Review: Fallout: NV – Lonesome Road DLC (PC)

Viel Action, wenig Spielzeit

Mit dem vierten und letzten DLC „Lonesome Road“ kommt die Reise des namenlosen Kuriers knapp ein Jahr nach Veröffentlichung des Hauptspiels zu ihrem Ende. Diesmal zieht es den Spieler in die Kluft, um Ulysses, den ursprünglichen Kurier sechs aus der Main Quest, ausfindig zu machen. Ein würdiges Finale?

In der Main Quest führt euch der Weg des Kuriers schon ziemlich früh in die kleine Ortschaft Primm, die von der RNK abgeriegelt wurde, da die Pulverbanditen, eine Gang aus entflohenen Sträflingen, dort ihr Unwesen treiben. Helft ihr den Bewohnern, sie los zu werden, bekommt ihr von Johnson Nash, dem Betreiber der lokalen Zweigstelle des Mojave Express, einen Hinweis: Das Paket mit dem Platinum Chip hätte eigentlich von jemand anderem transportiert werden sollen. Dieser Kurier hat jedoch, als er den Namen des Spielers auf der Mitarbeiterliste gesehen hat, den lukrativen Job überraschend abgelehnt und verschwand danach spurlos.

Nachdem ihr in „Dead Money“ und „Honest Hearts“ bereits einiges über diesen mysteriösen Fremden, der sich selbst Ulysses nennt, gehört habt, nimmt er in „Lonesome Road“ schließlich selbst Kontakt auf. Er möchte die Differenzen mit dem Spieler endgültig klären und fordert diesen auf, ihn in der Divide (die in der deutschen Sprachfassung mit „Kluft“ übersetzt wurde – eine, wie ich finde, lahme Bezeichnung für einen ziemlich aufregenden Ort) zu treffen – einer Gegend, die sowohl von der RNK als auch der Legion aus gutem Grund seit geraumer Zeit gemieden wird. Der schicksalhafte Kampf zwischen den beiden Kurieren um die Zukunft der Mojave steht unmittelbar bevor.

Ein unerwartetes Wiedersehen

Wollt ihr die Kluft betreten, erhaltet ihr vom Spiel eine Warnung, dass dieses Areal nur für fortgeschrittene Kuriere ab Level 25 empfohlen ist. Zum Start von „Lonesome Road“ war ich auf Level 45 – kein Problem also, dachte ich. Wenig später sollte ich jedoch herausfinden, was es mit dieser Empfehlung auf sich hat.

Fallout: New Vegas - Lonesome Road
Willkommen in der Kluft – Zum Vergrößern anklicken

Die Reise entlang der im Vergleich zum Hauptspiel äußerst linearen „Lonesome Road“ führt zunächst in ein Raketensilo aus Vorkriegstagen, das sich offenbar einst in Händen der Enklave befand, ehe diese von der RNK vertrieben wurde. Da ihr, wie bei den anderen „New Vegas“-DLCs, keine Kompagnons aus der Mojave in das neue Gebiet mitnehmen könnt, ist es eine umso erfreulichere Überraschung, hier auf ein bekanntes Gesicht zu treffen: ED-E, der kleine Eyebot aus Primm, steht dem Kurier auch bei seinem aktuellen Abenteuer zur Seite.

Seine Hilfe ist in den nächsten paar Spielstunden durchaus willkommen, da er nämlich selbst im Hardcore-Modus unzerstörbar ist und von Gegnern nur temporär „bewusstlos“ gemacht werden kann. Dies hat allerdings einen simplen Grund: Der ED-E aus der Kluft ist nicht euer Roboter-Freund aus der Mojave, sondern ein Nachbau, der etwas modifiziert wurde.

Dies betrifft nicht nur seine Primärwaffe – statt eines Lasers bedient sich die Kluft-Version elektrischer Entladung, um Feinden zu schaden – sondern auch seine Relevanz für das Spiel. Um weiterzukommen, müssen versiegelte Türen häufig via Konsolen oder Terminals geöffnet werden. Diese sind allerdings zu gut gesichert, um von euch gehackt zu werden. Hier kommt ED-E zum Einsatz: In seinem Speicher befinden sich die Codes zur Dechiffrierung jeder noch so starken Verschlüsselung des Vorkriegsmilitärs. Wäre es möglich, ED-E zu zerstören, würde die gesamte „Lonesome Road“-Quest daher automatisch scheitern, da der Kurier irgendwann wortwörtlich vor verschlossenen Türen stünde. Um den Spielern dieses und andere Frust-Erlebnisse zu ersparen, haben die Entwickler also vorgesorgt.

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Impressionen aus der Kluft – Zum Vergrößern anklicken

Da die Kluft ausgestorben ist, gibt es keine Händler, bei denen man Nahrungsmittel, medizinische Güter, Waffen, Mods oder Munition kaufen kann – ein weiteres Problem, bei dessen Lösung ED-E gerne behilflich ist. Der kleine Roboter kann einmal pro Tag etwas Munition generieren und eine Rüstung oder Waffe reparieren, außerdem ist er in der Lage, den Lockdown der Versorgungsstationen, die in vielen der Bunker und Ruinen zu finden sind, aufzuheben, und euch so Zugang zu einem gut sortierten Marktplatz zu geben. Zusätzlich können die Fähigkeiten eures Blech-Kameraden durch insgesamt fünf Upgrades aufgerüstet werden, deren Verbesserungen sich später auch auf das Mojave-Modell übertragen.

Zusammen macht ihr euch auf die Suche nach Ulysses. Allerdings ist die Reise durch das von Erdbeben und Stürmen gezeichnete Ödland auch zu zweit nicht ungefährlich, denn kurz nach Verlassen des Raketensilos müsst ihr erkennen, dass die Kluft gar nicht so tot ist, wie ihr dachtet.

Du bist nicht allein…

Habt ihr es anfangs nur mit ein paar Sicherheitsrobotern zu tun, die für „New Vegas“-Veteranen keine Herausforderung darstellen, trefft ihr wenig später auf die Gezeichneten. Dabei handelt es sich um einen bunt gemischten Haufen aus den Überlebenden all der RNK- und Legion-Spähtrupps, die im Laufe der Zeit in die Kluft geschickt und von deren lebensfeindlichen Bedingungen „gezeichnet“ wurden, sodass sie ihre Identität und den Hass aufeinander beinahe vollständig vergaßen und ihren Groll stattdessen gegen „Eindringlinge“ richten. Im Grunde sind die gezeichneten eine Armee aus Ghulen, denen die andauernden Stürme die faulige Haut vom Leib gerissen hat. Zwar halten sie einiges aus, seid ihr aber hoch genug gelevelt und im Besitz der entsprechenden Ausrüstung, dürftet ihr mit den grotesken Gestalten relativ problemlos fertig werden. Ich wünschte, ich könnte das gleiche über das Getier sagen, das die Kluft unsicher macht.

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Ein Bunker in der Kluft – Zum Vergrößern anklicken

Neben dem besten Freund eines jeden Fallout-Spielers, den Todeskrallen, stellen vor allem die Tunnelgräber – eine Art subhumane Lebensform – eine akute Bedrohung dar. Zum einen greifen sie niemals alleine, sondern in Rudeln an, zum anderen schützt selbst die härteste Powerrüstung und das stärkste Med-X nicht davor, äußerst zügig von ihnen gekillt zu werden – vor allem, wenn sie den Spieler bedrängen oder umzingeln. Ein Tunnelgräber verursacht fast so viel Schaden wie eine Todeskralle, allerdings sind sie wesentlich wendiger und, aufgrund ihrer geringen Körpergröße, wesentlich schwerer außerhalb von V.A.T.S. zu treffen.

Stichwort Todeskrallen: Die in der Kluft beheimateten Todeskrallen sind deutlich stärker als ihre Artgenossen aus dem Ödland, da sich ihre Stärke exponentiell zum Level des Spielers erhöht. Hinzu kommen Sondervarianten wie die verstrahlten Todeskrallen (diese haben zwar eine Schadensschwelle und -resistenz von null, verursachen dafür aber Strahlungsschaden bei jedem Treffer) und Rawr, eine einzigartige Todeskralle, deren Angriffe noch stärker als die der legendären Todeskralle aus der Mojave ist und die selbst mit einem „Fat Man“-Raketenwerfer nur sehr schwer bezwungen werden kann. Die Level-Empfehlung zu Beginn des DLCs ist also definitiv kein Scherz und sollte, will man sich allzu heftigen Frust ersparen, unbedingt ernst genommen werden.

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Ich hatte sie schon fast vermisst… – Zum Vergrößern anklicken

Kaboom!

Abgesehen davon, dass euch jedes Lebewesen in eurem Umfeld ans Leder will, wird euer Fortkommen durch eingestürzte Brücken oder Ruinen zusätzlich erschwert. Glücklicherweise ist das Landschaftsbild der Kluft mit Raketensilos gespickt, weshalb mehr als genug noch aktive Sprengköpfe in der Gegend herumliegen. Der Weg ist versperrt? Kein Problem, sprengt ihn einfach frei! Insgesamt warten 30 Sprengköpfe darauf, von euch gezündet zu werden. Wenn sie nicht gerade zur Beseitigung von Barrieren und Feinden in ihrem Explosionsradius dienen, machen sie häufig auch verborgenen Loot zugänglich. Es lohnt sich also durchaus, nach Sprengköpfen Ausschau zu halten – und sei es für die hübsche, bildschirmfüllende Detonationsanimation.

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Ein Pfad wird freigesprengt – Zum Vergrößern anklicken

Explosiv geht es auch mit der Story von „Lonesome Road“ weiter. Ulysses möchte nämlich sowohl die RNK als auch die Legion mit dem gewaltigen Arsenal an Atomraketen auslöschen, das in den Bunkern der Kluft schlummert. Schafft ihr es, ihn von seinem Vorhaben abzubringen – entweder diplomatisch oder durch Gewalt – liegt nun euer Finger auf dem „roten Knopf“: Ihr könnt entweder nur die RNK, nur die Legion, beide oder niemanden bombardieren. Diese Entscheidung hat permanente Auswirkungen auf euren Ruf in der Mojave – im positiven wie negativen Sinne.

Durch einen Angriff auf die RNK und/oder die Legion bekommt ihr allerdings Zugriff auf ein beziehungsweise zwei neue Gebiete in der Mojave – Dry Wells (Legion) und die Long 15 (RNK). Hier erwarten auch zwei besonders zähe „Bosse“ – Gaius Magnus (Dry Wells) und Colonel Royez (Long 15) – mit dem Rest ihrer durch die starke Strahlung der Bomben ghulifizierten Truppen. Sie sind selbst aus Sicht von Level-50-Spielern extrem zäh und können, wie alle Ghule, ihre Lebensenergie regenerieren, liefern aber äußerst wertvollen Loot, falls es gelingt, sie zu erledigen.

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Die Bomben fallen erneut – Zum Vergrößern anklicken

Zu viel Geld, zu wenig Welt

Nachdem ich lang und breit geschildert habe, was für brutale Feinde euch erwarten, werdet ihr sicher vollgepackt mit Medizin und Munition die „Lonesome Road“ betreten wollen. Tut das nicht! Sobald ihr nämlich eurem ersten Gezeichneten begegnet, sind eure Geldsorgen für den Rest des DLCs vergessen.

Die Gezeichneten tragen, obwohl es sich um Soldaten der RNK und der Legion handelt, nämlich keine Uniformen ihrer jeweiligen Fraktion, sondern äußerst rudimentär wirkende, mit Altmetall und Schrott verstärkte Rüstungen. So schwach diese im Vergleich zu Items wie der US Kampfrüstung auch sein mögen: Ihr erhaltet, je nachdem wie stark euer „Feilschen“-Skill ausgeprägt ist, bis zu 2.300 Kronkorken, wenn ihr sie an Versorgungsstationen verkauft. Da ihr im Laufe eures Abenteuers einem ganzen Haufen Gezeichneter begegnet, habt ihr bald mehr Rüstungen in eurem Inventar, als euch lieb ist. Glücklicherweise haben die Versorgungsstationen ein voneinander unabhängiges Guthaben, sodass ihr bis zu 6.000 Kronkorken an Material pro Automat verticken könnt. Wem also beim Anblick von teuren Waffen wie dem „Roten Schein“ und dessen Mods (von denen jeder mit über 11.000 Kronkorken zu Buche schlägt) schwindelig geworden ist, hat angesichts dieser praktischen Finanzspritze nichts zu befürchten – die Kluft „beschenkt“ euch mit weit mehr, als ihr ausgeben könnt. Betretet die „Lonesome Road“ daher nicht zu schwer bepackt – ihr braucht den Platz in eurem Inventar für die kommende Masse an Loot.

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Angriff der Gezeichneten – Zum Vergrößern anklicken

Das wohl Auffälligste an „Lonesome Road“ ist sein linearer Aufbau, gerade im Vergleich zu den anderen Erweiterungen von „Fallout: New Vegas“. Es gibt zwar ein paar Plätze, die erforscht werden können, aber im Großen und Ganzen landet man relativ schnell wieder auf dem von der „Lonesome Road“-Quest vorgegebenen Pfad. Dies ist nicht nur in Hinblick auf „Honest Hearts“ und „Old World Blues“ ärgerlich, die beide mit umfangreichen neuen Gebieten aufwarten konnten, sondern vor allem aufgrund der augenscheinlichen Größe der Kluft einfach irritierend: Betritt man die Kluft zum ersten Mal, findet man sich auf einem schmalen Gebirgspfad wieder und überblickt ein gewaltiges Areal (siehe Screenshot), von dem man aber nur einen Bruchteil zu sehen bekommt. In Kombination mit dem akuten Mangel an Nebenquests stellt sich mir die Frage, wieso die Veröffentlichung von „Lonesome Road“ eigentlich um rund einen Monat verschoben werden musste.

Dass es an der Qualitätssicherung lag, bezweifle ich jedenfalls, denn die neue Erweiterung strotzt vor Bugs. Es gibt nicht nur diverse Möglichkeiten, das Spiel kontrolliert und reproduzierbar zum Absturz zu bringen, auch Clippingfehler (Leichen bleiben nach Explosionen in Wänden oder Objekten stecken) und ein amüsanter Inventar-Glitch eures Freundes ED-E zeugen davon, dass hier definitiv noch einmal nachgepatcht werden muss.

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Ulysses wartet… – Zum Vergrößern anklicken

Wie beim Hauptspiel ist auch bei diesem DLC die deutsche Synchronisation eine meiner größten Kritikpunkte. Vor allem die neue Stimme von Ulysses klingt mehr nach einem alten Mann und weniger nach einem kühlen, emotionslosen Taktiker. Für seinen englischen Sprecher habe ich hingegen nichts als großes Lob – eine absolut großartige Arbeit! Mein Tipp lautet daher: Falls ihr über eine Importversion verfügt, stellt euer Spiel via Steam unbedingt auf Englisch um. Besitzer der zensierten USK-Version müssen sich hingegen leider mit der deutschen Vertonung begnügen, da sie die Sprache nicht ändern können.

Ein finaler, wenn auch wenig gewichtiger Störfaktor ist zudem ED-Es neue Rolle als Allround-Talent. Ich fasse zusammen: ED-E ist nicht nur im Kampf unzerstörbar, sondern gibt euch zusätzlich Munition für verschiedene Waffentypen und eine überdurchschnittliche Reparatur pro Spieltag – kostenlos. Des Weiteren entsperrt er Terminals und Versorgungsstationen und ihr profitiert natürlich auch bei diesem ED-E von dem „Erweiterte Sensoren“-Perk und 210 zusätzlichen Inventar-Slots (mit dem bereits erwähnten Bug sogar noch mehr), die ihr mit den Rüstungen der Gezeichneten vollpacken könnt. Sämtliche Fähigkeiten und Upgrades des ED-E aus der Kluft werden nach Abschluss von „Lonesome Road“ zudem auf sein Mojave-Pendant übertragen, was ihn zu einem fast schon übermächtigen Verbündeten macht. Zumindest Letzteres hätten die Entwickler sich, aus Gründen der Spielbalance, sparen können.

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Extrem nervig: Tunnelgräber – Zum Vergrößern anklicken

Fazit, Sebastian Meinke

Mein finaler Eindruck von „Lonesome Road“ ist gespalten. Einerseits hat mir die Geschichte rund um Ulysses sowie ihre Konsequenzen für die Main Quest sehr gefallen, andererseits enttäuschte mich der Mangel an Nebenquests und der lineare Aufbau der Spielwelt. Das Wichtigste ist aber: „Lonesome Road“ ist amüsant, aber nicht „episch“ und daher, unabhängig von seiner spielerischen Qualität, mit Sicherheit kein würdiger Abschluss für die Geschichte von „Fallout: New Vegas“. Ich wurde beim Spielen das Gefühl nicht los, einen Lückenfüller vor mir zu haben, der nur alle offenen Fragen klären sollte, die in den vorherigen DLCs aufgeworfen wurden, ohne allzu viele Ressourcen, ob finanziell oder personell, zu verschlingen. Immerhin wurden den Fans noch ein paar kleine Herzenswünsche erfüllt. Ihr wollt Uniformen, die aussehen wie jene von General Oliver und Legat Lanius? Bitteschön. Ihr habt Bock auf einen Raketenwerfer mit Bergen an Munition, um einmal so richtig die Sau rauszulassen? Ist auch vorhanden. Ich hatte mir nach dem wirklich guten „Old World Blues“ für das große Finale aber einfach wesentlich mehr erhofft, als ein kurzes Intermezzo mit Ulysses und ein paar neue Items – schade.

Bilder:
© Sebastian Meinke

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