Blockbuster mit großartiger Inszenierung
Die deutsche Spieleschmiede Crytek ist weltweit bekannt für die grafische Qualität ihrer Spiele. Schon „Crysis“ hat sein Publikum zum Staunen gebracht, schafft dies der Nachfolger auch? Die Story und die Inszenierung versprechen viel – auf in den Kampf gegen die Aliens!
Wer von euch hätte nicht gerne auch einen Nanosuit – ein Anzug, der euch übermenschliche Kräfte verleiht? Nie wieder müsstet ihr nach der Fernbedienung suchen, die unter das Sofa gefallen ist, denn mit Hilfe des Anzugs ist eure Sitzgelegenheit schnell angehoben. Ganz zu Schweigen von der Stealth-Funktion, mit deren Hilfe ihr unangenehmen Konfrontationen in der Damendusche entgehen könntet. In „Crysis 2“ setzt ihr die Fähigkeiten eures Nanosuits aber weder für das eine, noch das andere ein. Ihr benutzt ihn, um einer Aufgabe nachzugehen, die für uns Spieler schon zur Routine geworden ist: Ihr rettet die Menschheit! Dieser Mission nehmt ihr euch diesmal als Teil einer Militäreinheit der US-Marines an – so weit, so gut.
Die Story
Im Jahre 2023 liegt New York City im Sterben. Die Bevölkerung wird von einem bösartigen Virus qualvoll dahingerafft, das Stadtbild, gespickt mit zahlreichen rudimentären Behandlungseinrichtungen, ist von Toten und Dahinsiechenden geprägt. Perfektioniert wird diese prekäre Lage von einer zeitgleich stattfindenden Alien-Invasion, die es zu verhindern gilt.
Mit einigen Kameraden seid ihr in einem U-Boot des US Marine Corps unterwegs nach New York City. Noch vor eurer Ankunft beginnen die Probleme, denn ihr werdet während eurer Einsatzbesprechung von den Invasoren angegriffen. Eure Einheit kann sich zunächst aus dem sinkenden Schiff retten, doch die Aliens lassen nicht nach: Sie massakrieren den Rest eures Teams – nur ihr habt das Glück, von einem merkwürdig aussehenden Mann gerettet zu werden. Als ihr einen Tag später erwacht, findet ihr euch in eben jenem Anzug wieder, den euer Retter noch am Abend zuvor getragen hatte – er selbst liegt neben euch, tot.
„Crysis 2“ ist ein Science-Fiction-Blockbuster mit allen Feinheiten, die dazu gehören: einer bösartigen, euch völlig überlegenen Alien-Rasse; dem heruntergekommenen Wissenschaftler, der selbstverständlich als einziger die Lösung eures Problems kennt; einem raubeinigen Militär und zu guter Letzt einem unsympathischen Widerling, der euch aufhalten möchte. Die Story ist also kein grobes Gerüst für auf die euch zukommenden Schießereien, sondern für einen Shooter sogar ziemlich gut.
Was mich aber im Zusammenhang mit „Crysis 2“ den Begriff „Blockbuster“ benutzen lässt, hat eigentlich nur bedingt etwas mit der Story zu tun. Vielmehr sorgt die Inszenierung für großes Staunen. Etwa ab der Hälfte des Spiels verwandelt sich New York City in ein Schlachtfeld – begleitet von extrem coolen Effekten. Marines versuchen, die Metropole vor den anrückenden Aliens zu verteidigen – diesem Versuch fallen aber leider auch einige Wolkenkratzer zum Opfer, die dem Erdboden gleich gemacht werden. Wer also schon mal einen Roland-Emmerich-Film spielen wollte, hat bei „Crysis 2“ die ideale Gelegenheit dazu.
Gameplay
Nachdem aktuelle Shooter-Hits wie „Call of Duty: Black Ops“ oder „Bulletstorm“ dem Spieler seine Wege klar vorgaben, ist es zur Abwechslung auch mal recht erfrischend, seine eigenen Entscheidungen treffen zu können. Diese Freiheit bietet euch „Crysis 2“, denn die meisten Levels sind relativ groß und frei begehbar. Innerhalb abgesteckter Grenzen müssen bestimmte Missionen erfüllt werden, wobei es dabei jedem selbst überlassen ist, wie dieses Ziel erreicht werden kann. Ein taktischer Visor, der euch mögliche Lösungsvorschläge aufzeigt, erleichtert die Entscheidung, wie ihr am besten vorgeht.
Der Nanosuit kann allerdings noch viel mehr. Er verleiht auch, wie bereits eingangs erwähnt, übermenschliche Fähigkeiten. Zu diesen gehören unter anderem der Stealth- und der Panzer-Modus. Mit deren Hilfe ist es euch völlig freigestellt, ob ihr euch auf konventionelle Art und Weise durch die Missionen schlagt oder ob in Agenten-Manier durch die Welten von „Crysis 2“ schleicht und euren virtuellen Gegenspielern – soweit erforderlich – die Kehle durchschneidet. Empfehlenswert ist in jedem Fall eine Mischung aus beidem, denn sonst wird das Gameplay schnell eintönig und langweilig.
Große Handlungsfreiheit habt ihr vor allem solange, wie ihr euch menschlichen Opponenten ausgesetzt seht. Diese werden im Laufe des Spiels allerdings zunehmend seltener und weichen etwa ab der Hälfte des Spiels schließlich dem Kampf gegen die Alien-Invasoren, der wesentlich linearer abläuft.
Intelligenz und Interaktion
Die Gegner in „Crysis 2“ sind äußerst intelligent und reagieren auch auf eure Aktionen. Fällt beispielsweise ein Schuss oder treten Verluste in den menschlichen Reihen auf, so rücken weitere Truppen nach, die auch nach euch suchen. Aliens versuchen dagegen, euch zu flankieren oder in den Rücken zu fallen. Gelegentlich gibt es allerdings Aussetzer auf beiden Seiten zu verzeichnen: Gegner kommen mit der komplexen Umgebung in „Crysis 2“ nicht zurecht und reagieren dann nicht auf vorbeipfeiffende Schüsse – in den meisten Fällen ist die KI allerdings fähig genug, angemessen auf euer Verhalten zu reagieren.
Zwar mangelt es euren Feinden allgemein nicht an Intelligenz, dafür aber an Vielfalt. Während dem gesamten Spiel begegnet ihr nur einer handvoll verschiedener Gegnertypen. Auch die abwechslungsreichen Umgebungen einer Großstadt können nicht darüber hinwegtäuschen, dass immer dieselben Aliens getötet werden.
Grafik und Soundtrack
Visuell gehört „Crysis 2“ zu den besten Spielen, die derzeit für Xbox 360 erhältlich sind. Dabei geht es nicht nur um die technischen Aspekte, die nach wie vor eine hervorragende Referenz für Crytek sind, sondern hauptsächlich um die detailverliebte Gestaltung von New York. Die Stadt wirkt in der virtuellen Umgebung so lebendig, wie es nur möglich ist. Die Grenzen der Areale wirken natürlich und trotz der Verwüstung, die in der Metropole vorherrscht, verläuft man sich nie und findet instinktiv immer den richtigen Weg.
Passend zum apokalyptischen Szenario findet man überall Spuren der Epidemie, die New York getroffen hat. Einwohner verschanzen sich in der U-Bahn, um zu sterben und Halbtote flehen mit Schildern auf den Hausdächern um Hilfe. Wer die Zeit aufbringen will, kann sich auch in der Stadt etwas genauer umsehen und das eine oder andere Souvenir mitnehmen oder dem Radio lauschen, um weitere Details zu erfahren.
Auch der Soundtrack passt zum Spiel. Nach dem Abschluss der Missionen im Singleplayer-Modus werden die entsprechenden Tracks im Menü freigeschaltet und können anschließend nach Lust und Laune angehört werden. Einzig störend an der akustischen Untermalung von „Crysis 2“ ist der Nanosuit. Dieser hat nicht nur tolle Fähigkeiten, sondern auch eine lästige Pornostimme, die ständig mit euch spricht. Man fragt sich schon nach kurzer Zeit, ob diese Stimme deshalb so penetrant ist, um die Aggression des Spielers zu steigern. In der deutschen Version ist leider – wen wundert es – die Sprachausgabe mal wieder ziemlich miserabel. Wer über die USK-Version von „Crysis 2“ verfügt, kann ersatzweise nicht einmal auf die englische Sprachausgabe umschalten, denn alternativ steht nur eine türkische Synchronisation zur Verfügung.
Multiplayer
In insgesamt sechs Spielmodi könnt ihr euch online in die Schlacht begeben. Dabei spielt natürlich auch der Nanosuit wieder eine tragende Rolle, denn wie im Singleplayer könnt ihr auch im Multiplayer die übermenschlichen Fähigkeiten eures Anzugs nutzen, um eure Gegenspieler effizient auszuschalten. Wenn man etwas Geduld mitbringt, kann man nach einer bestimmten Zeit wie ein Predator durch die Maps schleichen und Kontrahenten einen nach dem anderen zur Strecke bringen.
Wie bei „Call of Duty“ habt ihr auch bei „Crysis 2“ die Möglichkeit, Erfahrungspunkte zu sammeln, mit deren Hilfe neue Waffen und Perks freigeschaltet werden. Wenn man genügend Gegner ausgeschaltet und deren Erkennungsmarken gesammelt hat, können beispielsweise Alien-Schiffe angefordert werden, die euch dann unterstützen.
Auch die Maps sind äußerst gut gelungen. Die einzelnen Spielmodi überraschen allerdings nicht – neben dem klassischen Deathmatch (Instant-Action) stehen Team-Sofortaktion (Team Deathmatch), Absturzstelle (Erobern und Halten), Angriff (Nanosuits gegen Soldaten), Erobere das Relais (Capture The Flag) und Exfiltration (Erobern von Nanosuits-Verbesserungen) zur Verfügung.
Insgesamt bietet der Multiplayer-Modus von „Crysis 2“ zwar nicht die Tiefe eines „Call of Duty“, dennoch kann es in puncto Spielspaß sehr gut mithalten. Durch den Nanosuit erhalten Online-Matches darüber hinaus einen ganz eigenen taktischen Anreiz. Ärgerlich ist allerdings, wie die Spawnpunkte teilweise gesetzt sind. Auf manchen Maps muss man quälend lange laufen, bis man überhaupt auf einen Gegner trifft – schlauer wären hier wohl Spawnpunkte gewesen, die sich den Gefechten auf den Maps anpassen.
Fazit, Lars Haise:
„Crysis 2“ ist definitiv ein Blockbuster für die Xbox 360. Der großartig inszenierte Kampf gegen die Aliens lässt die Pupillen weiten. Dank der Freiheiten bei der Missionsausführung kann man sich teilweise sein ganz eigenes Spielerlebnis schaffen. Zusammen mit dem Multiplayer-Modus sorgt dies freilich für einen Langzeitanreiz, sodass euch das Spiel nach der Anschaffung noch etwas länger Freude bereiten wird. Sicherlich hat „Crysis 2“ auch seine Schwächen und Bugs, diese sind allerdings zumindest bei der Xbox 360-Version rein oberflächlich. Einzig nervig ist die Pornostimme des Nanosuits, aber wenn man darüber mal völlig hinwegsieht, erhält man ein beachtliches Paket.
Schlagworte: Alien, CryEngine, Crysis, Crytek, Ego-Shooter, Electronic Arts, multiplayer, Nanosuit, Sci-Fi, Science-Fiction, Shooter, Xbox 360