Bülent Ceylan im Interview

Wir befinden uns im Pressezelt auf dem legendären Wacken Open Air und gleich beginnt die Pressekonferenz von Bülent Ceylan. Es ist kurz vor dem größten Auftritt seiner Karriere und er steht nun den Medien Rede und Antwort – und wir sind mittendrin.

Momentan gehört Bülent Ceylan zu den führenden Komikern in Deutschland. Wie könnte es auch anders sein? Schließlich hat er ja bei den Besten gelernt, doch dazu später mehr. Dank vieler TV-Auftritte, die ihm im Februar dieses Jahres sogar seine eigene Show einbrachten, einer DVD, diversen Tonträgern, seinem neusten Programm „Wilde Kreatürken“ und selbstverständlich seiner Vorliebe für harte Musik, trat die „Lachfigur“ im vergangenen Jahr bereits auf dem Summer Breeze Festival in Dinkelsbühl auf. Das Wacken Open Air folgte in diesem Jahr.

Bestens gelaunt betritt der Entertainer das Zelt: Die Aufnahmegeräte zeichnen fleißig auf und die Kameras schießen ein Bild nach dem anderen – und das aus gutem Grund: Nicht jeden Tag kommt ein Komiker auf das größte Metalfestival der Welt und hat selbst auch noch eine Menge Spaß dabei.

Bülent, wie geht’s dir?

„Mir geht’s gut! Ich habe Respekt vor euch allen, aber das ist mein erstes Mal auf Wacken. Als Mannheimer kommst du eben nicht so weit weg. Da kommst du nur is auf’s Summer Breeze! Aber es war geil! Es war auch das erste Mal für mich und es hat so geil funktioniert. Da haben die Leute schon geschrien „Wir wollen den Türken sehen!“. Ich weiß nicht, wie es in Wacken ist, aber ich hoffe, dass es geil wird. Die probieren es auch das erste Mal mit Comedy und es ist ja auch nur eine halbe Stunde. Reicht auch, finde ich.“

Beim Summer Breeze letztes Jahr hat es funktioniert, dass die Leute zu einer „Stand-Up-Comedy-Spoken-Word-Performance“ einen Circle Pit gemacht haben…

„Und Wall Of Death geschrien haben! Ich hab das erst gar nicht richtig verstanden. Ich hab‘ gesagt: „Haltet alle die Gosch‘!“. Man hatte mir dann auch gesagt, man sollte es nicht noch einmal machen – vor allem nicht bei einem Comedy-Programm. Es ist doch, glaube ich, auch verboten, oder? Aber Circle Pits finde ich cool! Du machst Comedy und die rennen da herum und lachen dabei, das ist geil.“

Du bist letztes Jahr beim Summer Breeze sogar von der Bühne gesprungen und hast einen Stage Dive (Anm. d. Red.: Gemeint ist „crowdsurfen“) gemacht.

„Ja, ich habe einen Stage Dive gemacht. Es ist schon geil. Vor allem: Du sagst, es geht in die und die Richtung, es geht aber in die völlig andere und das war einfach geil. Aber die Metaller sind wirklich – und ich will euch ja nicht fertig machen – ein geiles Publikum. Ich will anderen Leuten zeigen, dass ihr wirklich geil seid. Viele haben ja Angst vor euch, vor uns allen. Wenn ich die Haare offen habe und trage nur schwarz, dann heißt das schon „Uh.. das ist der Teufel!“. Ich krieg soviel auf Facebook, weil ich dieses Zeichen mache (Anm. d. Red.: Damit ist die ordinäre „Pommesgabel“ gemeint) und die sagen: „Der ist vom Satan, der Türke!“. Da denke ich immer: Mein Gott, das ist Rock ’n Roll, aber das muss man halt immer alles erklären. Deswegen versuche ich das immer näher zu bringen, auf witzige Art und Weise.“

Was hast du heute eigentlich für ein Shirt an?

„Das ist mein Shirt, da steht im Dialekt drauf: „Uffbasse, Headbanger!“. Und das ist genau so geschrieben, wie wir das auch aussprechen. Das ist für euch zwar so ein Kamillentee-Rocker-Teil, ohne Blut und den ganzen Kram, aber das ist okay.“

Was ist eigentlich deine Lieblingsband?

„Tool ist geil. Ich finde den Schlagzeuger hammer. Den Sänger sowieso, der zieht sich auch immer um und singt mit Gasmaske und sowas. Ich liebe es, wenn es so ein bisschen krank ist. Ich bin heute aber sehr gespannt auch – na klar – Ozzy, vor allem: Wenn der mich jetzt sehen würde, der kennt mich ja überhaupt nicht. Wenn der sagt: „Who the fuck is this man, where is the fucking band?“. Und ich hab keine Band. Ich sag‘ dann: „Ich hab‘ ’nen CD-Player!“

Gibt es ein besonderes Programm für die Metaller oder ist das heute dein normales Programm?

„Also, euch kann ich’s ja verraten: Ich werde da erst mal rausgehen und schreie „WACKEN!“ und dann hast du schon mal so ein bisschen das Eis gebrochen. Dann mach ich so eine Einkaufsnummer – hier geht halt jeder einkaufen, damit kann sich jeder identifizieren. Ihr werdet sehen, wie man Hitler einbauen kann, wie man Aggression einbauen kann und wie man Erotik einbauen kann. Das versuche ich heute zu machen und versuche natürlich die Metaller auch anzusprechen. Am Ende gibt’s ein Lied, das klingt ein bisschen wie AC/DC, natürlich auch nicht so mit gutteralem Gesang, ich schaff‘ das auch gar nicht – auf Dauer. Es wird aber ein Lied sein, bei dem die Leute headbangen und mitmachen können. Ich werd verrecken für euch.[…] Ich hoffe, dass ihr dann auch noch ein bisschen lacht und dann ist auch alles gut.“

Bist du nur heute hier oder genießt du Wacken die ganze Zeit?

„Ich bin heute auf jeden Fall hier und würde die Bands auch gerne bis zum Schluss anhören, ich muss nur leider … Ich habe am Samstag wieder einen Auftritt in Nordheim, wo auch immer das ist. Es kotzt, äh entschuldigung, es ist ungünstig für mich. Also, es kotzt mich an, ich sage es, wie es ist. Ich kotz‘ echt ab, dass ich das nicht mitkriege.“

Du weißt, es gibt Abzüge in der Wertung, wenn man Motörhead nicht gesehen hat!

„Ja, ich weiß, aber was soll ich denn machen?“

Türke, lange Haare, Dialekt – wie geht deine Umwelt damit um? Allen voran deine Landsleute?

„Was ja viele in Deutschland nicht wissen ist, dass es in der Türkei wirklich eine riesen Metal-Szene gibt. In Deutschland kennt man halt nur „Weißt du wo dein Haus wohnt, mach mal ’n bisschen Hip-Hop!“ oder „Produzier‘ misch ned!“, aber das ist es nicht. Deswegen mache ich heute auch extra nicht auf Türke, sondern gehe raus, bin Mannheimer und bin Metaller. Und dazu stehe ich auch. Wenn die Leute das immer noch nicht glauben.. mein Gott, ich bin doch nicht so krank, dass ich sage, ich geh‘ dahin und gebe mir die Musik, obwohl ich sie nicht mag. Da muss man ja krank im Kopf sein. Ich mache das wirklich, weil ich es will und weil ich es geil finde. Vor allem: Ihr seid auch echt lustig. Wenn man hier vorbeifährt und sieht, was hier für kranke Typen herumlaufen. Ich dachte immer, ich wäre krank, aber das ist ja nichts! Das ist geil und das macht auch Spaß. Es ist auch wirklich das friedlichste Festival der Welt. Deswegen mache ich das.“

Wer sind deine komödiantischen Vorbilder?

„Ich habe immer gesagt, ich will mein eigenes Ding machen. Ich will niemanden kopieren, aber Inspiration hole ich mir natürlich. Ob das jetzt Heinz Erhardt oder Emil damals, das ist geil. Die Wortspielerei damals fand ich damals cool. Man schaut dann schon hier und dort, aber trotzdem musst du dann dein eigenes Ding machen. Du bist wie du bist.“

Du sagst, Summer Breeze und Wacken sind zwei verschiedene Welten. Was sind denn die Unterschiede, die du auf den ersten Blick feststellen konntest?

„Also, Wacken ist Backstage total nobel. Das ist für mich ganz neu. Die Atmosphäre ist ganz toll. Das ist wie Mekka für die Moslems. Du fährst schon nach Wacken rein und es ist wie eine Pilgerfahrt. Ich will Summer Breeze nicht runtermachen, nein überhaupt nicht. Ich hätte nur nicht gedacht, dass es auf Wacken so krass ist. Es gibt ja echt Leute, die kommen nur hier her und zelten. Die kriegen gar nicht mit, was mit der Musik so läuft. Die sind echt nur zum Campen da!“

Du hast gesagt, du bist das erste mal auf Wacken, letztes Jahr Summer Breeze. Unabhängig vom Comedian Bülent Ceylan: Warst du vorher schon einmal als Privatperson auf einem Festival?

„Ja, aber das darf man gar nicht laut sagen. Ich war auf diesem Kommerzfestival, fängt mit „Rock“ an. Aber da fängst du ja als Teenager an. Du gehst dahin und kriegst erst mal nicht viel mit. Dann merkst du: Es gibt ja sowas wie Wacken. Es ist teilweise ja richtig asozial, was es an Schlägereien gibt und was da passiert. Aber das hört man von Wacken halt nicht so. Das ist schön und so soll es auch bleiben. Gegen Rassismus.“

Wie entsteht denn eigentlich ein Comedy-Programm?

„Ich guck‘ halt, was um mich herum passiert. Das fängt an mit meinem Vater, das fängt an mit meiner Mutter, die schon witzig sind und da machst du halt irgendwie weiter. Dann überlegst du dir beispielsweise bei Figuren. Ich habe ja die Anneliese: Wie kann die quietschen? Viele Sachen kommen auch aus der Improvisation heraus.“

Ist das hier jetzt ein Höhepunkt für dich?

„Ja, auf jeden Fall. Es ist auf jeden Fall ein Rekord. Wobei: Was heißt Rekord? Generell bei Komikern. Weltrekord oder nicht, ist mir doch scheiß egal. Ich will einfach Spaß haben, egal ob da jetzt zehn, 100, 1000 oder mehr da sind, dann ist das geil. Die Leute sollen sehen, dass ich da was ich mache, auch zu 100 Prozent mache. Ob das jedem gefällt, ist wieder etwas anderes, aber mein Vater hat immer gesagt: „Das was du machst, egal ob Müllmann oder sonst irgendetwas: Ich bin immer stolz auf dich, solange du es zu 100 Prozent machst.“ Das will ich den Leuten zeigen. Ich mache das aus Leidenschaft. Wenn mich einer fragt, ob ich mir vorstellen könnte, was anderes zu sein außer Komiker, dann sage ich: Komiker.“

Beschreibe bitte in drei Worten deine Gefühle hier und jetzt, kurz vor deinem Auftritt.

„Ich hab‘ Schiss!“

Hast du Ambitionen musikalisch mal etwas zu machen?

„Das sagen viele, dass ich da mal was machen soll. Ich habe im neuen Programm sogar ne Ballade drin! Aber ich will schon immer Comedian bleiben, das ist meine Leidenschaft. Und wenn ich jetzt noch ein bisschen Musik mit drinnen habe – und das will ich auch beibehalten… das ist für die Leute eine gute Abwechslung.“

Soviel sei übrigens gesagt: Der 35-jährige wurde bejubelt und kann auf einen äußerst erfolgreichen Auftritt zurückblicken. Dass er selbst auch seinen Spaß hatte, lässt sich nicht abstreiten.

#Musik.eXTreMe – Nur wir rocken das Netz!

Bilder:
(c) Philipp Klinger / RauteMusik.FM

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