Hamburg/Düsseldorf (ddp). Bundespräsident Horst Köhler will das
umstrittene Gesetz zur Sperrung kinderpornografischer Internetseiten
vorerst nicht unterschreiben. Wie das Nachrichtenmagazin «Der
Spiegel» am Samstag vorab berichtete, hat Köhler von der
Bundesregierung «ergänzende Informationen» zu dem noch von der großen
Koalition auf den Weg gebrachten Vorhaben erbeten. Erst nach deren
Auswertung wolle er entscheiden, ob er unterschreibt oder nicht.
Geplant war, kinderpornografische Seiten zu sperren und mit einem
Stoppschild im Internet zu versehen. Das Gesetz war von der
bisherigen Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU)
angestoßen worden. Kritiker sehen darin den Einstieg in eine
Internet-Zensur. Zahlreiche Experten halten das Gesetz für
verfassungswidrig, darunter auch Rechtspolitiker der neuen Koalition
wie Max Stadler (FDP). Im Koalitionsvertrag hatten Union und FDP
bereits vereinbart, das Internetsperren-Gesetz vorläufig nicht zur
Anwendung zu bringen.
Ein von Bundestag und Bundesrat verabschiedetes Gesetz kann aber
nicht einfach zurückgezogen werden. Gesucht wird nun offenbar ein
juristisch korrekter Ausweg. Das Magazin «Wirtschaftswoche»
berichtete unterdessen am Samstag vorab, Bundesinnenminister Thomas
de Maizière (CDU) und Justizministerin Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hätten sich darauf geeinigt, einen
Vollzug des Gesetzes per Erlass ans Bundeskriminalamt auszusetzen.
Die Vizechefin und innenpolitische Sprecherin der
FDP-Bundestagsfraktion, Gisela Piltz, bezweifelt jedoch, dass dies
ein rechtsstaatlich korrektes Verfahren sei. «Eine Behörde muss
geltende Gesetze einhalten», sagte sie der »Wirtschaftswoche«. Sie
verlangt den Stopp per Gesetz.
Eine Lösung könnte laut »Spiegel“ sein, dass Bundestag und
Bundesrat eine neue Regelung verabschieden, mit der das Gesetz über
die Internetsperren wieder aufgehoben wird. Köhler könnte warten, bis
dieses Änderungsgesetz bei ihm eingeht und es ausfertigen. Das
Internetsperren-Gesetz hätte sich dann erledigt.
(ddp)
Schlagworte: Bundesregierung, Internet, Kinderpornografie