Wenn Berliner in Berlin Berliner bestellen

Berliner

Interkulturelle Dialoge

Dass ein Campus ein Ort von kulturellem Austausch sein kann, zeigt sich manchmal schon nach einem Gang zum Bäcker. Ein unschuldiges Marmeladengebäck kann ungeahnte kulturelle Gräben zwischen Studenten aufreißen, die eigentlich aus demselben Land kommen.

„Ich war beim Bäcker, möchtest du einen Krapfen haben?“, sprach der Hannoveraner zur Bremerin. Zwei Städte, die, abgesehen vom Fußball, in etwa auf einem Niveau liegen sollten. Auf eine erste freudige Erregung folgt eine kurze Zwischenfrage: „Halt, sind das die mit der Marmelade in der Mitte?“ – „Ja natürlich, na ein Krapfen eben.“

Mit der darauf folgenden Reaktion von den umliegenden Plätzen wurden 21 Jahre Lebenserfahrung und Glaubenssatz in Erschütterungen versetzt: „Die heißen nicht Krapfen, das sind Berliner.“ Stimmt … das stand auch auf dem Schild in der Bäckerei, aber doch nur uncoole Leute nennen Krapfen „Berliner“, wir sind hier schließlich im Norden!

Der Hannoveraner blickt in die Runde: „Also ich kenne das als Krapfen.“ – hinter ihm leise murmelnde Zustimmung. Zwei Lager haben sich gebildet. Sie sitzen sich fast gegenüber. „Krapfen“ gegen „Berliner“ – „Gangs of New York“ ist ein Scheiß dagegen!

Das war der Moment, in dem sich plötzlich der Berliner zu Wort meldet – nicht das Gebäck – sondern der Bürger aus der Hauptstadt. Wenn es einer wissen muss, dann er! Gebannt lauscht man seinen Lippen: „Also bei uns heißt das ‚Pfannkuchen’…“

Berliner

Stille. Nicht einmal die Grillen zirpen – selbst denen war das in diesem Moment zu peinlich. Die Verwirrung in den Gesichtern der Beteiligten dürfen sich Sitcom-Fans in etwa so vorstellen, wie wenn Robin aus „How I Met Your Mother“ ihren amerikanischen Freunden von ihren unfreiwillig komischen kanadischen Bräuchen erzählt.

Aber er hat recht. Wer „Berliner Pfannkuchen“ googelt, findet Krapfen … äh Berliner. Im Prinzip auch logisch, „Als Berliner kannst du ja nicht Berliner bestellen.“ Macht Sinn – sonst würde sich einem womöglich noch die stämmige Bedienung hinter dem Tresen in den Schoß werfen.

Was sich einem noch entgegen wirft, sind folgende Fragen: Wenn Berliner zu Krapfen, beziehungsweise Berliner nicht „Berliner“, sondern „Pfannkuchen“ sagen, dabei aber nicht die flachen Teigstücke meinen, die etwas dicker als „Crêpes“ sind, wie bestellen dann Amerikaner „Amerikaner“? Und bestellen Hamburger bei McDonald’s dann „Cheeseburger ohne Käse“?.

Irgendwo in Deutschland dürfte sich deswegen gerade ein „Alfred Krapfen“ im Grab umdrehen. Der liegt übrigens direkt neben „John F. Berliner“ und „P. Fannkuchen“ – die drei waren früher gute Freunde.

Bilder:
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