Review: Shadows of the Damned (Xbox 360)

Skurriler Trash-Shooter aus Japan

In dieser bisher einmaligen Kollaboration dreier Business-Größen fährt Garcia Hotspur zur Hölle, um seine von Dämonen geraubte Freundin Paula zu retten. Macht das „Shadows of the Damned“ bereits zu einem höllischen Spaß?

Fahr zur Hölle!

Dämonenjäger ist wirklich ein undankbarer Job. Während Garcia Horspur, seines Zeichens Mexikaner und Bekämpfer des Bösen, auf der „Jagd“ ist, fällt Fleming, Herrscher über die Hölle, bei ihm ein und stiehlt die Seele seiner Freundin Paula. Garcia kommt gerade rechtzeitig, um die Verfolgung aufzunehmen und stürzt sich ohne zu zögern in das Portal zur Unterwelt, durch das Fleming verschwunden ist. Er findet sich an einem fremdartigen, surrealen Ort wieder, an dem nichts so ist, wie es scheint.

Zum Glück hat Garcia einen Insider auf seiner Seite: Der Ex-Dämon Johnson warnt ihn nicht nur vor drohenden Gefahren, sondern kann sich auch in alles verwandeln, was der Dämonenjäger zum Überleben braucht, vom Motorrad bis hin zu diversen Schusswaffen. Gemeinsam dringen sie immer tiefer in die Unterwelt vor und ergründen Geheimnisse, von denen kein Sterblicher jemals etwas gehört hat – darunter beispielsweise die wahre Herkunft von Erdbeeren…

Das Gameplay von „Shadows of the Damned“ orientiert sich stark an Titeln wie Capcoms „Resident Evil 4“: Der Spieler steuert Garcia aus der charakteristisch leicht schrägen Über-die-Schulter-Perspektive, macht mit Hilfe von Johnson den Ausgeburten der Hölle den Garaus und löst zwischendurch das eine oder andere triviale Rätsel. So weit, so unspektakulär. Wodurch sich „Shadows of the Damned“ allerdings von anderen Third-Person-Shootern abhebt, ist zweifellos sein schräge und eigenwillige Präsentation.

Die Hölle dient als zynisches Spiegelbild der realen Welt, dessen Optik von kühlen, dunklen Farben dominiert wird, die selbst etwas so Alltägliches wie Wohnhäuser wenig einladend erscheinen lassen. Das ist durchaus passend, denn an einem Ort wie diesem ist fast alles gefährlich. Einen besonderen Stellenwert genießt dabei die Dunkelheit.

Wird es dunkel, wird nämlich das Leben förmlich aus Garcia gesaugt, während im Gegenzug sämtliche Dämonen unverwundbar werden. Seine einzige Hoffnung ist das Entzünden eines Ziegenkopfes durch Johnsons Lichtschuss, um die Dunkelheit zu vertreiben. Das Einsammeln von menschlichen Herzen erhöht Garcias Lebensdauer im Finsteren, während er nach einem Ausweg sucht. Auch die zahlreichen Bosse machen sich die Dunkelheit zunutze, was die Kämpfe gegen sie teilweise deutlich in die Länge zieht.

Doch halt – leuchtende Ziegenköpfe als natürliche Lichtquellen? Was auf den ersten Blick seltsam klingt, macht in der Unterwelt absolut Sinn. Wusstet ihr, dass Erdbeeren in Wahrheit geraspelte Zungen von Sündern sind? Nein? Dann fragt besser nicht, welche Wahrheit sich hinter der Herkunft der Kirsche verbirgt. Ein Tipp: Es hängt mit der Redewendung „Pop the Cherry“ zusammen. Wer denkt sich bloß solche Sachen aus?

Prominente Hintermänner

Vor nicht allzu langer Zeit habe ich für RauteMusik die HD-Neuauflage von „No More Heroes“ getestet, das vermutlich bekannteste Werk des exzentrischen Grasshopper-Mastermind, Goichi Suda. Trotz einiger technischer und inhaltlicher Schwächen war ich von dem außergewöhnlichen Stil, der mit einem angenehm flüssigen Kampfsystem und sinnvollen Motion Controls kombiniert wurde, begeistert, weshalb ich mich sehr auf „Shadows of the Damned“ gefreut habe, bei dem der Japaner als Creative Director fungiert. Die schrillen Produkte von Sudas Fantasie kann man lieben oder hassen, kalt lassen sie aber eigentlich niemanden. „Shadows of the Damned“ ist in dieser Hinsicht nicht anders.

Allerdings ist sein Name in den Opening-Credits nicht der einzige, den routinierte Gamer kennen sollten. Das Spieldesign stammt aus der Feder von Shinji Mikami, der bereits für Action-Kracher wie „Resident Evil 4“, „Devil May Cry“ oder „Vanquish“ verantwortlich war und der Soundtrack wurde von Akira Yamaoka komponiert, dessen Gespür für atmosphärische Musik vor allem Fans der „Silent Hill“-Reihe zu schätzen wissen. Außerdem ist Massimo Guarini („Rainbow Six 3“, „Naruto: Rise of a Ninja“) als Executive Director beteiligt. Mit einem solchen Tag-Team aus erfahrenen Branchen-Veteranen kann eigentlich nicht mehr viel schief gehen, richtig?

Höllisches Gameplay

Falsch. So interessant die inhaltlichen Ansätze von „Shadows of the Damned“ auch sein mögen, die Umsetzung lässt sich sowohl aus technischer als auch aus konzeptioneller Sicht bestenfalls als fragwürdig und schlimmstenfalls als völlig misslungen bezeichnen.

Beginnen wir bei der Technik. „Shadows of the Damned“ basiert auf der Unreal Engine 3 und übernimmt folglich all ihre bekannten Problemchen. Nach über fünf Jahren, in denen ich Spiele mit der Unreal Engine 3 gezockt habe, komme ich allmählich zu dem Schluss, dass niemand außer Epic Games selbst in der Lage ist, optische Höchstleistungen mit dem Grafikmotor zu vollbringen, was allerdings mit Sicherheit nicht der Technologie an sich zur Last gelegt werden kann. Das kommende „Gears of War 3“ sieht schließlich auch äußerst imposant aus und wird die Xbox 360 vermutlich einmal mehr an ihre Grenzen treiben – bei „Shadows of the Damned“ ist das definitiv nicht der Fall.

Steife Animationen und häufig detailarme und unscharfe Texturen prägen, abgesehen von der kühlen Farbpalette, das Erscheinungsbild von Grasshoppers virtueller Hölle. Selbst „Eye-Candy“ wie Licht- oder Spiegeleffekte ist in diesem Spiel unterdurchschnittlich. Einen markanten Makel stellt insbesondere die instabile Framerate dar, wodurch Tearing zum ständigen Begleiter des Spielers wird.

Als weiteres Problem sollte sich die Steuerung entpuppen. Diese ist nicht nur statisch, kann also nicht frei belegt werden, sondern auch noch unpraktisch gemappt. Wieso ist das freie Mapping von Befehlen – bei PC-Spielen eine Selbstverständlichkeit – auf Konsolen auch im 21. Jahrhundert noch ein solcher „Luxus“? Leider ist bei „Shadows of the Damned“ sogar ein so essenzielles Element wie das Zielen nicht optimal umgesetzt worden. Das Spiel reagiert auf Bewegung der Analogsticks hakelig und teilweise überempfindlich. Ich habe jede mögliche Konfiguration hinsichtlich Sensitivität ausprobiert, trotzdem war zumindest mir das präzise Anvisieren von Gegnern unmöglich. Die Kamera lässt sich mit dem rechten Stick einfach nicht „weich“ genug bewegen. Das macht vor allem die hektischen Bosskämpfe zu einer nervlichen Zerreißprobe.

Probleme wie diese passen allerdings gut zum Kontext des restlichen Spiels, dessen Schwierigkeitsgrad einer Achterbahn ähnelt. Es gab Abschnitte, die so lächerlich einfach waren, dass ich mich fragte, ob ich nicht doch besser auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad gestartet hätte, gefolgt von Bosskämpfen oder frustrierenden Dunkelheit-Passagen, aus denen ich erst nach vier oder fünf Bildschirmtoden wieder herausfand. Dieses ständige „Ping Pong“ zwischen „Cakewalk“ und „auf die Fresse“ strapazierte meine Geduld aufs Äußerste und ist definitiv kein Zeichen für gutes Game-Design. Wie konnte das passieren, obwohl ein Kollektiv von Legenden für „Shadows of the Damned“ verantwortlich war?

Im Alleingang besser

Die Antwort darauf ist denkbar simpel: Man spürt deutlich, dass sich keiner der drei Produzenten beim Game-Design frei entfalten konnte. „Shadows of the Damned“ ist eines der „zahmsten“ Spiele, an denen Grasshopper Manufacture bislang gearbeitet haben, was es im Action-Einheitsbrei trotz seines immer noch extravaganten Stils wesentlich weniger einzigartig macht. Auch Shinji Mikami machte einen großen Schritte zurück: Nach dem grandiosen „Vanquish“, das mich durch seine blitzschnelle Action in Kombination mit dem populären Zeitlupen-Effekt begeisterte (und leider nicht die Verkaufszahlen erreichte, die es meiner Meinung nach verdient hätte), fühlt sich „Shadows of the Damned“ richtig „stinknormal“ an – ohne die Hektik, die immer wieder durch Gegnerhorden und zähe Bosskämpfe provoziert wird, ist es regelrecht langweilig, weil es sich wie das sechs Jahre alte „Resident Evil 4“ anfühlt, ohne die Flüssigkeit von dessen Gameplay zu erreichen.

Als einziger sein Talent ausleben konnte scheinbar der für den Soundtrack verantwortliche Akira Yamaoka, dessen stimmungsvolle Musik in diesem Spiel jedoch verschwendet ist. Hand aufs Herz, wer achtet in der Hektik zwischen Feindarmeen und Dunkelheit schon auf die gelungene Klangkulisse? Irgendein Gitarrengeschrammel im Sinne von Titeln wie „Devil May Cry“ hätte die gleiche Wirkung erzielt, einen Künstler wie Yamaoka mit dem Soundtrack zu bemühen war unnütz. Lange Rede, kurzer Sinn: Getrennt ist das Trio ohne Zweifel besser.

Fazit, Sebastian Meinke

Leider ist „Shadows of the Damned“ trotz der bekannten Namen dahinter kein teuflisches Vergnügen, sondern verursacht bloß höllische Kopfschmerzen. So hoch ambitioniert dieses Projekt ursprünglich gewesen sein mag, so misslungen ist es in nahezu jeder Beziehung. Ich kann es daher eigentlich nur Leuten empfehlen, die nach plumper, kurzweiliger Unterhaltung suchen und einen Sinn für das Abgedrehte haben. Alle anderen sollten „Shadows of the Damned“ unbedingt anspielen, ehe sie eine Kaufentscheidung treffen.

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