Das #Musik Filmreview: Königreich der Himmel

Lange hat es gedauert, doch nun kommen auch Kinofans auf ihre Kosten.In Zusammenarbeit mit FilmSzene.de präsentiert Euch RauteMusik nun jeden Donnerstag brandneu das Film-Review der Woche. Ob Kassenschlageroder Totalausfall, hier erfahrt ihr es als Erstes.

Heute nehmen wir für euch Königreich der Himmel ins Visier, der als einer der Top-Filme 2005 gehandelt wird.

Es ist schon bemerkenswert, wasfür eine Karriere sich in kürzester Zeit auf der Darstellung einer niedlichen Nebenfigur in einem Fantasy-Epos aufbauen lässt. Nun gut, es handelte sich um die Mutter allerFantasy-Epen und Orlando Bloom verkörperte den edlen Legolas darin auch gleich dreimal hintereinander. Es war aber trotzdem nicht unbedingt abzusehen, dass man ihn danach praktisch jährlichin einer weiteren Großproduktion wieder treffen würde. Und nach seinen Auftritten im „Fluch der Karibik“ und „Troja“ darf Mr. Bloom jetzt sogar die allererste Geige spielen. Als RitterBalian von Ibelin führt er die Bewohner der Stadt Jerusalem Ende des 12 Jahrhunderts in eine gewaltige Verteidigungsschlacht gegen die anrückenden Horden des muslimischen KriegsherrnSaladin.

Dabei tut Balian eigentlich alles, um es nicht zu dieser Schlacht kommen zu lassen. Der einfache Schmied aus Frankreich hat seine Familie verloren und wenig im Sinn mit den christlichen Kreuzzügen ins „heilige Land“. Nur aus der Not heraus folgt er seinem Vater Godfrey (Liam Neeson), den er zudem gerade erst kennen gelernt hat. Im gelobten Land kommen sie aber nicht gemeinsam an, denn wie so viele Ritter überlebt auch Godfrey die strapaziöse und gefahrvolle Reise nicht. In Jerusalem macht sich Balian mit den Gegebenheiten vertraut und erkennt, dass im Land ein brüchiger Friede herrscht. Zwar sorgen der schwerkranke König Baldwin (Edward Norton) und sein Berater Tiberius (Jeremy Irons) für ein friedvolles Miteinander der unterschiedlichen Gruppen, und Saladin, der Führer der gewaltigen muslimischen Armee, lässt die Stadt bisher in Ruhe. Doch radikale Kräfte auf beiden Seiten fordern immer wieder die Eroberung der Stadt und deren „Reinigung“ von den Mitgliedern der verhassten anderen Religion. Dabei tut sich insbesondere der machtrunkene Guy von Lusignan (Marton Csokas) hervor, der nur darauf wartet nach dem absehbaren Tode Baldwins mit dem heiligen Kreuzzug gegen die Araber beginnen zu können. Der friedfertige Balian ist ihm dabei im Weg und entwickelt sich bald zu seinem größten Widersacher.

Keine einfache Situation also, und es ist Ridley Scott hoch anzurechnen, dass er in seinem neuen Historienfilm die Zusammenhänge nicht allzu grob und mundgerecht vereinfacht. Zwar gibt es mit Guy und seinem Helfer Reynald zwei klassische Bösewichte sowie auch einen Helden mit angehängter Liebesaffäre. Dennoch versucht Scott der verworrenen politischen Situation gerecht zu werden und zeigt die Anfänge eines Konfliktes, der über Jahrhunderte bis in unsere heutige Zeit fortbesteht und der einen an der geistigen Weiterentwicklung der Spezies Mensch durchaus zweifeln lässt.
Der von manchen Skeptikern pauschal schon einmal vorab geäußerte Verdacht, der Film würde im Sinne der derzeitigen US-Regierung eine Schwarzweißmalerei zugunsten der christlichen Weltsicht präsentieren, läuft dabei komplett ins Leere. Stehen die genannten Schurken doch auf Seiten eben dieser christlichen Kreuzritter und die kommen hier nun wahrlich nicht besonders gut weg. Geblendet von einem Gefühl der natürlichen Überlegenheit führen sie ihre Männer ins Verderben, denn jede Äußerung von Zweifel am Sieg der vom heiligen Vater in Rom Beauftragten ist selbstverständlich reine Blasphemie.
Die wenigen Stimmen der Vernunft haben letztendlich keine dauerhafte Chance gegen die religiösen Eiferer, hüben wie drüben. Diese deprimierende Botschaft kommt durchaus an in einem Film, der ansonsten natürlich alles bietet was man von einem großen Kostümschinken heute erwartet: Gewaltige und durch ihren Realismus beeindruckende Kulissen, die üblichen, mit moderner Tricktechnik erzeugten, riesigen Heere und selbstverständlich eine große Schlacht als finalen Höhepunkt. Diese erinnert dann in ihrem Aufbau und Verlauf übrigens auffällig an den Kampf um „Helms Klamm“ in „Der Herr der Ringe: Die zwei Türme“ – auch hier versucht Orlando Bloom verzweifelt die Burgmauern und besonders die eine zentrale Stelle im Wall wider alle Übermacht zu halten, und man sieht: Geschichte wiederholt sich doch, und sei es auch in gänzlich verschiedenen Welten.
Ansonsten hat das „Königreich der Himmel“ einen Look, der dem Stil von Scott bei seinem „Gladiator“ nicht unähnlich ist. Besonders gelungen ist ihm dabei der Kontrast zwischen dem düsteren und von ständigem Funkenniederschlag vernebelten alten Europa und dem im Glanz der Sonne strahlenden Jerusalem, das den Erzählungen der Ritter vom „gelobten Land“ tatsächlich nahe kommt.

Und wie macht sich unser Orlando? Gar nicht mal schlecht muss man sagen, und alle Fans denen sein tölpelhafter Paris in „Troja“ ein wenig peinlich war dürfen sich jetzt wieder nach draußen trauen. Einen Film dieser Größe alleine tragen kann er aber trotzdem (noch) nicht, und so hinterlassen einige interessante Nebenfiguren letztendlich doch den größeren Eindruck beim Zuschauer: Der unter seiner Maske nicht zu erkennende Edward Norton beispielsweise, als von der Lepra zerfressener junger König Baldwin. Und natürlich mal wieder unser Lieblingsnebendarsteller Brendan Gleeson in der Rolle des barbarischen und leicht gestörten Ritters Reynald.

Diese Figuren machen die – vor allem im Mittelteil – doch manchmal etwas zu zähflüssig erzählte Geschichte um einiges interessanter. Denn in Ridley Scotts Bemühen um Ernsthaftigkeit und Sachlichkeit bleibt die Unterhaltung ab und zu zwangsläufig ein wenig auf der Strecke. Durch den Verzicht auf allzu viel publikumswirksamen Schnickschnack (den nackten knackigen Hintern der Hauptfigur sucht man hier genauso vergebens wie eine abgedrehte Mutter mit Schlangen um den Hals) ist das „Königreich der Himmel“ aber seinen Genrekollegen vom letzten Jahr zumindest ein kleines Stück überlegen.

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