Rezeptfrei ist nicht gleich harmlos

Der Medikamenten-Cocktail wird unterschätzt

Es kommen Kopfschmerzen oder Schlaflosigkeit auf und der Griff zu Arzneimitteln ist nicht weit. Doch die Apothekenkammern warnen vor Risiken der Zauberpillen.

„Wenn ich mich krank fühle und denke, dass es nicht so schlimm ist, besorge ich mir in der Apotheke Medikamente.“ Dies sagen zwei von drei Deutschen laut einer Allensbach-Umfrage angesichts der Praxis- und Rezeptgebühren. Der durchschnittliche Deutsche gibt etwa 70 Euro pro Jahr für Medikamente aus. Doch damit nicht genug: Die Tendenz steigt. Eine gute Beratung in einer Apotheke ist deshalb sehr wichtig.

„Rezeptfreie Medikamente sind zwar problemlos zu bekommen, unproblematisch sind sie aber nicht“, erklärt die Allgemeinmedizinerin und Vizepräsidentin der Bundesärztekammer, Cornelia Goesmann. „Selbst so gängige und gern verwendete Mittel wie Paracetamol können bei Überdosierung schwere Leberschäden verursachen.“ Auch Medikamente, die mit dem Etikett „rein pflanzlich“ gekennzeichnet sind, sollten nicht ohne Bedenken eingenommen werden. So können zum Beispiel Johanneskrautprodukte die chemische Wirkung anderer Arzneien stark verändern. Hierbei sollte dringend Absprache mit Arzt oder Apotheker gehalten werden.

Besonders bei Schmerzmitteln sollte man aufpassen

Paracetamol ist eines der Schmerzmittel, die die Liste der selbst gekauften Arzneimittel anführen. Fast jeder zweite Deutsche holt sie sich ohne dass das Medikament von einem Arzt verschrieben wurde. Tragisch ist, dass es bei jedem Fünften Probleme gibt. Martin Schulz, der Vorsitzende der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker, warnt, dass ein hoher Konsum von Schmerzmitteln Kopfschmerzen verursachen kann. Trotz dieser Gefahr fragen dennoch viele Deutsche mehrmals im Monat nach den Heil-Mach-Pillen. „Rezeptfreie Mittel sind keineswegs harmlos. Sie sollten auf keinen Fall länger als drei Tage hintereinander und nicht häufiger als an zehn Tagen pro Monat eingenommen werden“, erläutert Schulz.

Auch Grippemedikamente stehen auf der Liste weit oben. Jeder Dritte besorgt sich diese aus eigener Kasse. Sie helfen bei einer Influenza, einer richtigen Grippe, jedoch wenig. Wenn die Stirn oder der Augenbereich schmerzen, bei eitrigem oder blutigem Auswurf, wenn das Atmen oder Husten sehr wehtut oder das Fieber auf über 39 Grad steigt oder länger als zwei bis drei Tage anhält, sollte man nicht länger eigenständig herumdoktern, sondern lieber einen Arzt um Rat fragen.

Vorsicht vor der Gewöhnung

Das ständige Einnehmen von Arzneimitteln macht meist vieles nur noch schlimmer. Es können nämlich Medikamentenmissbrauch oder -abhängigkeit auftreten. Gerade bei Nasensprays sollte man darauf achten, diese nicht länger als eine Woche zu nehmen. Sie enthalten Wirkstoffe wie Xylometazolin, Oxymetazolin, Tramazolin oder Naphazolin, die die Blutgefäße in der Nasenschleimhaut zusammenziehen. Nach eine Woche Dauerbehandlung schwillt die Schleimhaut noch stärker an. Dadurch verstopft die Nase dauerhaft. Der Patient erhöht dann natürlich die Dosierung und es kann zur Abhängigkeit kommen.

Auch bei rezeptfreien Abführmitteln sollte spätestens nach zwei Wochen ohne ärztliche Untersuchung Schluss sein. Ansonsten kann es zu chronischen Verstopfungen kommen, denn der Elektrolythaushalt verschiebt sich und mit dem dünnflüssigen Stuhl geht viel Kalium verloren, was wiederum die Darmmuskulatur lähmen kann.

Wer unter chronischen Schlaftstörungen leidet, sollte sich lieber an einen Arzt wenden. Denn wer langfristig Schlaftabletten nimmt, lässt zu, dass die Wirkstoffe Diphenhydramin, Dimenhydrinat oder Doxylamin den Schlafrythmus verändern und ihn weniger erholsam machen.

Erhöhte Vorsicht bei Kindern

Laut dem Arzneimittelgesetz sind nur noch knapp 20 Prozent der Arzneimittel für Kinder zugelassen. Der Grund sind die dünne Haut, die die Stoffe von Salben stärker aufnehmen als die von Erwachsenen. Für Ärzte ist es zudem schwierig die richtige Dosierung zu finden, da es kaum verlässliche Daten gibt und die Dosierung nur auf Erfahrungsbasis fungieren. Bei Selbstmedikation sollte unbedingt der Beipackzettel gelesen werden. Bei Unklarheiten sollte zudem unbedingt ein Kinderarzt hinzugezogen werden.

Quelle: N24

Bilder:
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