Es ist gut möglich, dass die Idee zu „Rotastic“ nach dem Konsum eines „Spiderman“-Spiels in die Köpfe der Entwickler kroch. Prinzipiell müsst ihr bei „Rotastic“ nämlich das machen, was in den Versoftungen des Marvel-Helden eigentlich am meisten Spaß gemacht hat: Mit einem Seil von Ort zu Ort zu springen und seinen Charakter kurze Zeit fliegen sehen.
„Rotastic“ mischt dies mit Sammel- und Zerstöraufgaben, einer spaßigen Multiplayer-Idee und Elementen, die an den Spieleklassiker „Arkanoid“ erinnern. Zusätzlich hatte Focus Entertainment das Glück, ein Designteam zu haben, dass offensichtlich Spaß an der Sache gefunden hat und einen comichaften, dennoch recht kruden Humor in das Spiel zeichnen konnte. Ob diese recht einfache Idee den Preis von 800 MS-Punkten rechtfertigt, erfahrt ihr in diesem Test.
You spin me right round, baby right round…
Das Spielfeld besteht aus einem fixierten, leicht animierten Hintergrund, auf der zunächst nur ein paar rosane Kreise die eigentliche Spielfläche ausfüllen. An ihnen werden die Wurfhaken befestigt, mit denen ihr euch durch die Levels schwingen könnt. Ein Knopfdruck reicht und euer Charakter befestigt sich an dem ihm am nächsten stehenden Kreis. Er dreht je nach Geschwindigkeit und Fallrichtung seine Kreise und lässt erst wieder los, wenn ihr den Befehl dazu gebt. Je nach Zeitpunkt des Loslassens fliegt euer Charakter nun durch den Level und lässt sich auch erst durch Werfen des Wurfhakens in irgendeiner Art beeinflussen. Ihr müsst schon wissen, was ihr tut, ansonsten segelt euer Charakter hilflos auf den Abgrund zu oder verfehlt die einzusammelnden Rubine. Schwingt ihr in einem bestimmtem Muster wie einer Acht oder einem Dreieck durch die Luft, bekommt ihr Extrapunkte.
Einmal eingeharkt, ist eure einzige Waffe die Möglichkeit, eure Drehrichtung zu verändern. Eine Kraftanzeige verhindert, dass ihr nach Lust und Laune die Richtung wechseln könnt. Somit müsst ihr den Moment des Rotationswechsels perfekt abstimmen. Auch bei voller Kraft habt ihr jedoch keine Chance, die Länge eures Seils zu verändern. Wenn euer Charakter die Rubine nicht einsacken kann, gilt es, einen Weg zu finden, sich erneut an dem selben Punkt einzuklinken.
Soweit zur Spielmechanik. Es gilt nun, die Wurf- und Schwingtechnik zu meistern, um den Ansprüchen der späteren Levels gerecht zu werden. Rubine werden nach dem Einsammeln an völlig neuen Orten positioniert, Steine wollen zerstört und Gegnern muss entkommen werden. Am Ende eines jeden Levels wird eure Leistung kumuliert und ihr verdient einen bronzenen, silbernen, goldenen oder Diamantenhelm. Dabei ist die eingesetzte Zeit einer der ausschlaggebendsten Faktoren. Wollt ihr also den Diamantenhelm bekommen, dürft ihr euch keinen Fehler erlauben.
Je geringer der Einsatz, desto größer der Spaß
Seid ihr erpicht darauf, eine anständige Wertung zu erhalten, so macht euch darauf gefasst, sehr bald frustriert euren Controller in die Ecke zu feuern. Das Spiel ist selbst bei kleinen Fehlern erbarmungslos. Eine Millisekunde zu früh den Haken ausgeworfen und ihr verpasst die Rubine, welche vielleicht gerade mal ein Pixel von eurem Charakter entfernt sind. Da ihr euch völlig neu einhaken müsst, könnt ihr die bestmögliche Zeitwertung schon mal vergessen. Mixt diese Umstände mit Gegnern oder Hindernissen, die euch noch zusätzlich das Leben schwer machen, und die Motivation, in jedem Level eine gute Wertung zu erhalten, nähert sich immer weiter dem absoluten Tiefpunkt.
Es gibt viele andere Spiele, deren Herausforderung in Pixelgenauem Timing besteht, die aber dennoch die Motivation, es besser zu machen, sehr viel höher halten können, als es „Rotastic“ schafft. Dieser Umstand entsteht durch „Rotastic“s Gnadenlosigkeit und dem Gefühl, nicht besser werden zu können. Die Distanz zwischen dem Charakter und dem Anharkpunkt ist unter Hektik und Zeitdruck nicht so genau zu bestimmen, wie es das Spiel gerne hätte. Gleichzeitig sind die Anforderungen mancher Level so überwältigend, nervig und frustrierend, das der Spaß schnell zu einer gefühlten Arbeit verkommt. Das ist in kurzen Abständen durchaus vertretbar, doch ein Xbox-Live-Spiel sollte eher zu langen Spielesessions einladen. Die Mentalität eines „Rotastic“ ist eher bei als 0,99 Euro teuren Smartphone-Spielen zu finden. Es ist sowieso verwunderlich, warum „Rotastic“ nicht den Weg auf die Handys dieser Welt gefunden hat.
It’s easy. Just get everything!
Der Eindruck, dass „Rotastic“ eher auf ein Smartphone als die heimische 360 gehört, wird auch im Sound- und Grafikdepartment deutlich. Ihr findet hier lediglich einen relativ simplen Flash-Look vor, der sowohl im Vordergrund, als auch im Hintergrund mit einer geringen Anzahl von Animationen aufwartet. Das fällt auf einem 70-Zoll-Bildschirm einfach unangenehmer auf, als auf einem 3-Zoll-Handybildschirm. Dabei unterstelle ich den Grafikdesignern nicht, dass sie keinen Charme und Arbeit in die wenigen Animationen und Bilder gesteckt haben. Drachen, die mehr aussehen wie Kugelfische, Männer, die versuchen, sich an Balken festzuhalten oder ein übergroßes Küken mit einem Rubin im Mund. Tatsächlich bringt „Rotastic“ mit seinem abgefahrenen, schrillen Humor den einen oder anderen Lacher aus euch heraus. Die Soundabteilung hoffte wohl, dem gleich kommen zu können und verbohrte sich so sehr in ihr Ziel, dass sie völlig darüber hinaus schoss.
Das Dilemma beginnt schon bei der Logoshow vor dem eigentlichen Start des Spieles. Der Moderator kann es sich nicht verkneifen, bei jeder beteiligten Firma Sachen wie: „I like this People“ oder „Their games are nice“ auf den Soundchip zu hämmern. Dabei wirkt das nicht lustig, cool oder motivierend, wie es wahrscheinlich gewollt war, sondern einfach völlig gefaked. Ein bisschen so, wie dieser übermäßig aufgedrehte Stil aus den alten Videospielwerbungen, nur noch mehr um Aufmerksamkeit bettelnder.
Wenn es euch da nicht schon nervt, so werdet ihr bei jedem Levelstart und jeder Levelwiederholung, einen von vier gesprochen Phrasen in der selben Art und Weise serviert bekommen. Der Ausspruch variiert je nach Zielstellung des Levels. Da ihr in den ersten Arenen jedoch lediglich Rubine sammeln müsst, wird euch in der ersten halben Stunde des Spiels der Satz „It’s easy. Just get everything!“ bestimmt 50 Mal um die Ohren gehauen. In den späteren Sammelleveln verkommt der Spruch außerdem mehr und mehr zum Hohn. Denn wenn die Aufgabe so einfach wäre wie angepriesen, müsste man sie ja schon längst geschafft haben. Tatsächlich hängt man schon gefühlte 20 Versuche an der Aufgabe, nur um eine gute Wertung zu erhalten. Das Allerschlimmste am Sounddepartment ist jedoch, dass man den „Moderator“ nicht abstellen kann, ohne den Rest der Soundeffekte auch auszustellen.
Fazit
„Rotastic“ gehört nicht für 800 Microsoft Punkte auf den Xbox Live Marketplace. 400 wären eher angemessen. Aber selbst dabei muss man sich vor Augen halten, dass ähnliche Spiele für 99 Cent im App Store von Apple zu finden sind. Tatsächlich wäre das Handy der perfekte Ort für „Rotastic“ gewesen. Es hält durch sein frikeliges, gnadenloses Gameplay nur für kurze Zeit an der Stange, da die Frustration mit der Zeit einfach zu groß wird. Eine kurze Weile macht dieses Spiel durch seinen gelungen Humor und der prinzipiell einfachen Spielmechanik jedoch durchaus Spaß. Besonders im Multiplayer kann es für fünf Minuten durchaus die Laune nach oben treiben. In diesen kurzen Runden fällt die Gnadenlosigkeit auch nicht besonders ins Gewicht, da jeder mit der Steuerung zu kämpfen hat und man sich gegenseitig anstacheln und ausbooten kann. Dann ist die Luft aber auch wieder raus und das Spiel liegt ungenutzt auf der Festplatte – einen Anlass, sich so schnell wieder vor die Xbox zu setzen, liefert „Rotastic“ nicht.
Bilder:
© Focus Entertainment / focus-home.com
Schlagworte: Arcade, Casual Game, Casual Games, Dancing Dots, Focus Entertainment, game, Games, kurzweilig, PC Digital, PlayStation Network, PS3, PSN, Review, Rotastic, Videogame, Videospiel, Videospiele, Xbox 360, XBOX LIVE, XBOX LIVE ARCADE