Dragon Age II: Aufregung um Fake-Review

Dass sich PR-Arbeit keineswegs auf konventionelle Maßnahmen wie bezahlte Werbung oder virales Marketing rund um ein Produkt beschränkt, zeigte jetzt ein Mitarbeiter der Rollenspiel-Schmiede BioWare. Dieser schrieb anonym ein User-Review zum jüngsten Spiel des Entwicklers, „Dragon Age II“, für das bekannten Kritik-Portal Metacritic.

Zehn von zehn Punkten

Aufgedeckt wurde der Fauxpas nicht etwa von Journalisten oder einem konkurrierenden Unternehmen, sondern vom Metacritic-User GatoFiasco, der Meinungen über „Dragon Age II“ einholen wollte, nachdem er es sich von einem Freund geliehen hatte. Sein besonderes Interesse galt den User-Reviews, deren negativer Metascore (die rechtlich geschützte Bezeichnung für die Gesamtwertung eines Produktes auf Metacritic.com) in starkem Kontrast zu den überwiegend positiven Wertungen der Presse stand und von denen er dachte, dass sie einen möglicherweise realitätsnäheren Gesamteindruck des Spiels vermitteln könnten.

Das zu dem Zeitpunkt beliebteste User-Review stach ihm ins Auge, da es sich für ihn weniger wie eine private Rezension, sondern mehr wie eine Presseaussendung las. „Die Immersion und das Kampfsystem dieses Spiels sind unschlagbar“, schrieb der Benutzer „Avanost“. „Eine wirklich motivierende und spaßige Epik. Alles, was ihr an dem Spiel negativ findet, ist eine Überreaktion des persönlichen Geschmacks. Für das, was es ist, wurde es fehlerfrei umgesetzt und ist endlos unterhaltsam“.

Weil er den übermäßigen Lobeshymnen nicht traute und die Bewertung von „Dragon Age II“ der einzige Beitrag war, den Avanost je auf Metacritic eingestellt hat, grub GatoFiasco tiefer und konnte das Pseudonym schließlich Chris Hoban zuordnen, der – siehe da – Applications Engineer bei BioWare ist. Ein Zufall?

„Eine Sache von Ethik und Integrität“

In einem Kommentar auf Reddit.com übte GatoFiasco heftige Kritik an der BioWare-Aktion. „Dies ist eine Sache von Ethik und Integrität. Ein Konsument braucht objektive Informationen, um eine informierte Entscheidung darüber zu treffen, ob er ein Produkt kauft. Wenn die Grenze zwischen redaktionellen Artikeln und Produkt-Reviews verzerrt ist, wird der Konsument auf Kosten seines möglichen Vertrauens und Loyalität zum dafür verantwortlichen Unternehmen betrogen“. Es ist ihm außerdem wichtig, dass seine Entdeckung nicht als Ausdruck der Ablehnung gegenüber „Dragon Age II“ verstanden wird. Er habe mit dem Spiel kein Problem und wollte lediglich wissen, was andere darüber denken. Dies bedeute aber nicht, dass es sein Wunsch war, einen falschen Lobgesang zu lesen, der als ehrliche Bewertung verkauft wurde, weil die Verbindung des Autors zu BioWare nicht bekannt war. „Das ist unter keinen Umständen in Ordnung, für jegliche Mitarbeiter jedweden Unternehmens“.

Mittlerweile wurde das Review von Metacritic entfernt. Auf die Anfrage des Online-Magazins Kotaku an den Publisher von „Dragon Age II“, Electronic Arts (EA), folgte ein knappes, aber überraschend ehrliches Statement aus deren PR-Abteilung:

„Natürlich stimmen die Leute hinter einem Spiel für ihr eigenes Spiel ab. So läuft es bei den Oscars, so läuft es bei den Grammys und ich wette, Barack Obama hat bei der letzten Wahl für sich selbst gestimmt.“

Dass sich EA so bereitwillig zu dem Fake-Review bekennt, ist angesichts der vorliegenden Fakten – den Google-Nachforschungen einer Privatperson, die ein Pseudonym, das jeder hätte benutzen können, einem BioWare-Mitarbeiter zuordnete – erstaunlich und lässt darauf schließen, dass diese Art der Eigenwerbung für die Industrie keine Ausnahme, sondern gängige Praxis ist, derer sich niemand zu schämen braucht. Der scheinbar völlige Mangel an Unrechtsbewusstsein, den EA in dieser Sache an den Tag legt, sollte Gamern, die Reviews und Kundenrezensionen blind vertrauen, jedenfalls sehr zu denken geben.

Quellen: Reddit.com | Kotaku.com

Bild:
(c) Electronic Arts GmbH / EA.de

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