Das lukrative Geschäft mit dem Düdeldü

Wer kennt es nicht? Man hat lediglich eine kurze Frage, die jedoch leider oft mit lästigem Ausharren in den Warteschleifen der Callcenter verbunden ist. Doch mit fast reißenden Geduldsfäden der Anrufer lässt sich eine Menge Geld machen. Schlecht für den Kunden, lukrativ für den Telefonanbieter des Callcenters – aber damit soll jetzt Schluss sein.

Die Flatrate für Internet und Telefonanschluss ist heute in fast jedem Haushalt vertreten – doch sollte man einen Anruf über eine 0180er-Nummer tätigen müssen, wird man meist in der Warteschleife im Minutentakt abgezockt. Denn seltsamerweise sind Nummern mit dieser Vorwahl nie Teil der Pauschaltarife geworden. Jegliche Kommunikationsdienste ermöglichen ihren Kunden immer günstiger zu telefonieren, nur die 0180er-Servicenummern verteuerten sich immer mehr.

Bis der Hörkanal blutet

Folgendes Szenario bietet sich den meisten Kunden, welche genötigt werden, über die teuren Servicenummern zu telefonieren: Sie haben lediglich eine kleine Frage, die in der Kürze der Würze beantwortet werden könnte, aber nein, die armen Seelen schmoren stundenlang bei munteren Jazzklängen aus der Hölle. Heutzutage erklingen auch des Öfteren modere Elektrosounds, die so manchen Hörkanal zum Bluten bringen, aber angesichts von Titeln wie „Flugzeuge im Bauch“ oder „Die Nase im Wind“ ist das schon eine angenehme Verbesserung, denn auch Callcenter gehen mit dem Trend. Nur leider soll die Musik den Kunden nicht etwa unterhalten, sondern sie soll ihn zur Aufgabe zwingen oder ihn so lange beschallen, bis er sich seinem Schicksal fügt.

Geldmacherei auf Kosten der Anrufer

Es sind die Werbekostenzuschüsse, die Warteschleifen für die Callcenter so lukrativ machen. Angenommen, ein Unternehmen besorgt sich eine 01805-Nummer, über die dem Kunde pro Minute 14 Cent aus der Tasche gezogen werden, dann kassiert die Telefongesellschaft sechs Cent davon; acht Cent gehen als sogenannter Werbekostenzuschuss an das Callcenter – die Unternehmen machen quasi halbe-halbe. Angenommen, das Callcenter schaltet nun 100 Leitungen mit zehn Mitarbeitern, die pro Tag etwa zwölf Stunden arbeiten, dann macht das bei 15 Euro brutto summa summarum 1.800 Euro Personalkosten. Sind die Leitungen dann zehn Stunden am Tag ausgelastet, sind das bei 100 Leitungen 1.000 Stunden, also 60.000 Minuten – jede Minute bringt dem Unternehmen acht Cent ein. Somit läge der Tagesumsatz dieser Firma bei 4.800 Euro, was bei 1.800 Euro Personalkosten ein Bombengeschäft für den Betreiber und die Telefongesellschaft ist – der Einzige, der zahlt und wartet bis er schwarz wird, ist der Kunde.

Freude, wenn man endlich eine Stimme im Ohr hat

Ab Mitte 2012 ist Erleichterung für den Kunden in Sicht – denn dann sieht das neue Telekommunikationsgesetz (TKG) vor, Warteschleifen kostenlos machen. Das heißt jede Vorrichtung über Anrufe, die aufrecht erhalten werden, ohne dass das Anliegen des Kunden bearbeitet wird, zählt dazu. Somit sind wartende Kunden von da an keine Melkkühe mehr, sondern Kostenfaktoren, was die Bearbeitungszeit der jeweiligen Anliegen mit Sicherheit immens verkürzen dürfte.

Leider werden nur Warteschleifen mit den Vorwahlnummern 0180 kostenfrei sein, wer den Kunden durch vollautomatisierte Self-Service-Menüs schleust, darf weiterhin im Minutentakt abkassieren. Da dieses Prinzip wahrscheinlich viele Firmen anwenden werden, sollte man sich nicht zu früh über die Gesetzesänderung 2012 freuen. Roboter werden dann während der schnöden Warterei dämliche Fragen stellen, aber die Beschallung mit Musik fällt dafür weg. Die Sprachmenüs der Zukunft werden wahrscheinlich derart verschachtelt sein, dass kein Mensch mehr damit klar kommt und bei jeder Fehleingabe mit den Worten „Zurück auf Los“ bestraft wird. „Sie befinden sich wieder im Hauptmenü, bitte nennen sie nochmals ihren Namen, ihre Adresse und die Schuhgröße ihrer Oma.“ Bleibt abzuwarten, ob das neue Gesetz wirklich kundenfreundlicher ist.

Quelle: Spiegel.de

Bild:
(c) Konstantin Gastmann, Neumi / Pixelio.de

Schlagworte: , , , , ,

Kommentieren