Reichsverwaltung gemacht. Das Sprichwort: „Manchmal ist weniger mehr!“ wurde von den Machern des Titels leider zu ernst genommen. Hat man früher in der Reichsverwaltung – also im Stadtmenü – seine Stadt schön ausgebreitet vor sich und jedes hart zusammengesparte Gebäude detailliert aufgelistet dargestellt bekommen, so findet sich in „Might and Magic Heroes VI“ nur noch ein eckiges Bau-Menü vor, das geradezu provokativ langweilig gestaltet wurde. Dadurch wurden die Stadtbesuche zu einer notwendigen Alltagsaufgabe, die nahezu Motivationsbrechend wirkt.

Zeitlupe…

Wenn ich schon beim Thema Motivation bin: Die Kämpfe gehen zum Großteil so schleppend vonstatten, dass es fast schon übertrieben ist. Hier wäre viel mehr Geschwindigkeit gefragt, denn durch das lahme Kampfsystem verlieren die Schlachten zum Großteil ihren Reiz. Dabei könnte es so schön sein! Die Kämpfe sind an für sich vielseitig und fordernd. So muss der Spieler sich für eine Strategie entscheiden, die er im Kampf anwenden will: Defensiv oder doch lieber aggressiv vorpreschen? Beides ist – abhängig von der Situation – durchaus möglich. Entscheidet man sich jedoch für die falsche Taktik, so verliert man schnell viele Einheiten oder sogar den Kampf. Auch die unterschiedlichen Einheiten wollen richtig eingesetzt werden. So führt blindes angreifen nicht immer zum Sieg, kann jedoch – vor allem gegen unterlegene Feindarmeen – kampfbeschleunigend wirken.

Der Multiplayer

Ein scheinbar unnützes Anhängsel, zumindest wenn man mit Leuten spielen will, die man nicht kennt. Die Serverliste ist dauerhaft leer und das konstant über drei Wochen hinweg! Das Spiel generell mit einem bereits bekannten Freund zu spielen, macht hingegen Spaß.

Fazit

An den großen Bruder „Heroes III“ kommt „Heroes VI“ meiner Meinung nach bei weitem nicht heran. Die Kampagne fand ich nicht schlecht, jedoch teilweise wirr und unzusammenhängend. Zusätzlich werden die Feldzüge durch den zähen Spielverlauf beeinflusst.

Wirklich genervt hat mich die Reichsverwaltung: Da erobere ich Mine um Mine, werfe mich und meine Truppen von der einen Schlacht geradezu in die Nächste und wenn ich mich dann in mein getrautes Heim – sprich meine Metropole – zurückziehen möchte, bekomm ich so einen Kasten vors Gesicht geknallt. Schade drum, denn das interaktive Stadtmenü war bisher eines meiner Highlights in der Heroes-Reihe.

Im Grunde fehlte mir die Langzeitmotivation um das Spiel immer und immer wieder zu spielen. Eigentlich traurig, denn aus „Heroes VI“ hätte viel werden können. Wenn die Spielgeschwindigkeit raufgesetzt wird, die Story entwirrt, der Multiplayer spielbar gemacht wird und ich nicht alle 15 Minuten während eines Gefechtes einschläfe, dann wäre „Heroes VI“ fast an den glorreichen Vorgänger „Heroes III“ herangekommen.

Die 50 Euro, die ihr für das Spiel momentan noch blechen müsst, wären es mir im Nachhinein nicht wert. Da spiele ich lieber die Heroes-Vorgänger, denn viel zum Positiven geändert hat sich nicht. Hardcore-Taktiker hingegen können ungeniert zugreifen, da ihnen durch den langsamen Spielfluss sehr viel Zeit zum planen bleibt.

„Heroes VI“ ist im Grunde auch kein wirklich schlechtes Spiel, nur hat es mich auch nicht vom Hocker gehauen – oder es zumindest versucht. Ich hatte während des spielens keinen einzigen „Oh“-Moment, bei dem ich einfach nur baff war und mich völlig von dem Spiel erfasst gefühlt habe.

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