Review: Warhammer 40.000 Space Marine (Xbox 360)

warhammer 40.000 Space Marine

Schick inszenierte Action-Orgie: So muss Warhammer sein

Wenn es zu Frank Millers „300“ mehr als nur ein mittelmäßiges PSP-Spiel gäbe, wäre das wohl die Spartiaten-Version von „Warhammer 40.000 Space Marine“. In der jüngsten Videospiel-Adaption des Tabletop-Universums wird Töten zur Kunst und treffend als dicker Action-Blockbuster inszeniert.

Ursprünglich nur ein Tabletopspiel von Games Workshop, das heißt für Laien ein komplexes Strategiespiel mit massenweise kleinen Figuren, hat die Warhammer 40.000-Marke mittlerweile auch zahlreiche andere Medien annektiert. Kein Wunder, denn mit der Geschichte dieses Science-Fantay-Universums lassen sich Bibliotheken füllen. Die Essenz ist dabei jedoch recht einfach: Im 41. Jahrtausend herrscht Krieg – immer und überall.

Das menschliche Imperium befindet sich im ständigen Konflikt mit anderen Rassen wie den Orks, Tau und vor allem den Mächten des Chaos. Allerdings sind die Menschen in einem interstellaren Krieg nicht mehr so wehrlos, wie sie es heute wohl wären. Das Imperium hat sich über die gesamte Milchstraße ausgebreitet, alle menschlichen Kolonien vereint und damit eine gigantische Armee zur Verfügung. In deren Kern stehen die schon fast fanatisch treuen Space Marines – genetisch aufgepumpte Übermenschen in dicker Rüstung ausgestattet mit noch dickeren Wummen. Genau so einer ist Titus, Protagonist von „Warhammer 40.000 Space Marine“

Mit Bolter und Kettenschwert gegen die Feinde des Imperiums

Titus ist aber nicht nur irgendein Marine, sondern Captain der Ultramarines, einem der ältesten, mächtigsten und nach Bild des Imperiums vorbildlichsten Orden der Space Marines. In seiner Haut tut ihr, was Space Marines am besten können: Feinde des Imperators abschlachten. Das mag nicht ganz das Balancing des Tabletop-Originals treffen, aber wen stört das schon, während man sich kunstvoll durch Orkboyz und Chaostruppen drischt. „Warhammer 40.000 Space Marine“ ist ein flüssiger Mix aus 3rd-Person-Nah- und Fernkampfaction. Bis zu vier Schusswaffen aus einem vielseitigen Arsenal tragt ihr mit euch herum und klopft damit eure Feinde weich, bis sie euch in einen Nahkampf verwickeln – wie dumm von ihnen. Anfangs nur mit Kampfmesser, recht bald dann aber auch mit Kettenschwert, Energieaxt und meinem persönlichen Favoriten, dem Energiehammer, macht ihr der gröhlenden Horde die Hölle heiß. Nervige Pausen zwischen Nah- und Fernkampf gibt es nicht. Eben habt ihr noch ein Psioniker mit der Laserkanone von seinem hohen Ross gesnipet, schon geht es mit einer geschickten Rolle in eine blutige Kuschelparty mit einer Horde Zerfleischern.

warhammer 40.000 Space Marine

Die Angriffe sind nicht allzu kompliziert und beschränken sich auf X- und gelegentlich auch Y-Gehämmer, trotzdem bleibt dieses Actionkino kurzweilig und einnehmend. Zum Nörgeln ist da auch gar keine Zeit, denn die Horden überrennen euch gnadenlos. Und hier kommen dann die besonders kinoreifen Effekte zum Einsatz. Werden eure Lebenspunkte knapp, könnt ihr die nämlich wieder auffüllen, indem ihr Feinde exekutiert. Das passiert variationsreich in Slow Motion und wird Fans von Gewaltorgien auch nach Stunden noch begeistern. Und zusätzlich hierzu gibt es dann noch die sogenannte Wildheit, die sich mit jedem Schlag auf- und dann auf Wunsch in einem kurzen, aber äußert wirksamen Spezialangriff wieder entlädt. Der verleiht all euren Schlägen nochmal zusätzlichen Wumms und Titus selbst starke Selbstheilungskräfte. Trotz des taktischen Werts muss man sich Wildheit aber nie bis zum nächsten dickeren Gegner aufheben, denn dank der Gegnermassen füllt sich die Anzeige binnen kürzester Zeit und verpasst dem Spiel so immer wieder eine Extraportion Tempo.

warhammer 40.000 Space Marine

Deckung ist für die Schwachen

Die zusätzliche Hilfestellung, die Wildheit in knackigen Situationen mitbringt, werdet ihr auch brauchen. Schon auf dem normalen, heißt mittleren, Schwierigkeitsgrad kann das Spiel fies schwer werden. Deckung mag laut Marine-Philosophie nur für die Schwachen sein, trotzdem ist auch die dicke Rüstung und der dazugehörige Schild kein Freischein, mit dem ihr blind in jede Gegnerwelle rennen könnt – vor allem nicht mehr, sobald eure Feinde verstärkt Explosivwaffen einsetzen. Da kann es manchmal nötig sein, Tempo aus dem Spiel zu nehmen, sich hinter einer Säule zu verschanzen und dann knackige Gegner einzeln auszuschalten. Das ist mit Sicherheit nicht der Gedanke hinter dem Spiel und Ergebnis von etwas übertriebenem Hardcore-Balancing, macht „Warhammer 40.000 Space Marine“ aber als Ausnahmeerscheinung nicht wirklich schlechter. Das gilt genauso für die Kamera, die in hektischen Situationen schnell mal unglücklich stehen und damit dann sehr hinderlich sein kann. Umgekehrt ist der finale Boss als etwas innovationsloses Quicktime-Event dann schon fast wieder zu einfach. Epische Inszenierung mal außen vor hätte diesem Kampf mehr Variation gut getan. Mag sein, dass Titus dadurch besonders heldenhaft und stark wirkt, als Spieler kommt man sich da eher unterfordert vor – allerdings auch wirklich nur in diesem einen Moment.

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Kein Happy End ist mein Happy End

„Warhammer 40.000 Space Marine“ inszeniert sich nicht nur wie eine kinoreife Actionorgie à la „300“, sondern transportiert auch eine passende Story. Die ist natürlich nicht das komplexeste Konstrukt dieses Jahrhunderts, bleibt aber trotz bedienter Klischees bis zum Schluss spannend und unterhaltsam. Mein persönliches Highlight ist hierbei das abgeschlossene, gleichzeitig aber offene Ende, das eine Erweiterung nicht ausschließt und vor allem alles andere als ein überzogenes Happy End ist. Dass es angenehm charaktertreu ist, macht es leider etwas vorhersehbar, aber das sind explosive Blockbuster ja häufig. Und wen stört das schon, während man auf einem gigantisch Kampfroboter reitet und aus dessen Bewegung heraus Feinde vom Himmel holt?

Dass die Grafik auch noch echt schick ist und man bei der gesamten ästhetischen Aufmachung merkt, dass das nicht Relics erstes Warhammer-Spiel ist, trägt sehr positiv zum Flair bei. Das Entwicklerstudio beweist eine Menge Gefühl dafür, wie diese Welt auszusehen hat und was Fans erwarten. Und auch der Soundtrack transportiert Spannung und Energie immer passend zur Situation, bricht aber leider häufig plötzlich ab, wenn beispielsweise ein Kampf vorbei ist. Das stört stellenweise und hätte sich per Fade-out leicht umgehen lassen. Zum Glück scheitert eine gute Inszenierung aber nicht an solchen Details.

warhammer 40.000 Space Marine

Erfolg wird in Blut gemessen – dem der Feinde oder dem eigenen

„300“ hat uns gelehrt, dass Wenige gegen Viele ausharren können, wenn sie gut trainiert, diszipliniert und vor allem gut koordiniert sind. Als Team stehen sie gemeinsam gegen den übermächtigen Feind. Und genau dieser Fokus fehlt mir trotz vorhandener Mehrspielermodi etwas in „Warhammer 40.000 Space Marine“. Denn obwohl Titus die meiste Zeit von anderen Ultramarines begleitet wird und das Spiel förmlich nach einer Koop-Kampagne schreit, sucht man die vergeblich. Das ist schade, denn sinnlose Gewalt in Videospielen macht noch mehr Spaß, wenn man sie gemeinsam erlebt. Immerhin wird Ende des Monats ein kooperativer Mehrspielermodus nachgepatcht. In „Exterminatus“ werden bis zu vier Space Marines gemeinsam anstürmende Wellen abwehren, aufsteigen und ihre Ergebnisse in Ranglisten vergleichen dürfen. Das ersetzt für mich nicht das gemeinsame Story-Erlebnis, klingt aber ebenfalls nach einer Menge Spaß. Besser könnte es nur noch werden, wenn plötzlich doch noch Splitscreen versprochen wird, denn „Exterminatus“ werdet ihr nur online spielen können. Schade, „Double Dragon“ hat auch vor allem deshalb doppelt Spaß gemacht, weil man es gemeinsam auf dem Sofa zocken konnte.

Wenn es nicht zwingend kooperativ sein muss, dürft ihr schon jetzt in Mehrspielerschlachten ziehen. In zwei Modi treten acht Space Marines gegen acht Chaos Space Mariens an und leben ihre ewige Rivalität aufs Blut aus. Dabei kämpft ihr entweder um die meisten Kills oder besetzt und verteidigt strategische Punkte. So oder so dürft ihr aus drei Klassen auswählen und diese modifizieren, bevor ihr euch in die Schlacht stürzt und mit jedem Abschuss euer Multiplayer-Profil verbessert. Erfahrungspunkte und spezielle Herausforderungen machen euch besser und schalten Vorteile für zukünftige Matches frei. Das ist so nicht mehr neu, motiviert aber auf Dauer, am Ball zu bleiben. Und wenn Jetpacks hier genauso witzig sind wie im Einspielermodus, kann der Mehspielermodus eigentlich nur großartig sein.

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Fazit

„Warhammer 40.000 Space Marine“ ist ein großartiges Spiel – vollkommen unabhängig davon, ob man in einem Games Workshop aufgewachsen ist oder vor diesem Text noch nie von Psionikern und Kettenschwertern gehört hat. Mit einer unterhaltsamen und actionreichen Geschichte um Krieg, Ehre und fanatischen Glauben trifft das Spiel den Nerv der Space Marines, verpackt das in einfaches, aber knackiges Gameplay und inszeniert das Ganze kinoreif. Und während die Geschichte nach maximal zehn Stunden langsam ihr Ende findet, bietet „Warhammer 40.000 Space Marine“ mit dem höchsten Schwierigkeitsgrad fordernden Wiederspielwert. Und Multiplayer-Fans können sich zudem in Teamschlachten und dem bald verfügbaren Koop-Modus endlos austoben. Wer auf dicke Action steht, hat hier trotz kleiner Mankos einen absoluten Pflichtkauf.

Bilder:
© THQ

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