EU-Sondergipfel: Euroländer beschließen Reformpaket

Auf dem EU-Sondergipfel in Brüssel einigten sich am Wochenende die Staats- und Regierungschefs der 17 Euro-Staaten auf ein Reformpaket, das die andauernde Eurokrise in Europa beenden soll. Im März dieses Jahres werden die Beschlüsse auf den nächsten EU-Gipfel schriftlich festgelegt.

Der Rettungsschirm wird erweitert

Am letzten Samstag verkündete der Präsident des „Europäischen Rat“ und Vorsitzender des zu Ende gegangenen Sondergipfels, Herman van Rompuy , dass die von der Finanzkrise betroffenen EU-Länder auf mehr Hilfsgelder von den Rettungsfonds rechnen können. Die Vertreter der Euro-Staaten beschlossen, dass der Krisenfond EFSF („Europäischen Finanzstabilitätsfazilität„) 440 Milliarden Euro an die verschuldeten Staaten verleihen kann. Bisher lag die Grenze wegen hohen Sicherheitsleistungen bei 250 Milliarden Euro. Des Weiteren wird dem zukünftigen „Europäische Stabilitätsmechanismus“ (ESM), der voraussichtlich 2013 eingerichtet werden soll, 500 Milliarden zur Verfügung stehen und Staatsanleihen direkt von EU- Staaten aufkaufen können. Im Gegensatz zur EFSF ist dem zukünftigen Rettungsfonds der Kauf der Staatsanleihen aus der Hand von Investoren strikt verboten. ESM soll den derzeitigen Rettungsschirm EFSF ersetzen langfristig die EU-Staaten unterstützen, die von einer Finanzkrise betroffen sind.

Die Krisenländer

Durch die Ausweitung der Rettungsfonds profitiert das verschuldete Griechenland, dass seit Frühjahr 2010 Hilfsgelder in Höhe von 110 Milliarden Euro aus dem Rettungsfond EFSF erhält. Da die Hilfskredite von der EU verlängert werden, erhält Griechenland aus dem EFSF für über 7 Jahr lang statt, wie bisher, 3 Jahre. „Griechenland hat die Folgen seiner schweren finanzpolitischen Fehler zu bewältigen. Das ist in nur drei Jahren nicht zu schaffen„, äußerte sich Bundeskanzlerin Merkel, die als Vertreterin für Deutschland nach Brüssel reiste. Zusätzlich sinkt der Zinssatz auf 5%, wodurch das Mitglied der Währungsunion weniger Geld zurückzahlen muss. Dieser gesenkte Zins wird in der Zukunft für spätere Kredite an andere verschuldete EU-Staaten gelten. Im Gegenzug dazu ist der Staat verpflichtet, die Erlöse aus Privatisierungen auf 50 Milliarden Euro zu erhöhen.
Wie Griechenland befindet sich auch Irland derzeit in einer Schuldenkrise und erhält seit knapp einem Jahr Hilfskredite von insgesamt 85 Milliarden Euro. Dagegen konnten sich die Euro-Staaten über ein Zinsnachlass für die Insel nicht einigen, deren Zinssatz derzeit bei 5,9% liegt. Der Wunsch der irischen Regierung könnte sich erfüllen, wenn sie der Forderung von den europäischen Staaten nachginge und die Unternehmensteuer erhöhe, die in Irland im Vergleich zu den anderen Euro-Staaten sehr gering ist. Doch der neue irische Ministerpräsident, Enda Kenny, wird dies nicht in Erwägung ziehen: „Ich habe bei vielen Gelegenheiten klar gemacht, dass eine Erhöhung der Unternehmensteuer für uns nicht in Betracht kommt.“
Portugal als drittes verschuldetes Land versucht anscheinend aus eigener Kraft, die Misere zu überwinden, indem es die Renten bis 2013 auf Eis legen lässt und versucht, die Staatsausgaben jährlich zu senken. Die portugiesische Regierung erklärte, dass ihr Land kein Bedarf mehr an Hilfe habe und es die EU auch nicht weiter um Unterstützung bitte. Ein Grund für die Einstellung ist, dass Portugal die Sparprogramme nicht umsetzen wollen, die die EU- Staaten aufzwingen. Doch Experten sehen das europäische Land als potenziellen Kandidaten für den milliardenschweren Rettungsschirm an.

„Pakt für den Euro“

Neben den Übereinkünfte zur Überwindung der Eurokrise, einigten sich die Vertreter der Euro-Staaten auf einen Pakt zur Stabilisierung der Währungsunion, den sogenannten „Pakt für den Euro„. Mit dieser Abmachung verpflichten sich die EU-Staaten selbst, ihre Haushalts-, Steuer- und Sozialpolitik enger zu vernetzen und auf eine Sparpolitik zu setzen. Darüber hinaus möge jedes Mitglied Geld in die Rettungsfonds einzahlen, damit mehr Geld für Krisenländer vorhanden ist – über die genaueren Bestimmungen diese Abmachung müssen sich die EU-Finanzminister noch verständigen. Laut Experten bedeutet dies für Deutschland, dass das Land bald 200 Milliarden statt 123 Milliarden Euro in die Krisenfonds zahle. Schließlich vereinbarte man noch, dass das Rentenalter an den demographischen Wandel des jeweiligen Landes angepasst solle.
Diese Beschlüsse sollen den Euro-Staaten helfen, auf dem Wirtschaftsmarkt wettbewerbsfähiger zu werden. Jedoch ist der Pakt keine Vereinbarung, die rechtlich gebunden ist; jedes Mitgliedstaat der Währungsunion hat die Entscheidungsfreiheit, ob es sich an den „Pakt für den Euro“ hält oder nicht.
Bundeskanzlerin Merkel, die mit Ministerpräsident Sarkozy die Pläne zum Wettbewerbspakt vorgestellt hat, ist über die Abmachungen sehr zufrieden, auch wenn einige ihrer Vorschläge keinen Zuspruch von den Eurostaaten erhielten: „Wir sind hier heute ein wesentliches Stück vorangekommen.“

Formaler Beschluss erst im März

Der luxemburgische Premier und EU- Finanzminister Jean-Claude Junker lobte die Einigung: „Ich denke, dass die Finanzmärkte sehr wohl zur Kenntnis nehmen, dass wir uns der Problemfülle in voller Breite stellen.“ Nach dem Sondergipfel zeigte sich auch die Bundeskanzlerin zufrieden mit dem Reformpaket. Für das kommende EU-Gipfeltreffen am 24. und 25. März sei nach Merkels Ansicht „der wesentliche Teil der Arbeit [] geleistet.“ Sie erwarte keine größeren Debatten mehr über die Finanzierung der unter der Finanzkrise zu leidenden Euroländer.
Auf dem EU-Gipfel wird das Paket, was auf dem Sondertreffen beschlossen wurde, amtlich besiegelt.

Quellen: tagesschau.de [1] [2] | zeit.de | sueddeutsche.de | handelsblatt.de | reuters.com

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