Game0ver Special: Horror Essentials

Game0ver

Süßes oder Saures?

Es ist Halloween. Und obwohl ich diesen aus den Vereinigten Staaten importierten Unfug normalerweise zu ignorieren versuche, habe ich die Gelegenheit genutzt, mich im Rahmen dieses Specials einem meiner Lieblingsgenres zuzuwenden und euch zu verraten, welche (nicht indizierten) Horror-Games ihr unbedingt ausprobiert haben müsst.

Alan Wake

Was kommt heraus, wenn man die Essenz aus den letzten 30 Jahren Film- und Games-Geschichte aus dem Horror- und Thriller-Genre mit Third-Person-Shooter-Elementen kombiniert? Die Antwort des für „Max Payne“ bekannten finnischen Studios Remedy lautet: „Alan Wake“.

Der titelgebende Bestseller-Autor Alan Wake wollte eigentlich nur einen erholsamen Urlaub in der beschaulichen Kleinstadt Bright Falls verbringen, um die Schreibblockade, an der er seit geraumer Zeit leidet, zu überwinden. Seine Frau Alice hatte ihn dazu überredet, nachdem sie Alans innere Zermürbung und seine daraus resultierende Zuwendung zum Alkohol zwei Jahre lang hingenommen hatte. Doch kurz nach ihrer Ankunft am Cauldron Lake, wo sich das Paar eine Hütte gemietet hatte, stürzt Alice während eines Stromausfalls in den See. Um sie zu retten, springt Alan hinterher.

Eine Woche später erwacht er in seinem Auto, mit dem er offenbar einen Unfall gebaut hat. Von Alice fehlt jede Spur. Auf der Suche nach Hilfe bemerkt Alan, dass in Bright Falls etwas ganz und gar nicht stimmt, denn seine Bewohner sind plötzlich in dunkle Schatten gehüllt – und versuchen, ihn zu töten.

Das Spiel war, so Remedy, als „Mystery-Thriller“ gedacht, hat aber einige durchaus überzeugende Horror-Elemente zu bieten, die es leider häufig selbst wieder demontiert. Da es sich deutlich unter den Erwartungen von Microsoft verkauft hat und folglich ziemlich günstig zu haben ist, können Fans von Stephen King oder Alfred Hitchcock jedoch durchaus einen Blick riskieren.

Alone in the Dark: The New Nightmare

Das Horror-Urgestein „Alone in the Dark“ hat einen schlechten Ruf, was primär auf das unterirdische „Alone in the Dark“ von 2008 zurückzuführen ist. Das Franchise war allerdings nicht immer so schwach, sondern hatte durchaus seine Momente.

Mein persönlicher Serien-Höhepunkt ist zweifellos „Alone in the Dark: The New Nightmare“ (2001). Hier schlüpft ihr wahlweise in die Rolle von Serien-Veteran Edward Carnby oder seiner Partnerin Aline Cedrac, die sich auf den Weg nach Shadow Island begeben, um dort drei mystische Steintafeln zu bergen, in denen dunkle Mächte schlummern. Kurz vor ihrer Ankunft wird ihr Flugzeug angegriffen und beide Protagonisten landen an unterschiedlichen Teilen der Insel.

Gameplay-seitig ist „Alone in the Dark: The New Nightmare“ ein Survival-Horror-Titel alter Schule: Wenig Munition wurde mit Rätseln und einer Übermacht an (leider ständig respawnenden) Monstern kombiniert. Wie in allen Ablegern der Reihe (mit Ausnahme des Spiels von 2008) steht das Spiel mit Licht und Schatten wieder im Mittelpunkt und fungiert als wichtiges atmosphärisches Element.

Amnesia: The Dark Descent

Achtung, Geheimtipp! Das jüngste Werk der „Penumbra“-Macher Frictional Games entführt euch ins Jahr 1839. Ihr erwacht im preußischen Schloss Brennenburg in der Rolle von Daniel, einem Mann, von dem ihr nichts wisst, außer, dass er an Amnesie leidet. In den folgenden Stunden müsst ihr das düstere und verfallene Gemäuer erkunden und herausfinden, was ihr dort eigentlich zu suchen habt.

Recht schnell dürftet ihr zwei Dinge feststellen. Zum einen ist die Dunkelheit euer Feind – Daniel verfällt zunehmend dem Wahnsinn, je länger er sich in totaler Finsternis befindet, weshalb ihr stets eine Öllampe parat haben oder zumindest Kerzen und Fackeln in eurer Umgebung entzünden solltet. Zum anderen seid ihr nicht alleine, denn ein groteskes Wesen macht Jagd auf euch – oder handelt es sich dabei nur um ein Produkt eurer Fantasie?

Cryostasis

Eine weiterer Überraschungshit war das 2009 erschienene „Cryostasis“ vom kleinen ukrainischen Studio Action Forms. Im Jahr 1982 stößt der Meterologe Alexander Nesterov in der Antarktis während eines heftigen Blizzards den gestrandeten Eisbrecher „Nordwind“. Was ihm an diesem Punkt allerdings noch nicht klar ist: Der Schneesturm draußen ist vergleichsweise angenehmer als der eisige Horror drinnen.

Zentrales Feature von „Cryostasis“ ist das „Mental Echo“: Alexander hat ständig Visionen von der Vergangenheit und kann dort nicht nur den Verlauf des furchtbaren Unglücks, dem das Schiff und seine Besatzung zum Opfer fiel, Stück für Stück miterleben, sondern auch die Gegenwart durch sein Handeln manipulieren. Neue Lebenskraft erhält man in „Cryostasis“ nicht etwa durch Medikits, sondern durch Wärme – die klirrende Kälte der Antarktis ist – neben der nunmehr untoten Crew – der größte Feind des Spielers.

Dead Space

Es hätte eigentlich ein Routineeinsatz für den Mechaniker Isaac Clarke werden sollen. Sein Team empfängt ein Notsignal der USG Ishimura, dem größten Minenschiff seiner Klasse, das gerade Bohrungen auf dem Planeten Aegis VII durchführt. Beim Andocken wird ihr Shuttle jedoch beschädigt. Isaac und seine Kollegen machen sich auf, die augenscheinlich verlassene Ishimura zu erkunden, ehe sie von mordlustigen Aliens angegriffen werden – ein Kampf ums Überleben beginnt.

„Im Weltall hört dich niemand schreien“ – treffender lässt sich EAs neues Horror-Franchise nicht beschreiben. „Dead Space“ wurde unter anderem stark von Filmen wie „Event Horizon“ beeinflusst, während das Gameplay primär an Horror/Action-Blends der Marke „Resident Evil 4“ angelehnt ist. Im Unterschied zu Letzterem haben die Entwickler von EA Redwood Shores (heute Visceral Games) allerdings das geschafft, was Capcom aus meiner Sicht nicht erreicht hat – nämlich eine ausgewogene Kombination aus packendem Horror und (funktionalen) Third-Person-Shooter-Elementen herzustellen. Wer „Dead Space“ nicht kennt und sich mit dem Sci-Fi-Setting anfreunden kann, sollte es unbedingt nachholen. Vergangenen Januar ist mit „Dead Space 2“ zudem ein gelungenes Sequel erschienen.

F.E.A.R.

Einer der heftigsten Stilbrüche, die das Horror-Genre in den letzten Jahren erlebt hat, ist mit Sicherheit die „F.E.A.R.“-Reihe vom „No One Lives Forever“-Entwickler Monolith. Hier wurden Elemente japanischer Geistergeschichten (Yūrei) mit „westlichem“ FPS-Gameplay fusioniert. Im Mittelpunkt des Interesses steht Alma, ein Mädchen mit mächtigen telepathischen Fähigkeiten, das erst von ihrem eigenen Vater für Experimente missbraucht und anschließend aufgrund seiner Gefährlichkeit umgebracht wurde. Ihr Durst nach Rache ist allerdings nicht mit ihrem physischen Körper gestorben – „Ring“ und Co. lassen grüßen.

Leider kommt der japanisch angehauchte Horror-Einschlag im Zuge des Franchise nur in Teil eins und dessen Add-on „Extraction Point“ glaubwürdig rüber. Vor allem „F.E.A.R. 3“, für das nicht mehr Monolith zuständig war, hat mit dem Grundgedanken der Serie kaum noch etwas gemein. Das mag zwar schade sein, am Ende des Tages hat mich „F.E.A.R.“ aber ohnehin eher durch seine gelungenen Feuergefechte und intelligente KI als durch seinen Schreckfaktor beeindruckt.

ObsCure II

Klassischer Survival-Horror trifft amerikanischen Teenie-Horror: Eine mysteriöse Pflanze sorgt auf der Leafmore High School für Aufruhr, denn sie eignet sich nicht nur als billige Droge, sondern verwandelt Schüler auch in blutrünstige Bestien.

Zugegeben, „ObsCure“ erfand das Genre mit Sicherheit nicht neu, allerdings macht es seine trashige Teenie-Film-Atmosphäre einzigartig. Interessant ist auch, dass es zu keinem „Game Over“ kommt, sollte einer der vier Protagonisten das Zeitliche segnen – das Spiel läuft einfach weiter, bis alle tot sind, die Story wird entsprechend angepasst. Auch der (leider nicht vollends durchdachte) Coop-Modus kann ein guter Grund sein, sich „ObsCure“ oder sein verbessertes Sequel „ObsCure: The Aftermath“ (in Europa „ObsCure II“) genauer anzusehen.

Project Zero 4: Mask of the Lunar Eclipse

Hier spukt’s! In Tecmos „Project Zero“-Saga dreht sich alles um verfluchte Villen oder Dörfer, die von euch erkunden werden müssen. Geister können jederzeit und von überall angreifen, was die nervliche Anspannung fast durchgehend auf einem hohen Level hält. Ihr könnt den unheimlichen Gestalten aber nicht etwa mit Waffengewalt zu Leibe rücken, sondern müsst sie mittels Fotografie „exorzieren“: Eure praktische Camera Obscura kann Geister nämlich auf Film bannen – im wahrsten Sinne des Wortes.

Es ziehen sich aber noch mehr rote Fäden durch die gesamte Reihe: Die Protagonisten der Spiele sind ausnahmslos Frauen und die Locations immer in Japan angesiedelt. Im Gegensatz zu „Resident Evil“ oder „Silent Hill“ wurde auch an der Formel von „Project Zero“ niemals herumgedoktert, die Serie blieb ihrem Stil bis heute treu.

Der 2008 für Wii erschienene offizielle vierte Teil, „Zero: Tsukihami no Kamen“ (in Europa unter dem Arbeitstitel „Project Zero 4: Mask of the Lunar Eclipse“ bekannt), sollte es leider nie in die europäischen Händlerregale schaffen. Nintendo sicherte sich nämlich die alleinigen Veröffentlichungsrechte für das Spiel und entschied salopp, es ausschließlich in Japan zu vertreiben. Als jemand, der die japanische Version importiert und gespielt hat, kann ich diese Entscheidung nur bedauern – „Project Zero 4“ ist das in meinen Augen beste Wii-Spiel auf dem Markt und, was fast noch wichtiger ist, endlich wieder ein richtiger Core-Titel für die als Casual-Plattform verschriene Konsole. Auf Nintendos verfehlte Veröffentlichungspolitik für den Westen – Stichwort „Operation Rainfall“ – möchte ich in dieser Kolumne aber gar nicht näher eingehen.

„Project Zero“ 1 bis 3 sind für PlayStation 2 und Xbox (ausgenommen Teil drei) jedenfalls auch in Deutschland erhältlich – wer asiatische Geisterfilme wie „Ring“, „Ju-on“ oder „Shutter“ mag und das Franchise nicht kennt, sollte trotz der fragwürdigen englischen Synchronisation unbedingt zugreifen.

Resident Evil (Remake)

Wer kennt die Story des ersten „Resident Evil“ nicht? Weil immer wieder Wanderer in den Arklay Mountains in der Nähe der US-Kleinstadt Raccoon City verschwinden, wird S.T.A.R.S., die Eliteeinheit der lokalen Polizei, geschickt, um nach dem Rechten zu sehen. Das Bravo-Team wird zuerst eingeflogen und verschwindet ebenfalls. Also rückt das Alpha-Team, bestehend aus Jill Valentine, Chris Redfield, Albert Wesker, Barry Burton und Joseph Frost, als Verstärkung aus. Bereits kurz nach ihrer Ankunft wird Frost von hundeähnlichen Monstern getötet, der Rest sucht Zuflucht in einem alten, scheinbar verlassenen Herrenhaus – ohne zu wissen, dass sich der T-Virus, der für die Mutation der Bestien verantwortlich ist, von dort verbreitet hat.

„Resident Evil“ hat 1996 das Horror-Genre entscheidend geprägt. Der für die Reihe typische Adventure-Mix aus Schockmomenten, Item-Knappheit und Rätseln erlangte in den Folgejahren unter dem Begriff „Survival-Horror“ Kultstatus. Ebenfalls wegweisend war eine Entscheidung, die von den Entwicklern bei Capcom aufgrund technischer Limitierungen getroffen wurde: Anstatt zu versuchen, die Spielwelt mit der primitiven 3D-Grafik der Mitte-Neunziger umzusetzen, wurden vorgerenderte Hintergrundbilder verwendet, in denen 3D-Models platziert wurden, was für eine relativ detaillierte Optik sorgte. Präsentiert wurde das Ganze aus einer statischen Kameraperspektive, die meist genau das nicht zeigte, was sich hinter der nächsten Biegung verbarg. Dadurch gelang es, ein Herrenhaus zu schaffen, das zur damaligen Zeit atmosphärischer nicht hätte sein können. Genutzt wurde diese Technik zwar bereits für andere Spiele wie etwa die ersten drei „Alone in the Dark“-Teile, aber bis dato nie so perfektioniert.

Das 2002 erschienene GameCube-Remake erweist dem Klassiker alle Ehre und wartete mit brillanter Grafik sowie neuen Gegnern, Rätseln und Arealen auf. 2009 wurde das Spiel unter dem Titel „Resident Evil Archives“ für die Wii neu aufgelegt – wer es also zu Zeiten von Nintendos violettem Würfel nicht gespielt hat, sollte es spätestens jetzt tun.

Silent Hill 2

Am 21. September feierte eines der absolut genialsten Horror-Spiele, die es je gab, sein zehnjähriges Veröffentlichungs-Jubiläum: 2001 wurden PlayStation-2-Besitzer mit „Silent Hill 2“ beglückt, Xbox und PC sollten wenig später folgen.

James Sunderland versteht die Welt nicht mehr, als er einen Brief von seiner Frau Mary bekommt. An sich nichts Ungewöhnliches, wäre Mary nicht vor Jahren gestorben. Der Brief fordert ihn auf, zu ihrem speziellen Ort in Silent Hill zu kommen – sie würde dort auf ihn warten. Was James, wie allen Protagonisten der Reihe, natürlich nicht klar ist: Auf der einst so idyllischen Kleinstadt lastet inzwischen ein grauenvoller Fluch.

Da Silent Hill Personen anzieht, die vor ihren inneren Dämonen davonlaufen, sind alle menschlichen Besucher der Stadt generell mit ihren eigenen Problemen beschäftigt und somit keine große Hilfe. Nur wenige andere Horror-Franchises vermitteln ein derart starkes Gefühl von völliger Einsamkeit. Hinzu kam eine dichte, wendungsreiche Story, die viel Spielraum für eigene Interpretationen ließ und ein äußerst stimmiger Soundtrack des grandiosen Komponisten Akira Yamaoka, der durch die „Silent Hill“-Serie erst Bekanntheit erlangte. Nächstes Jahr wird „Silent Hill 2“ gemeinsam mit „Silent Hill 3“ als überarbeitete HD-Version in „Silent Hill HD Collection“ für PS3 und Xbox 360 neu veröffentlicht – für Fans von psychologischem Horror ein absolutes Muss!

Der folgende Trailer zeigt übrigens nicht „Silent Hill 2“, sondern „Silent Hill: Downpour“, das ebenfalls 2012 erscheinen wird.

Siren: Blood Curse

Die Marke mit den wohl größten Parallelen zu „Silent Hill“ ist zweifellos Sonys hauseigene Horror-Franchise „Siren“. Dieser Umstand ist leicht erklärbar: Nach der Auflösung von Team Silent im Jahr 2004 verließ ein großer Teil seiner Mitglieder Konami und beteiligte sich an neuen Projekten anderer Firmen. Drei von ihnen landeten beim Japan Studio von Sony und arbeiteten von Beginn am Konzept von „Siren“ mit. Keiichirō Toyama, Game Director und später Produzent der Reihe, hatte dabei den größten Einfluss auf die Gestaltung der Spiele.

Da die drei bisher erschienenen „Siren“-Teile allerdings mit schweren spielerischen Mankos zu kämpfen hatten, wurden die zwei ersten Ableger auf der PS2 (die in Europa noch unter dem Titel „Forbidden Siren veröffentlicht wurden) zumindest im Westen kein großer Verkaufserfolg. Das ursprünglich als Download-Spiel für die PS3 geplante „Siren: Blood Curse“ wurde hingegen oft genug aus dem PlayStation Network (dessen Auswahl damals vor allem im Westen noch äußerst karg war) heruntergeladen, um auch als Box-Compilation auf den Markt zu kommen.

Und was zockt ihr?

Ich hätte die Kolumne noch wesentlich länger fortführen können. Ob „The Suffering“, „Haunting Grounds“ oder „Clock Tower 3“, so viele Spiele fanden keinen Platz mehr in diesem Text, weil diese Kolumne auch irgendwann fertig werden sollte. Andere Titel, über die ich gerne geschrieben hätte, durfte ich wiederum nicht nennen, da sie indiziert sind. Nun seid ihr dran! Welche Vertreter des Horror-Genres lassen euch noch heute das Blut in den Adern gefrieren – und warum? Ich bin auf eure Kommentare gespannt!

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