Review: Tropico 4 (PC)

Willkommen zurück, El Presidente!

Zwei Jahre nach „Tropico 3“ kommt nun die von vielen heiß erwartete vierte Auflage der Erfolgsreihe auf den Markt und das Warten hat sich gelohnt. Zwar hat sich am Core-Gameplay nur wenig geändert, dafür ist der Titel aber schön rund geworden und verspricht lange Spielfreude.

In der Rolle von El Presidente regiert der Spieler, wie bereits in den Vorgängern, das fiktive tropische Inselparadies Tropico. Es liegt nun in unserer Hand, wie sich die kleine Bananenrepublik entwickelt. Setzen wir mehr auf Industrie, oder doch lieber auf Touristen? Lassen wir unsere Fischer ihre Abfälle einfach zurück ins Meer kippen, oder doch lieber anständig entsorgen und nehmen dafür höhere Staatsausgaben in Kauf? Und wie bringen wir am besten Kapitalisten und Kommunisten unter einen Hut? Ganz zu schweigen von den Umweltschützern, Loyalisten, Militaristen, Religiösen und natürlich auch noch dem Ausland? Was auf den ersten Blick nach relativ trockener Strategie klingt, entpuppt sich im Laufe des Spiels abhängig vom gewählten Schwierigkeitsgrad als durchaus spannende und auch witzige Herausforderung.

Womit anfangen?

Tropico 1950 – Viel gibts hier noch nicht

Zu Beginn hat man die Qual der Wahl: Spielt man zuerst das Tutorial, ein Endlosspiel mit multiplen Einstellungs- und Schwierigkeitsoptionen, oder wagt man sich gleich an die 20 Kampagnen und dort enthaltenen Herausforderungen? Nun, wofür wir uns auch immer entscheiden, beginnen tut so gut wie jedes Spiel mit ein paar recht armen Hütten, etwas Infrastruktur und natürlich dem Präsidentenpalast. Im Laufe der Jahre wächst diese kleine Ansiedlung dann zu einem wohlhabenden und bevölkerungsreichen Inselstaat heran. Während man bei einem Endlosspiel im Wesentlichen kein wirkliches Ziel hat, muss man bei den verschiedenen Kampagnen unterschiedliche Aufgaben erfüllen, um erfolgreich zu sein. Dabei versuchen einem aber leider immer wieder Erdbeben, ausländische Interessen oder einfach das eigene Volk in die Suppe zu spucken. Doch für jeden Konflikt bieten sich die verschiedensten Strategien an und jede Entscheidung kann zu anderen Problemen führen, für die man dann ganz schnell eine neue Lösung braucht.

Die Hafenarbeiter streiken – Geld geben oder doch lieber aushungern?

Aller Anfang ist schwer?

Nicht so bei „Tropico“. Hier finden sich auch absolute Laien schnell in das Geschehen ein und bereits nach kurzer Zeit hat man ein gutes Gespür für das Spiel entwickelt. Das liegt nicht zuletzt daran, dass das „Tropico 4“ selbst mit vielen kleinen Hilfen aufwartet, die einem das Leben erleichtern. So schlägt beispielsweise das Baumenü automatisch Gebäude vor, die gerade dringend gebraucht werden. Zusätzlich stehen unserem El Presidente natürlich auch noch eine ganze Reihe von Beratern, allen voran der gute Penultimo, zur Seite und helfen, wo sie nur können.

Penultimo begrüßt uns und gibt gleich den ersten Ratschlag

Zugegeben, Penultimo leidet ab und an an Realitätsverlust und gibt dem Spieler wahnwitzige Aufgaben, um sein Ansehen bei der einen oder anderen Partei zu steigern, aber auch diese sind nicht gerade zimperlich mit ihren Vorschlägen. So zählen unter anderem Bücherverbrennung oder der Abriss aller Zeitungsverlage, Sägewerke und Holzfällerlager zum Schutz der Bäume auf dem Programm. Ob das alles immer ganz so sinnvoll ist, sei einmal dahingestellt. Steht eine Wahl vor der Türe, dann ist aber jedes Mittel recht, um ein paar zusätzliche Stimmen zu gewinnen. Doch Obacht, jede Aktion ruft auch eine Gegenreaktion hervor und so steigt zwar das Ansehen bei der einen Partei, sinkt aber womöglich bei einer anderen.

Neben diesen optionalen „Nebenaufgaben“ zur Verbesserung des Ansehens hat der Spieler aber auch in Form von Erlässen die Möglichkeit, das Geschehen auf der Insel in der einen oder anderen Weise zu beeinflussen. So lassen sich hier, neben der bereits erwähnten Bücherverbrennung, auch Bildungs- und Sozialprogramme, Imagekampagnen oder Bündnisse schließen, die Wirtschaft ankurbeln, das Schweizer Bankkonto füllen und so weiter. Wer das nötige Kleingeld hat, kann sogar den Papst einladen, was ein Plus bei den religiösen Zeitgenossen hervorruft.

Industrie ist das A und O…

Natürlich muss man als El Presidente neben dem ganzen Parteienzirkus auch seine Staatskasse im Auge behalten. Zwar gibt es am Anfang jedes Jahr von den USA und der UdSSR Finanzhilfe, doch die ist schnell wieder aufgebraucht. Hier ein Apartmentgebäude, da eine Farm und vielleicht auch noch eine Bar, um das Volk bei Laune zu halten und schon ist man wieder pleite. Deshalb sollte man die Statistiken seiner Insel stets im Blick haben und vor allem schauen, was es für Rohstoffe gibt, welche Pflanzen sich wo gut anbauen lassen und was davon am Ende gut exportiert werden kann. Mit den richtigen Bauplänen lassen sich nämlich aus Rohprodukten wie Kaffee, Ananas oder Tabak deutlich hochwertigere Waren wie Instant-Kaffee, Ananaskonserven oder Zigarren herstellen und gewinnbringend vermarkten. So strömt nach und nach immer mehr Geld in die Kasse, welches man gut für Bestechungen, die Geheimpolizei und natürlich auch für den weiteren Ausbau der Insel gebrauchen kann.

Der Hafen – Ohne ihn kein Export oder Import

Bei „Tropico“ läuft der gesamte Handel vollautomatisch im Hintergrund ab. Man muss im Wesentlichen nur dafür sorgen, dass genügend Rohstoffe in genügend Fabriken verarbeitet werden und die Infrastruktur läuft. Die Güter werden automatisch zum Hafen transportiert und dort von Frachtschiffen, die alle paar Monate kommen, abtransportiert. Mit einem Zollgebäude kann man die Exportpreise dann zusätzlich noch ein wenig nach oben korrigieren, oder vielleicht doch lieber das Schweizer Bankkonto füllen?

… aber wenn es keine Rohstoffe gibt?

Ist die wirtschaftliche Lage der Insel nicht so rosig, hat man auch die Möglichkeit, das tropische Paradies zu einer Touristen-Hochburg zu machen. Ein, zwei Hotels hier, ein Souvenirladen da, dazu ein Kasino und womöglich auch noch eine Strandbar und schon strömen die Touristen auf Tropico, bereit, sich bis aufs letzte Hemd ausnehmen zu lassen. Nach und nach können diese ersten Anlagen dann durch noch größere und prestigeträchtigere ergänzen. Wie wäre es beispielsweise mit einem Zeppelin, der Touristen durch die Lüfte schippert und gleichzeitig das eigene Volk ausspioniert? Klingt gut, oder?

Der Flughafen bringt noch mehr Touristen ins Land

Einfach aber nicht langweilig

So einfach „Tropico“ auch auf den ersten Blick wirkt, so unglaublich vielschichtig und abwechslungsreich wird es, wenn man sich länger damit befasst. So steht dem Spieler eine Vielzahl an Gebäuden zur Auswahl, von denen sich viele auch noch einmal individuell einstellen lassen. So kann man beispielsweise bei den meisten Betrieben zwischen „Ausbeuterbetrieb“, oder „langsam, aber sicher“ wählen. Dadurch lassen sich die Arbeitsbedingungen verbessern, aber gleichzeitig sinkt die Produktionsleistung. Mit Klimaanlagen in Wohngebäuden lässt sich die Wohnqualität verbessern und die Presse kann dazu benutzt werden, die eine oder andere Gruppierung zu unseren Gunsten zu beeinflussen.

Mit den entsprechenden Einrichtungen haben wir auch die Möglichkeit, direkt gegen unliebsame Bürger vorzugehen, sie zu verhaften, zu bestechen oder auch mal um die Ecke zu bringen. Daneben gibt es auch ein detailliertes Informationssystem über jeden einzelnen Einwohner, in dem man seinen Beruf, seine Einstellung, Herkunft und auch Zufriedenheit sehen kann. So kann man sich als Herrscher einen guten Überblick über seine Untertanen machen, wenn man wieder einmal auf der Suche nach neuen Entwicklungsmöglichkeiten durch die Straßen streift.

Fazit

„Tropico 4“ mag vielen auf den ersten Blick relativ simpel erscheinen und damit haben sie auch nicht ganz Unrecht. Die Entwickler haben darauf verzichtet, hochkomplexe Systeme in das Spiel einzubauen. Zwar dachte ich am Anfang, dass mir dadurch wesentliche Inhalte und Möglichkeiten fehlen würden, doch nach einigen Stunden auf der Insel muss ich sagen, dass es gut so ist, denn sonst würde das Gameplay am Ende trotz seiner augenscheinlichen Einfachheit einfach zu komplex werden.

Alles lässt sich relativ schnell erlernen und die Spielführung ist recht einfach gehalten. Trotzdem entpuppt sich das Game als äußerst vielschichtig, mit vielen Möglichkeiten, wie man sich sein eigenes Inselparadies aufbauen und verwalten kann. Ist man eher der nette El Presidente von nebenan, der sich um sein Volk kümmert und ihm Wohlstand und Arbeit verschafft, oder ist man eher ein Diktator, der mehr an sein Schweizer Bankkonto denkt und sein Land mit harter Hand regiert?

1987 – Die kleine Ansiedlung ist gewachsen und das Leben pulsiert

Schön gemacht sind auch die verschiedenen Charaktere, die etwas von ihrem Herrscher wollen. Man nehme das typische Klischee und treibe es noch eine Spur weiter auf die Spitze und erhält am Ende dann herrlich übertrieben dargestellte Parteien. Dadurch bekommt das Spiel zusätzlich noch eine gehörige Portion Witz und man denkt ab und an dann doch leise lächelnd: Was für eine Bananenrepublik regiere ich hier eigentlich, bei dem der Außenminister seine weiße Wäsche am Fahnenmast zum Trocknen aufhängt? In dem Sinne: Viva la Revolution!

Bilder:
(c) Philipp Groß / RauteMusik.FM

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