Review: NHL 12 (PS3)

Wer pünktlich zum Start der kälteren Jahreszeiten sportlich bestens ausgerüstet sein möchte, dem sei ein Blick auf „NHL 12“ von EA ans Herz gelegt. Wir haben für euch die Kufen umgeschnallt, den Schläger ausgepackt und verraten euch in unserem Review, ob der neueste Teil der Serie etwas taugt. Macht euch bereit – es ist Zeit für Hockey!

Im Schatten der Anderen

Eishockey zählt in Deutschland nicht wirklich zum Breitensport. In der Popularität rangiert es wahrscheinlich irgendwo in der Nähe von Handball und Basketball, vermutlich sogar noch leicht darunter. Es soll jedoch Gebiete auf der Erde geben, wo das anders ist. Dort soll es gar so viele Fans geben, dass es für EA Grund genug war, dem Sport ein eigenes Franchise zu widmen. Dieses heißt „NHL“ und feierte in diesem Jahr den erfolgreichsten Vorverkauf aller Zeiten.

Um das Ganze mit Zahlen in die richtige Perspektive zu rücken: „FIFA 12“ konnte in diesem Jahr weltweit etwas mehr als 600.000 Vorbestellungen verzeichnen. Keine außergewöhnliche Zahl, für das jährlich wohl meisterwartetste Sportspiel Europas. Die Dimensionen für Eishockey sind aber nicht minder beeindruckend. „NHL 12“ erreichte weltweit 400.000 Vorbestellungen und gehört damit genauso zu den Schwergewichten.

Gut aufgestellt

Im Vergleich zu seinem Vorgänger soll der neueste Teil der Serie mit bis zu „300 Verbesserungen“ auftrumpfen, so die Angabe des Herstellers. Dass sich diese bei jährlichen Veröffentlichungen traditionell in kleinerem Rahmen halten, ist bekannt. Die gewichtigeren Änderungen beschränken sich auf eine neue Physik-Engine, eine Überarbeitung des aus anderen EA-Sportspielen bekannten „Be a Pro“-Modus sowie auf eine bessere Torhüter-KI.

Bei den Lizenzen wurden wie gewohnt die Hausaufgaben gemacht. „NHL 12“ verfügt über 8 voll lizenzierte Ligen, darunter NHL, AHL und die deutsche DEL. Letztere allerdings mit dem Kader aus der vergangenen Saison, bedingt durch die Tatsache, dass in Deutschland die neue Saison erst nach Spielveröffentlichung startete. EA hat jedoch Abhilfe geschafft und Anfang Oktober ein Kader-Update herausgebracht, sodass auch dieses Manko ausgebessert wurde.

Erste Erfahrungen

„NHL 12“ funktioniert auch, wenn man vorher keinerlei Kontakt mit Eishockey hatte. Es funktioniert sogar ausgezeichnet. Die Regeln des Spiels sind für Neulinge keine Hürde und ergeben sich beim Spielen. Sechs Spieler pro Mannschaft, zwei Tore und ein Puck – das Spielgerät. Ihr habt drei Spieldrittel à 20 Minuten, in denen ihr versuchen müsst, den Puck möglichst oft im gegnerischen Tor zu versenken. Um eurem Ziel Nachdruck zu verleihen, könnt ihr dabei mit vollem Körpereinsatz agieren. Abgesehen von Stockschlägen und anderen einleuchtend-bösen Fouls ist fast alles erlaubt.

Wer ein Spiel der Serie zum ersten Mal spielt, der ist beeindruckt von der Atmosphäre in der Arena, der Einfachheit des Spiels und der Härte auf dem Eis. Da werden Pluspunkte gesammelt. Der Puck wechselt blitzschnell zwischen den Reihen hin und her, zu sehen gibt es spektakuläre Tore und zu hören ein tobendes Publikum. Ist diese Überwältigung nach einigen Spielen abgeebbt, fällt man jedoch erst einmal in ein kleines Loch.

Brutal und unnachgiebig

Dieses Loch entsteht vor allen Dingen, wenn der Spieler nach den ersten Partien seinen Siegesdrang entwickelt. Zu Beginn schmerzen die Niederlagen nicht so sehr. Man schießt einige Tore, hat seine Erfolgsmomente und genießt einfach das noch unbekannte Spektakel. Findet man sich jedoch zur Hälfte der ersten eigenen Saison dann auf den letzten Plätzen wieder und das, obwohl man nur auf dem zweitleichtesten Schwierigkeitsgrad spielt, steigt der Frust und die Verzweiflung.

Denn wenngleich „NHL 12“ sehr viel richtig macht, wie wir später noch sehen werden, so ist das mit Abstand größte Manko die Einsteigerunfreundlichkeit. Ihr bekommt nur ein sehr rudimentäres In-Game-Turorial an die Hand gelegt und ein Handbuch wurde gleich komplett wegrationalisiert. Das gibt es nur in digitaler Form im Spiel. Auch die Torhüter machen es euch nicht leicht. Erfahrene Spieler dürften den Dreh raus haben, aber für Neulinge ist gerade zu Beginn eine Torausbeute von zehn Prozent leider die Realität. Die schwierige Steuer mit beiden Sticks sorgt für ihr Übriges.

Doch am Ball, beziehungsweise Puck zu bleiben lohnt sich! Wer sich in der Höhle des Löwen bewährt, kann auch die anderen Vorzüge des Spiels genießen.

Ein Ohrenschmaus

Im Audiobereich hat EA solide Arbeit geleistet. Die Atmosphäre in der Arena ist absolut hervorragend. Die Zuschauer machen sie regelmäßig zum Hexenkessel und sorgen für die nötige Euphorie. Gerate ich mit meinen geliebten Edmonton Oilers einmal in Rückstand, schallt es sofort „Let’s go Oilers, let’s go!“ durchs Rund! So weit sollte es natürlich logischerweise nicht kommen, deshalb ist es noch schöner, wenn der Stadionsprecher nach dem gelungenen Anschlusstreffer euphorisch den neuen Spielstand verkündet. Langweilig wird das nie. Eine bedauerliche Fußnote: Spielt ihr in der DEL, ist die Zuschaueratmosphäre nur mit Abstrichen vergleichbar.

Über die englischsprachigen Kommentatoren kann man geteilter Meinung sein. Ich persönliche finde sie sehr gelungen, authentisch und sehr flüssig in ihren Bemerkungen. Andere Leute führten sie als Kritikpunkt an. Meiner Meinung nach fördern sie die ausgezeichnete Atmosphäre.

Nicht so gelungen ist der implementierte Soundtrack. Über den Geschmack kann man bekanntlich streiten, daher steht die Auswahl hier nicht zu Debatte. Keine Diskussion lässt jedoch der Umfang zu, der mit 14(!) Titeln deutlich zu klein ausfällt! Jedes gute Album hat mehr zu bieten und auch der Fußball spielende Cousin „FIFA 12“ hat mit 39 Songs fast das Dreifache in petto. Immerhin: „NHL 12“ verfügt über die Möglichkeit, eure eigene Musik einzubauen und bietet so die Chance, selber nachbessern zu können.

Grafisch nicht zu verachten

Im Grafikbereich lässt man nichts anbrennen. Es revolutioniert nicht, stattdessen befindet man sich im Gutbürgertum der PlayStation-3-Nachbarschaft. Ein weiterer Vergleich mit „FIFA 12“, sofern das möglich ist, ergibt ein etwas besseres Ende für die Eishockey-Konkurrenz.

Besonders schön anzusehen sind die Lichtspiegelungen auf der Eisfläche, welche ihr übrigens im Spielverlauf mit vereinzelten tiefen Schlittschuhspuren übersät. Die Spieler sind allesamt ansprechend dargestellt, sollen allerdings nicht immer überzeugend ihren realen Vorbildern entsprechen. Die Animationen lassen jedoch keine Wünsche offen und sind absolut flüssig und schön anzusehen. Das gilt weniger für die manchmal eingeblendete Zuschauerkulisse auf PlayStation-2-Niveau.

Spielmodi und Online

Im Bereich der unterschiedlichen Spielmodi könnt ihr euch voll und ganz austoben. Egal, ob ihr eine schnelle Partie oder eine ganze Saison spielen wollt, ihr habt die Wahl. Wollt ihr in „Be a Pro“ euren eigenen Spieler kreieren oder die Karriere eines bestehenden Spielers übernehmen? Kein Problem. In „Be a Legend“ übernehmt ihr die Kontrolle über Legenden vergangener Tage wie Gretzky oder Lemieux und führt sie erneut zu Weltruhm.

Im Online-Bereich des Spielers erwartet euch ein ähnlicher Umfang. Ihr könnt einzelne Matches oder reale Saisons mit eigenen Ligen spielen und euch durch von EA veranstaltete Events kämpfen. Nehmt das Gamepad in die Hand und erklimmt die Weltrangliste. Das Spiel bietet euch alles, was ihr euch in dieser Hinsicht wünschen könnt.

Fazit

„NHL 12“ ist nicht bloß eine Abwechslung, es ist eine echte Alternative! Kleinere Mängel wie der schwache Soundtrack und der schwere Einstieg können nicht von der Tatsache ablenken, dass es sich um ein ausgezeichnetes, gut ausbalanciertes Spiel handelt, dem es gelingt, die gesamte Faszination der Sportart zu transportieren.

Die bombastische Atmosphäre in der Arena und das flüssige Gameplay lassen euch den Schläger immer wieder in die Hand nehmen. Schließlich bieten euch auch die unzähligen Spielmodi genug Langzeitmotivation. Kurzum: „NHL 12“ ließ mich zu einem Eishockey-Fan werden.

Bilder:
© EA / EA.com

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