EA: PC ist nicht tot

Electronic Arts, einer der größten Entwickler und Publisher von Unterhaltungssoftware, glaubt an die Zukunft der in den letzten Jahren oft vernachlässigten Spieleplattform PC. Dies sei primär dem wachsenden digitalen Spielemarkt zu verdanken.

Die Vorgeschichte

Immer häufiger ist dieser Tage zu hören, der PC sei als Plattform für Videospiele zum Tode verurteilt. Das hohe Niveau der Software-Piraterie macht es PC-Entwicklern nicht einfach, ihr Produkt an den Mann oder die Frau zu bringen. Das Duell der Publisher gegen die zahlreichen, in Sachen Schnelligkeit und Raffinesse miteinander im Wettstreit stehenden Cracker-Groups wird schon solange ausgefochten, wie es PC-Spiele gibt, während der ehrliche Kunde durch allzu rigide Kopierschutz- oder DRM-Praktiken zunehmend zwischen den Fronten zermalmt wird.

Viele PC-Spieler fühlen sich ungerecht behandelt, da Schwarzkopierer mit gecrackter Software nicht selten weniger Probleme haben und schneller zu ihrem Spielvergnügen kommen, da sie keine Aktivierung über das Internet, permanenten Onlinezwang oder die Installation zusätzlicher Client-Programme (wie Steam oder Games for Windows Live) über sich ergehen lassen müssen. Wenig Verständnis gibt es darüber hinaus bei Einschnitten in die Privatsphäre der Kunden, wie das Scannen des Computers auf virtuelle Laufwerke und Brennprogramme oder die automatische, meist landesabhängige Zensur beziehungsweise Sperre, wenn man die Software über ein bestimmtes IP-Spektrum aktivieren möchte. Kontinuierlich sinkende Verkaufszahlen sind die Folge, weshalb sich der Fokus von immer mehr Entwicklern auf die deutlich profitableren Konsolen richtet und die PC-Gemeinde entweder lieblose Portierungen erhält oder überhaupt leer ausgeht.

Kaum ein Publisher ist mit dieser Problematik so vertraut wie Electronic Arts (EA). Vor zwei Jahren versuchte der Branchenriese die illegale Nutzung seiner PC-Spiele auf die harte Tour zu unterbinden und stattete sie mit dem umstrittenen SecuROM-Kopierschutz aus. Das Resultat: Laut dem Unternehmen Big Chamapgne, das Peer-to-Peer-Tauschbörsen beobachtet, wurde „Spore“ (einer der ersten Titel, die auf SecuROM samt Onlineaktivierung setzten) im Zeitraum von etwa zehn Tagen über 170.000 Mal heruntergeladen. Andere, ebenfalls mit SecuROM ausgestattete Spiele ereilte das gleiche Schicksal. Seitdem experimentierte EA mit verschiedenen Technologien und Konzepten, die ihnen aber nur Kritik und Spott von Seiten der Gamer einbrachten. Zuletzt machte das Unternehmen mit ihrem unpopulären Online-Pass (besser bekannt als „Project Ten Dollar“) von sich reden, der vor allem als Maßnahme gegen den Gebrauchtmarkt verstanden wird. Ohne gültigen Code wird dem Nutzer, ob ehrlicher Käufer oder Schwarzkopierer, der Zugriff auf den Multiplayer-Modus des jeweiligen Titels verwehrt. Da dieser jedoch nur einmalig verwendbar ist, bleibt er dem Erstkäufer vorbehalten, was den Gebrauchtkauf automatisch abwertet.

Hier beginnt der Teufelskreis: Zahlreiche Käufer möchten ihr Spiel eventuell wieder verkaufen, weshalb sie den Online-Pass nicht einlösen, was wiederum dazu führt, dass die Multiplayer-Modi nach kurzer Zeit mehr oder weniger ausgestorben sind, weswegen der Online-Pass seinen Sinn verliert, da die Leute weder motiviert sind, ihn zu nutzen, noch, ihn um zehn Dollar oder zehn Euro nachzukaufen. Alle Anstrengungen, die EA in der Hoffnung unternahm, das Blatt auf dem PC-Markt zu wenden, waren bisher von eher geringem Erfolg gekrönt.

Digitaler Vertrieb als Rettung

Bei EA ist man allerdings guter Dinge, was die Zukunft des PC als Spieleplattform anbelangt. In einem Interview mit Gamasutra erklärte Frank Gibeau (Präsident von EA Games), wie seine Firma die derzeitige Marktlage einschätzt und welche Strategien sie für die kommenden Monate parat hat.

„Ich fühle mich gut dabei, wo wir mit EA heute stehen“, so Gibeau. „In der Branche findet ein großer Übergang statt und wir sind gut dafür aufgestellt. Wir fühlen, dass wir in der Offensive sind. Wir bewegen uns von einem in Stein gemeißelten Retail-Modell hin zu einem Online-Service-Modell.“

Damit verweist er indirekt auf EAs Engagement abseits des „traditionellen“ Spielemarktes. Das hauseigene Playfish-Studio avancierte zum mittlerweile zweitgrößten Entwickler von Facebook-Spielen. Durchschnittlich 6,6 Millionen Mitgliedern des sozialen Netzwerks nutzen täglich ihre Software. Zudem konnte EA mit „Angry Birds“ und „Tetris“, zwei Dauerbrennern in den Download-Charts für Apples iPhone, kommerzielle Erfolge verbuchen. Ein ähnliches Modell, fernab des konventionellen Handels könnte man auch auf den PC umlegen, meint Gibeau.

„Die Nutzerbasis ist gigantisch. Auf dem PC mag der Retail-Vertrieb ein großes Problem sein, aber Downloads sind großartig. Die Margen sind viel besser und wir sind keinen Regeln hinsichtlich der Zustimmung von First-Partys unterworfen. Aus unserer Sicht ist es eine extrem gesunde Plattform und es ist absolut vorstellbar, dass es unsere größte Plattform werden wird.“

Weiters plant EA, sich im Free-to-Play-Bereich sichtbarer zu positionieren. Angesichts des großen Erfolgs derartiger Spiele in Asien ist Gibeau überzeugt, dass Free-to-Play auch im Westen noch groß einschlagen und der PC im Mittelpunkt dieser Entwicklung stehen wird.

Das Internet als Geschäftsmodell

Natürlich werden die Konsolen trotz des neuen Bekenntnisses zur Unterstützung des PC bei EA nicht zu kurz kommen. Allerdings wird auch an dieser Stelle die Online-Anbindung künftig besonders gewichtet.

„Interessant ist, dass die Darstellung bereits ausgereizt ist. Sobald 1080p erreicht wird, geht es nicht länger darum, die Auflösung zu erhöhen. Natürlich sind mehr CPU-Pferdestärken schön, aber, um ehrlich zu sein haben die Xbox 360 und PS3 immer noch eine Menge Pferdestärken, die nicht ausgereizt wurden. Ich gehe wirklich davon aus, dass die nächste Innovation beim Eingabegerät liegen wird, noch wichtiger ist aber, wie wird die Online-Erfahrung aussehen?“

EAs Fokus auf den Online-Markt kommt nicht von ungefähr. Durch die immer größere Expansion in Richtung Online-Distribution sollen verschreckte Investoren zurück an Bord geholt werden. Diese hatten sich aufgrund der häufigen Kurswechsel in den letzten Jahren von dem Unternehmen abgewandt. Schenkt man den von EA genannten Zahlen Glauben, werden bereits heute rund 40 Prozent des Branchen-Absatzes über den digitalen Vertrieb von Spielen und Downloadable Content (DLC) generiert. Zwar werden Retail-Versionen von den Kunden immer noch bevorzugt, dies könnte sich laut John Riccitiello (CEO von EA, Inc.) jedoch sehr bald ändern. Gegenüber IndustryGamers meinte er, dass Downloads in diesem Jahr möglicherweise erstmals die Gewinne aus dem regulären Handel toppen werden.

Quelle: Gamasutra.com | IndustryGamers.com

Bild:
(c) Electronic Arts GmbH / EA.de

Schlagworte: , , , , , , , ,

Kommentieren