Atmosphäre so dick, dass man sie schneiden kann
Nachdem ich das erste Kapitel meines Beta-Abenteuers der Verteidigung des viel kritisierten Skillsystems gewidmet habe, ist es nun Zeit, auf die Welt von „Diablo III“ einzugehen. Kann das Flair des neuen Abenteuers mit dem seiner Vorgänger mithalten und die Geschichte um die Invasion Sanktuarios zu einem würdigen Ende bringen?
Beim ersten Start der Beta ist mir allem voran eins aufgefallen: Ich hatte anfangs keinen Sound. Keiner weiß woran es lag, aber als dann plötzlich die wohlig vertrauten Klänge Tristrams – der zentrale Ort des ersten „Diablos“ und nach seiner Zerstörung auch ein Gebiet in „Diablo II“ – durch meine Wohnung schallten, ist mir doch glatt ein begeisterter Seufzer entfahren. Mit Neu Tristram und dem damit verbundenen Sound-Recycling hat Blizzard es sich natürlich ein wenig einfach gemacht, aber gleichzeitig kann man die Rückkehr alter Fans kaum schöner begrüßen als mit dem beliebtesten aller „Diablo“-Stücke. Und auch darüber hinaus ist die Musik stimmig wie eh und je – nur nicht ganz so einprägsam wie diese ersten, langsamen Akkorde oder natürlich das angenehme Klimpern von Gold, das auf den Boden fällt.
Ein Blick in die Vergangenheit
Aber warum steht Tristram eigentlich wieder? In „Diablo II“ haben wir doch alle die Ruinen durchstreift, uns den untoten Überresten des ehemals so herzlichen Schmiedes Griswold gestellt und Wirts Bein zu einem magischen Portal verarbeitet. Von hier zog vor nur zwanzig Jahren der dunkle Wanderer los, bevor Dämonen die Stadt vernichteten, wurde von Diablo korrumpiert und befreite seine Brüder, nur um von den „Diablo II“-Protagonisten erneut bezwungen zu werden. Den Fehler des ersten Helden zu versuchen, Diablo in sich aufzunehmen und zu verschließen, wiederholten sie nicht. Stattdessen zerstörten die Helden die Seelensteine von zwei der drei großen Übel – Diablo und Mephisto – in der Höllenschmiede. Was nach „Diablo II“ und dessen Erweiterung „Lord of Destruction“ mit dem Seelenstein des verbleibenden Übels Baal passierte, ist nicht bekannt.
Die Dämonenjägerin in Bewegung – Zum Vergrößern anklicken
Nun, 20 Jahre nach dem Sieg gegen Diablo und seine Brüder, erinnern sich nur noch die wenigen an jene schreckliche Zeit, die selbst gekämpft haben. Die Gegend um das alte Tristram und besonders die alte Kathedrale mit ihren Schätzen zogen Abenteurer an und mit denen auch einige Händler, die auf schnelles Geld aus waren. Zwar ist dieser Menschenfluss heute wieder versiegt und Neu Tristram entsprechend verarmt und heruntergekommen, doch erst durch dieses zeitweise starke Interesse an der Gegend konnte die Siedlung überhaupt entstehen. Diese enge Beziehung zu der Kathedrale wird ihr nun jedoch zum Verhängnis, denn als ein feuriger Schicksalsbote vom Himmel direkt in die Katakomben stürzt, erhebt sich ein neues Übel und zahllose Monster stehen auf. Allem voran müssen die Helden nun den Skelettkönig bezwingen, der zwischen ihnen und der Absturzstelle steht.
Bleibt ein Weilchen und hört zu
„Diablo“ und „Diablo II“ waren nicht für ihre komplexe Geschichte bekannt und auch „Diablo III“ wird grundsätzlich eher simpel bleiben: Ein großes Übel bedroht die Welt, gehe hin und rette sie – oder so ähnlich. Aber schon immer konnte die Serie durch ihre grandiose Präsentation und Details punkten. Das baut Blizzard jetzt weiter aus. Allein schon die zahlreichen Schriftrollen, die euch beispielsweise die Geschichte um den Skelettkönig aus diversen Blinkwinkeln erläutern – einschließlich seines eigenen zu menschlichen Zeiten – lassen euch die Hintergrundgeschichten voll miterleben. Ein besonders schönes Detail sind solche Schriften, die sich auf vergangene Abenteuer beziehen, wie etwa die des Karawanenführers Warriv, der euch in „Diablo II“ nach Lut Gholeim gebracht hat. Dadurch erfahrt ihr mehr über interessante Einzelschicksale, erlebt eine belebte Welt und hört Geschichten über euch selbst. Überhaupt lässt Blizzard überall etwas mehr Hintergrundstory fallen und entfernt sich damit ein wenig von dem Hack’n’Slay-Klischee, die Geschichte wäre nur hohl und der Form wegen vorhanden. Und dass alle Elemente vollvertont sind trägt natürlich sowohl zur Atmosphäre als auch zum Spielfluss bei.
Die Zauberin benutzt Wave of Force – Zum Vergrößern anklicken
Schon gefühlt Jahre vor der Beta – das heißt direkt nach dem Auftauchen des ersten Screenshot – zogen Fans in die Schlacht gegen die ästhetische Verwandlung, die das „Diablo“-Franchise durchmachte. Allgemein hat die Marke etwas Farbe gewonnen, aber bei weitem nicht so viel, wie das Masse befürchtet. Die Welt ist noch immer extrem stimmig und düster. Dass gerade bei der Ausrüstung nicht mehr alles nur schwarz und braun ist, mag ein wenig an „World of Warcraft“ erinnern, hält sich aber so sehr im Rahmen, dass es kaum stören, sondern schlicht für Abwechslung sorgen wird. Blizzard-typisch lassen sich die Grafikeinstellungen extrem reduzieren, damit das Spiel auch auf schlechteren Kisten läuft, umgekehrt fehlen mir aber ein wenig die Ultra-Einstellungen. Es ist nicht notwendig, wäre aber schön gewesen, da noch etwas mehr an Details zu sehen.
Die dynamische Welt liegt in den Details
Immerhin gibt es die dann bei der eigentlichen Präsentation. Gespräche laufen nicht mehr wie früher mit starrem Blick auf fixe Textfenster auf, sondern vor allem von den Spielfiguren stark gestikuliert auf dem Feld. Dass bei den neuen Untertiteln dann jeweils nur ein unbewegtes Portrait hängt, enttschäut im Vergleich dazu etwas. Zwischensequenzen für jedes Questgespräch wären zwar ein netter Versuch, auf Dauer aber äußerst ineffizient und auch ein wenig nervig. Aber schöne Präsentationsdetails müssen nicht direkt so groß angelegt sein. Wenn Zombies aus Schluchten oder Wänden geklettert kommen, Gebäude leicht einstürzen oder Monster auch einfach mal eine Schatztruhe leer räumen, sorgt das für eine zusätzlich dynamische Welt.
Dieser ruhelose Geist braucht Hilfe – Zum Vergrößern anklicken
Genau das ist sie, die Welt Sanktuario: dynamisch, belebt, stimmig. Blizzard ist von dem Kastendesign einzelner Abschnitte weggekommen, aber trotzdem werden die Gegenden in großen Teilen zufällig generiert. Das beinhaltet nicht mehr nur die Form, sondern auch die Präsenz kleiner Dungeons und Skriptevents. Warrivs Wagen etwa ist so ein Event oder ein sterbender Soldat, der langsam in eure Richtung kriecht und von seiner gescheiterten Aufgabe erzählt. Es ist großartig, an wie vielen Ecken Blizzard noch ein bisschen mehr Leben in die Spielwelt hineingewoben haben und auch Ästhetik und Sound passen wieder wunderbar. Wer das ernsthaft nicht spielt, nur weil es angeblich zu bunt ist, hat ganz klar Probleme.
Lest auch den ersten Teil des Diablo III-Beta-Tagebuchs, in dem ich das neue Skillsystem erläutere und erkläre, warum maximal Mathestudenten Skill- und Statpunkte vermissen werden. In Teil drei geht es dann um die Klassen und Gameplay-Neuerungen.
Schlagworte: Blizzard Entertainment, D3, Diablo III, Hack'n'Slay, PC, RPG