Game0ver 09/2011: Die Gothic-Saga [2]

„Gothic 3“, „Arcania“ und die Zukunft

Im zweiten Teil unserer Kolumne rund um die „Gothic“-Reihe wenden wir uns dem unter Fans höchst umstrittenen 3. Teil zu und resümieren, wie viel von „Gothic“ nach dem Bruch von JoWooD mit dem Ur-Entwickler Piranha Bytes noch übrig ist.

Das umstrittene „Gothic 3“

Nach einem imposanten Intro geht es auch direkt los. Ein neues Spiel und wir befinden uns sofort im Kampf um die Menschheit. Kaum gestartet werden wir gleich ins eiskalte Wasser geworfen. Mit einigen Mitstreitern steht man nun plötzlich inmitten eines Dorfes, um uns herum ein Haufen wütender Orks, die etwas daran auszusetzen haben, dass wir die menschlichen Bewohner befreien wollen.

Es mag vielleicht nicht jedem Gamer gefallen, gleich ins kalte Wasser geworfen zu werden. Ich persönlich fand es aber perfekt, denn so ist die heikle Situation, in der sich die Welt von „Gothic 3“ befindet, von Anfang an spürbar. Ratsam ist es jedoch auch hier – als Tipp für diejenigen, die es noch nicht gespielt haben – nicht gleich mit dem höchsten Schwierigkeitsgrad zu beginnen. Das kann einem nämlich ordentlich den Spielspaß versauen, denn nicht jeder finden es erbaulich, gleich zu Beginn zu scheitern.

Nicht mitten im Leben, aber mitten im Game

Je mehr wir die sich vor uns ausbreitende Welt erforschen, desto mehr Unterschiede fallen uns ins Auge. Neben diversen prächtig anzusehenden Graslandschaften, Küstenregionen, Bergtälern, Höhlen, Wüsten und Eislandschaften, sind vor allem die Eigenheiten der einzelnen Bevölkerungsgruppen enorm.

Sieht man von den Rebellen und ihrer Sicht der Dinge ab, gibt es dutzende andere Kulturen und Meinungen zu den Problemen, denen sich die Welt von „Gothic 3“ stellen muss. Die Orks, als grausame Herrscher und Ausbeuter dargestellt, demonstrieren schon in ihren Unterhaltungen mit dem Spieler, was für ein Volk sie sind. An die Art der Orks kommen vielleicht noch die in der Wüste Varant lebenden Assassinen heran. Neben diesen drei Parteien gibt es noch unzählige andere Stämme und Gruppierungen denen man sich zwar nicht anschließen kann, die aber einen Schwertarm oder einen begabten Magier dennoch zu schätzen wissen. Die Welt von „Gothic 3“ ist riesig und lädt regelrecht zum Erkunden auf eigene Faust ein.

Ziemlich beeindruckend ist auch das Sammelsurium an Waffen, Schildern, Rüstungen und sonstigen Items im dritten Teil der Saga. Ich zumindest entwickle in solchen Spielen immer einen starken Sammlertrieb und nehme alles mit, was ich finden kann. Das reicht von einer Bürste bis hin zum magischen Amulett. Und für jeden, der diesen Sammlertrieb ebenfalls besitzt, ist „Gothic 3“ sicherlich ein Riesenspaß.

Die Charakterentwicklung

Neben der Möglichkeit, sich in verschiedenen Waffenbereichen ausbilden zu lassen – Schwertkampf, Umgang mit dem Bogen, der Axt und so weiter – ist es auch möglich, sich verschiedene andere Fertigkeiten anzueignen. So kann man das Schmiedehandwerk erlernen, sich in der Alchemie ausbilden oder sich in der Diebeskunst unterweisen lassen. Einer Karriere als prächtigem Magier steht natürlich auch nichts im Wege. Der Spieler hat, unabhängig von der Wahl, welcher Partei er sich anschließen möchte, die uneingeschränkte Freiheit, welche seiner Fähigkeiten er ausbauen möchte und ob er ihr mit den Waffen des Geistes oder aus Metall und Holz zur Seite stehen will.

Während wir uns mit teilweise Horden von Gegnern prügeln, spüren wir regelrecht, wie die Spannung des Spiels sich immer weiter aufbaut und wie sich die Geschichte hinter „Gothic 3“ entfaltet. Wir sind schließlich nicht wegen eines Kindergeburtstags in diese Welt eingetaucht, sondern, um deren Schicksal zu ändern. Und diesem Ziel kommen wir Stück für Stück näher.

Langweilig wird einem in „Gothic 3“ – wie auch in den beiden Vorgängern – eigentlich nie. Neben den zahl- und meist auch abwechslungsreichen Quests treibt uns der Sammeltrieb an und die riesige, frei begehbare Welt will schließlich auch erkundet werden. Die Musik, die sich je nach Situation, Landschaft und Charakter ändert, ist ein Kunstwerk für sich. Die Grafik ist, am Rande bemerkt, ebenfalls ein Augenschmankerl. Grafikfetischisten also unbedingt zuschlagen!

Ungeziefer in „Gothic 3“

Ja, „Gothic 3“ ist mit Bugs übersät. Ein Manko, mit dem das Spiel lange Zeit zu kämpfen hatte und das erst nach unzähligen Patches grob behoben werden konnte. Eine solch unfertige Version hätte nicht verkauft werden dürfen, das steht wohl außer Frage. Die Faszination von „Gothic 3“ kann es aus meiner Sicht jedoch nicht nachhaltig trüben. Mit den Bugs aus „Gothic 3“ kann man auch anders umgehen, als sich ständig darüber aufzuregen.

Wie das geht? Ganz einfach:

Mein endgültiges Fazit

Es soll mir einer eine andere Spielereihe nennen, in der man Leute mit „Leck mich“ anfahren, faule Söldner mit Beleidigungen wie „Deine Mutter treibt es mit Ziegen“ zum Kämpfen bewegen kann oder sich von vorlauten Schmieden als „Arsch“ bezeichnen lassen muss. Für mich ist „Gothic“ – wohlgemerkt nur die Teile eins bis drei – eine Legende und wird immer einen Platz in meinem Zockerherzen haben. „Gothic 3“ mag zeitweise mehr durch seine Bugs geglänzt haben, den Flair der Reihe hat es jedoch beibehalten und an manchen Stellen sogar noch vertieft. Dazu kommen viele Fan-Videos – ob Musik oder die inoffiziellen „Gothic“-Verfilmungen – ist egal, denn all diese Videos zeigen eines: Viele Gamer lieben diese Reihe und lassen sich auch nicht von ein paar tausend Bugs davon abbringen!

Warum war das mein sogenanntes endgültiges Fazit? Einige von euch werden sagen: „Hey, die Reihe geht noch weiter!“, ich aber finde, die Reihe hat mit dem Ende von „Gothic 3“ aufgehört. Auf das Risiko hin, dass ich mich bei einigen Gamern unbeliebt machen könnte, vertrete ich den Standpunkt: Aller guten Dinge sind drei! Gerne hätte auch ich einen glorreichen Nachfolger für „Gothic 3“ gehabt, aber es scheint zumindest mir nicht vergönnt gewesen zu sein. Lange Zeit war „Arcania“ die Hoffnung vieler „Gothic“-Anhänger.

RauteMusik hat auch dieses Spiel getestet und ist zu folgendem Schluss gekommen.:

MajorG (RauteMusik.FM – Games-Redaktion)

Das Spiel wirkt letzten Endes mehr wie ein Ego-Shooter als ein RPG. Ein absolut linearer Handlungsstrang, in dessen Verlauf man noch die Möglichkeit hat, quasi im Vorbeigehen langweilige und einfallslose Nebenquests zu absolvieren. Gehe dorthin und sammle dies, gehe dorthin und töte jenes. Charaktere, die zum Teil einfach nur plump wirken und irgendwie immer gleich aussehen bewohnen eine Welt, in der die Dimensionierung nicht immer ganz nachvollziehbar ist. Hinzu kommen noch Spielabschnitte, wo man sich einfach nur stumpf durch eine Welle von Monstern metzeln muss, sowie eine Geschichte, die zum Teil viele Fragen offen lässt, in Verbindung mit einem doch recht abrupten Ende.

Auch die einzelnen Komponenten des Spiels – wie das Skillsystem oder das Inventar – wirken zum Teil nicht richtig durchdacht und in aller Eile umgesetzt. Einige Gimmicks muss man erst in den Optionen aktiveren, damit man sie nutzen kann. Aber eigentlich hätte man sie auch ganz weglassen können, einen wirklichen Nutzen haben sie am Ende ja doch nicht.

Die verschiedenen Klassen unterscheiden sich in ihren Anforderungen an den Spieler höchstens noch am Anfang. Auch in Sachen Schwierigkeit wird das Spiel einem geübten RPGler auf den ersten beiden Schwierigkeitsstufen mit Sicherheit keine großen Probleme bereiten.

Trotz guter Grafik, guter Musik und zum Großteil relativ sinniger Dialoge muss ich am Ende feststellen, dass „Arcania“ am Ende leider eine Enttäuschung war. Ich hatte mir vom lang erwarteten „offiziellen Nachfolger“ von Gothic 3 deutlich mehr erwartet.

Fazit:

Und damit schließe ich die Beweisführung. Den Artikel möchte ich mit den schönsten Bildern aus „Gothic 3“ und seiner Welt abschließen. Taucht noch ein letztes mal ein, in ein Epos, das seines Gleichen sucht!

Wie immer: Eure Meinung zählt!

Wie steht ihr zu „Gothic“? Liebt ihr es oder hasst ihr es? Habt ihr es schon gespielt oder – Gott behüte – nicht? All das packt ihr am besten unten in die Kommentarbox! Da ist genug Platz für alles, was ihr diesbezüglich loswerden wollt.

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